Eltersdorfer Bürger pfeifen Oberbürgermeister aus
29.7.2010, 08:17 UhrAls Prof. Matthias Wuschek, Professor an der Fachhochschule Deggendorf und öffentlich bestellter Sachverständiger zum Thema Elektromagnetische Umweltverträglichkeit, vorgestellt wurde, gab es ein gellendes Pfeifkonzert der rund 600 Besucher. Wuschek ist bei Mobilfunkgegnern umstritten, weil er auch für die Staatsregierung und Mobilfunkbetreiber tätig werde.
Obwohl viele Eltersdorfer im Vorfeld sicher waren, dass die gesetzlichen Grenzwerte bei der Strahlung des Mobilfunkmastes nicht eingehalten werden, legte Wuschek andere Zahlen vor. An fünf Stellen in Eltersdorf hatte der Experte die Strahlen gemessen, das höchste Ergebnis war knapp über 18 Prozent des vorgegebenen Grenzwertes. „Die gesetzlichen Vorgaben werden eingehalten“, sagte Prof. Wuschek — und löste damit einen regelrechten Sturm des Protestes aus.
„Der Mast muss raus“
So erklärte Willi Merz, „dass man ohnehin ständig belogen wird“. Dass es ein 2,18-faches Krebsrisiko bei Langzeittelefonierern gebe und die Menschen wegen der „Dauerbestrahlung“ nicht belogen werden wollen. „Wir fahren mit Vollgas gegen die Wand“.
Moderator Rudolf Kötter vom Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation versuchte, die sehr emotionale Veranstaltung in ruhigere Bahnen zu führen, scheiterte aber. So entwickelte sich etwa eine Diskussion zwischen Thomas Eichenmüller von der Bürgerinitiative und OB Siegfried Balleis, ob die Stadt die Pflicht habe, bei der Regierung regelmäßig nachzufragen, ob bestimmte Gesetze oder Vorschriften immer noch gelten. Eichenmüller hatte die Stadt in die Pflicht genommen, „gegen den Mast vorzugehen“.
Jan von Lackum, Leiter des Bauaufsichtsamtes, hatte der Versammlung erklärt, dass gemäß den Vorschriften der Funkmast in der Webichgasse nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Auch sei in der Rechtssprechung festgelegt, dass sich Mobilfunkmasten in das Ortsbild einfügen. Zum Standort in der Webichgasse sagte Lackum, das „dies der erste Mast wäre, der sich nicht einfügt“. Nach diesem Satz war minutenlang zu hören: „Der Mast muss raus, der Mast muss raus!“
Eine Frau kündigte an, „die Stadt zu verklagen, wenn meine Kinder krank werden“. Ein anderer Mann wollte von den Experten und von OB Balleis und Rechtsreferentin Marlene Wüstner wissen, ob sie sich einen Mobilfunkmast aufs Haus stellen würden. Moderator Rudolf Kötter: „Ja“.
Siegfried Balleis erklärte als Antwort auf diese Frage, dass „es nicht um Glaubenbekenntnisse geht. Wir sind hergekommen, um auf die Sorgen und Ängste der Bürger von Eltersdorf einzugehen“. Doch die Bürger wollen das nicht so richtig glauben.
Wieder war es Thomas Eichenmüller, der mit dem OB darüber stritt, wie ernst Balleis dieses Thema sei. Denn im CSU-Blatt für Eltersdorf habe gestanden, dass mehr Sendeanlagen gebraucht werden würden. Balleis erklärte: „Solche Antennen werden nur gebaut, wenn wir sie auch nutzen“. Es gebe inzwischen in Deutschland mehr Handys als Einwohner.
Als dann Thomas Neubauer vom Amt für Umweltschutz und Energiefragen sagte, dass „O2 einen zweiten Standort ins Auge gefasst hatte“, gab es Pfiffe gegen den städtischen Mitarbeiter. Dies nahm Siegfried Balleis zum Anlass, gegen „das Tribunal gegen Herrn Neubauer“ zu schimpfen: „Wir lassen uns nicht wie der letzte Polanti behandeln. Wir kommen nach Eltersdorf und kämpfen doch für Sie“. Erneut Pfiffe.
Gegen Ende der Veranstaltung legte eine Bürgerin dem OB ein Erklärung vor, die Balleis unterschreiben sollte. Inhalt: Es gibt keinerlei gesundheitliche Gefährdung durch den Mobilfunkmast.
Balleis lehnte ab und Rudolf Kötter beendete die Versammlung nach dreieinhalb Stunden. Das letzte Wort hatten die Bürger: „Der Mast muss raus!“