Erlangen: Analog im digitalen Zeitalter
11.9.2017, 11:00 Uhr"Spiele, damit du ernst sein kannst. Denn das Spiel ist ein Ausruhen, und die Menschen bedürfen, da sie nicht immer tätig sein können, des Ausruhens", sagte einst der Philosoph Aristoteles. Heute, rund 2300 Jahre später, ist es genau diese Annahme, die den Gesellschaftsspielen zu ihrem zweiten Frühling verhilft.
Na gut, möglicherweise hat der Spruch diverse Schwächen. Häufig liegen Theorie und Praxis doch weit auseinander. Manch ehrgeiziger Spieler integriert das Ziel bereits in den Weg dorthin, ist mit vollem Ernst bei der Sache, wenn die Würfel rollen. Verlieren verboten, koste es, was es wolle. Böse Zungen behaupten sogar, Spiele lassen Freundschaften in die Brüche gehen und stellen Verwandtschaftsverhältnisse auf die Probe. Was das noch mit Entspannung zu tun haben soll, würde man den alten Griechen dann doch gerne einmal fragen.
Wie schafft man also Abhilfe? Die Spieleindustrie antwortet mit neuen Konzepten: "Beliebt sind derzeit kooperative Spiele. Man spielt nicht gegeneinander, sondern versucht, gemeinsam ein Ziel zu erreichen", erklärt Michael Döbrönti, Delegierter der Spielegruppe des E-Werks, welche am vergangenen Samstag das Event "Stadt Land Spielt!" mitorganisiert hatte.
Die Veranstaltung ist ein Projekt, das verschiedene Hersteller seit 2013 jährlich zu den Tagen des Gesellschaftsspiels Mitte September austragen. Das Kulturgut "Spiel" soll gefördert werden, denn lange blieb es ruhig um den Klassiker des gemeinschaftlichen Zeitvertreibs: ",Mensch ärgere dich nicht‘ und ,Monopoly‘ kamen um 1910 beziehungsweise 1930 auf den Markt. Bis in die 1990er erschien dann wenig. Seitdem boomt die Brettspielbranche wieder", umreißt Döbrönti die jüngere Geschichte.
Doch wie verträgt sich das analoge Vergnügen mit der heutigen digitalisierten Lebensweise?
Grenzt es nicht an überzogenes Wunschdenken, wenn man das Handy mit Würfeln und Karten zu verdrängen versucht? Nein, denn darum geht es auch nicht. Für Torsten Becker, Mitarbeiter eines Spieleverlages, macht es die Mischung: "Wir haben Spiele, die sich mit Smartphone-Apps kombinieren lassen." So haben auch die etwas davon, die nur schwer vom Handy ablassen können. Das ist laut Becker auch das Ziel des Verlages, für den er arbeitet: "Wir wollen die Menschen wieder an einen Tisch bekommen."
Dass das klappen kann, sieht man in den Räumen des E-Werks. Etwa 50 Personen haben sich eingefunden, gemeinsam schieben sie Figuren über die Tische und auch familiäre Grenzen. Hier werden Fremde zu Freunden, findet Besucher Martin Stein: "Brettspiele sind etwas Wunderschönes, man lernt dadurch andere Menschen kennen." Also Rückbesinnung auf ein vermeintlich abhanden gekommenes Gemeinschaftsgefühl — und das völlig analog.
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