Die GBW-Mieter befürchten das Schlimmste

10.4.2013, 10:13 Uhr
Die GBW-Mieter befürchten das Schlimmste

© Bernd Böhner

Von einem „Schock“ spricht Michael Worm, der Vorsitzende der Mietergemeinschaft der GBW in Erlangen, er habe die Nachricht im ersten Moment gar nicht ernst nehmen können. Nach den letzten Gesprächen mit dem Bundestagesabgeordneten Stefan Müller (CSU) und dem CSU-Fraktionsvorsitzenden im Erlanger Stadtrat, Peter Ruthe, habe man annehmen müssen, dass die Entscheidung erst viel später falle – und man sei nach den Gesprächen mit den Politikern auch guten Mutes gewesen, dass es eine „kommunale Lösung“ geben werde. „Umso größer ist jetzt die Enttäuschung darüber, dass unsere Wohnungen an ein gewinnorientiertes Unternehmen verkauft worden sind“, sagt Worm. Alle Sicherheit, die ein kommunales Unternehmen geboten hätte, sei wie weggewischt: „Den höheren Preis, den die Patrizia geboten hat, wird sie sich bei uns wiederholen. Wir werden einen sehr hohen Preis für das Missmanagement der Bayerischen Landesbank zahlen.“ Die Mieter, die sich das nicht leisten könnten, müssten sich dann um Geld vom Erlanger Sozialamt und damit von allen Erlanger bemühen.

Worm hat auch so seine Probleme mit der vielgepriesenen „Sozialcharta“, die Mieter vor ungerechtfertigter Kündigung, maßlosen Mieterhöhungen oder Luxussanierungen schützen soll. Diese Sorgen teilt auch Gunther Geiler vom Mieterbund Nürnberg, der den Verkauf mit Misstrauen beäugt hat. „Der neue Besitzer, die Augsburger Patrizia, hat bei der Übernahme der Wohnungen der baden-württembergischen Landesbank sofort die Miete erhöht“, berichtet er, „die vereinbarte Sozialcharta reicht nicht annähernd aus, um Mieter wirkungsvoll zu schützen.“ Was die Patrizia als Sozialcharta akzeptiere sei lediglich die Gesetzeslage – „wer aber mit Selbstverständlichkeiten wirbt, muss sich den Vorwurf der Unlauterkeit gefallen lassen.“ Der Großteil einer solchen Charta sei wirkungslos, eine Veränderungssperre vor zehn Jahren ungenügend.

Gegensteuern gescheitert

„In den bayerischen Großstädten nimmt die Wohnungsnot deutlich zu. Durch den kommunalen Erwerb der GBW hätte gegengesteuert werden können. Der jetzigen Käuferin wird es dagegen vor allem um eine Gewinnmaximierung gehen. Die Mieterinnen und Mieter müssen somit die Fehler der bayerischen Landesbank und der Staatsregierung ausbaden“, so der wohnungspolitische Sprecher der Grünen Liste, Wolfgang Winkler.

Nicht die hohen Sozialstandards der kommunalen Gesellschaften, sondern das höhere Kaufgebot sei zum Zug gekommen. Zu befürchten seien jetzt Mieterhöhungen, steigende Nebenkosten und unzureichende Erhaltungsmaßnahmen. Langfristig befürchtet Winkler die Umwandlung in Eigentumswohnungen und einen anschließenden gewinnbringenden Weiterverkauf – das zeigten auch andere Beispiele.

Für Susanne Lender-Cassens, die Fraktionsvorsitzende der Grünen Liste im Erlanger Stadtrat, ist der Verkauf an die Patrizia Immobilien AG ein Rückschlag. „Trotzdem sollten die Mieterinnen und Mieter nicht aufgeben und weiter geschlossen für ihre Rechte eintreten.“ Die Grüne Liste werde sie dabei auf jeden Fall nach allen Kräften unterstützen. Wie das konkret geschehen kann, wird sich am 18. April im Gemeindehaus der Matthäus-Gemeinde zeigen: Dann ist bei der GBW-Mietergemeinschaft Wolfgang Winkler zu Gast.

Erlangen schon heute teuer

Die Erlanger Jungsozialisten (Juso) in der SPD erinnern daran, dass Erlangen bei Mieten bereits heute eine der teuersten Universitätsstädte Deutschlands ist – die werde durch den Verkauf von so vielen Wohnungen an einen privaten Investor nicht besser. Nun müsse die Stadt gemeinsam mit den Wohnungsbaugenossenschaften ein Konzept entwickeln, wie in Erlangen ausreichend bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann.