Chris Müller: Musiker mit einem goldenen Händchen

2.9.2009, 00:00 Uhr
Chris Müller: Musiker mit einem goldenen Händchen

© Scott Johnston

Chris Müller ist sein eigener Chef und hat für sich den Traumberuf gefunden, auch wenn er im Schnitt zehn bis zwölf Stunden an sieben Tagen in der Woche arbeitet, seit vielen Jahren keinen Urlaub mehr gemacht hat und sich höchstens mal an Weihnachten Zeit zum Ausspannen nimmt.

Der Eckentaler ist leidenschaftlicher Gitarrist, entdeckte einst als Jugendlicher durch die Gitarrenschule von Ricky King die Liebe zu dem sechssaitigen Instrument. 1982 schloss er sich der Gruppe «The Thunder» an, doch drei Jahre später kam ein tragischer Rückschlag.

Nach einem Konzert in der Neunkirchener Hemmerleinhalle raste bei Baiersdorf ein Betrunkener in die Autos der Musiker, wobei zwei von ihnen getötet wurden. Die Band löste sich auf; es dauerte Jahre, bis die überlebenden Mitglieder den Schock halbwegs überwunden hatten.

Label gegründet

Chris Müller, gelernter Industriekaufmann, arbeitete danach als DJ im «Marco Polo» und im «Tiffany» in Erlangen, im «Black Lady» in Dechsendorf und im «Miriam» in Hemhofen. Als er 1991 eine Instrumentalnummer aufnahm, kam ihm die Idee, selbst ein Label herauszubringen.

Zusammen mit Alex Drissl gründete er ein Jahr darauf in Bamberg «Cri-Lex Music» nach dem Motto: Chris + Alex = «Cri-Lex». 1993 folgte die Fusion mit dem Musikverlag «Traffic». Aufgebaut wurde zudem ein Musikmanagement, das später aber wieder ausgegliedert wurde. «Man muss sich auf das konzentrieren, was man kann, und aus Erfahrungen die Konsequenzen ziehen», skizziert Müller seine Unternehmensphilosophie. «Cri-Lex» bringt vor allem Country, Rock‘n‘Roll, Schlager und neue Produktionen heraus. Hinzugekommen sind inzwischen die Labels «Abema» mit dem Schwerpunkt auf Schlager, «Crisma», spezialisiert auf volkstümliche Musik, und «LuGa» mit einem breiten und recht flexiblen Programmspektrum inklusive Liedermacher, Mallorca-Hits und Comedy.

In Marktnische gestoßen

Ab 1998 wuchs ein weiterer «goldener» Geschäftszweig heran - wiederum zunächst eher unauffällig. So erwarb Müller, der heute nur noch wenig Zeit für die eigene Musik hat, die Namensrechte der aufgelösten Firma Golden Records aus München, die auf das Herstellen goldener Schallplatten spezialisiert war. Dies erwies sich in Europa als Marktnische. Große Schallplatten- und CD-Firmen wie EMI, Universal oder BMG bestellen bei Müller die glitzernden Scheiben für Auszeichnungen.

In Deutschland muss für Gold der Verkauf von 150 000 Exemplaren nachgewiesen und mit dem Siegel des Phonoverbands beglaubigt sein. Für Platin liegt die Schallmauer bei 200 000 Stück. In Österreich geht es schneller: Gold und Platin gibt es schon für jeweils ein Zehntel der Menge.

Verleihungen sind selten

Allerdings drehen die großen Labels, die unter anderem mit Raubkopien und illegalen Musikbörsen zu kämpfen haben, heute jeden Euro zweimal um. Da bei einem Hit gleich der ganze Stab der Produktion mit etwa 20 Personen geehrt wird, verzichten die Unternehmen zunehmend auf eine Verleihung.

Dafür entdecken immer mehr Menschen die goldene Schallplatte als Sammlerstück oder Geschenk. Da erhalten dann Mutter oder Großpapa zum Geburtstag ein «Golden Record» ihres Lieblingslieds: mit eingravierter Widmung, Foto, auf Wunsch hinterlegt mit Samt oder Leder und mit passendem Rahmen. Ein Blick auf die Bestellungen zeigt: Auch mit 70 ist guter alter Rock gefragt, lässt beispielsweise «Another One Bites the Dust» von «Queen» die Augen glänzen und die Herzen höher schlagen.

Ein Superstar muss man nicht sein, um goldene Schallplatten zu erstehen. Man kann sich eigene Songs oder seinen Lieblingshit vergolden lassen. Abzuspielen vermag man die CDs und Platten nach der Goldbeschichtung nicht mehr, doch als Dekoration für die Wohnung, wahlweise Villa, sind sie auch bei den Stars beliebt. Wenn die Musikindustrie geizt, lässt man sich die Chartstürmer eben auf eigene Kosten vergolden!

Besondere Anfrage

Ein Interessent aus den Vereinigten Emiraten fragte sogar wegen einer Schallplatte in massivem Gold an. Preis: zirka 40 000 Euro. Bestellt hat er dann allerdings nicht. Doch nicht nur goldene Schallplatten sind bei Chris Müller als Dekoration oder Geschenk gefragt, sondern beispielsweise auch speziell aufgemachte Einrahmungen oder sogar Preise wie die goldene Stimmgabel oder auch der Oskar. Klar muss sein, dass die Nachahmungen solcher Trophäen nur für den privaten oder bei Firmen den internen Gebrauch bestimmt sind.

Beim deutschen Walk of Fame in Mannheim steuerte der Eckentaler den Stern für Tony Marshall bei. Und wenn einmal bei einem Tatort-Krimi im Fernsehen goldene Schallplatten für eine glamouröse Story benötigt werden, wissen die Produktionteams inzwischen, wo sie anrufen müssen: bei Chris Müller in Oberschöllenbach. Natürlich passt er auf, dass keine Fingerabdrücke den Kommissar auf eine falsche Fährte locken!