Erlangen: Bis jetzt fiel die Bergkirchweih 17 Mal aus
18.5.2021, 12:03 UhrAm Donnerstag, 20. Mai 2021, wäre Anstich gewesen, doch coronabedingt findet das große Fest erneut nicht statt. Zum ersten Mal nachweisbar fiel die Bergkirchweih während der europaweiten Hungersnot aus, als 1770 bis 1772 in Erlangen über 1543 Menschen, etwa 18,5 Prozent der Bevölkerung, starben. 1771 waren "Freude und Lustbarkeiten (. . .) gänzlich verschwunden; wie denn sogar die jährlichen Vogelschießen, um dieser außerordentlichen Noth willen nicht gehalten wurden. Die Theurung dauerte noch bis gegen die Schnitternte des folgenden Jahres 1772; alsdann wurde es wieder allmählich wohlfeiler (. . .)."
Verschiebung wegen eines Unwetters
Zu einer Verschiebung kam es 1778, denn den "(. . .) 8ten Junius, welches damals der zweyte Pfingsttag war, zog des Nachts zwischen acht und neun Uhr aus Südwesten ein erschreckliches Wetter in vier Abtheilungen auf, welches seine Richtung gegen die hiesige Stadt mit so heftigen und unausgesetzten Blitzen nahm, daß die Luft, so weit man sehen konnte, nur eine Flamme schien. Da man ängstlich auf einen zertheilenden Regen hoffte, kamen Schloßen mit dem fürchterlichen Toben und richteten an Dächern, Fenstern, Zäunen, Wänden, Bäumen, Garten und Feldfrüchten einen unbeschreiblichen Schaden an. […]Bey einer so scharfen Züchtigung hielt für anständig, auf einige Zeit alle Lustbarkeiten einzustellen. Das altstädter Vogelschießen, welches den Tag darauf seyn sollte, wurde bis Johannis verschoben, auch vor der Hand alle Musik in den Wirthshäusern verboten".
Alle Lustbarkeiten eingestellt
1886 wurden auf die Nachricht vom Tode König Ludwigs II. am Pfingstmontag "alle Lustbarkeiten der eben begonnenen, bei Regen und kühlem Wetter überhaupt sehr ungünstig verlaufenen Bergkirchweih (. . .) sofort eingestellt".
Wegen des Ersten Weltkriegs fiel die Bergkirchweih 1915 nach einem Beschluss des Stadtmagistrats vom 15. April aus. Das bedeutete jedoch nicht, dass das Leben auf dem Berg völlig erstarb. Am 18. und 20. Mai 1915, in der Woche vor Pfingsten, baten zwei Wirte, ihre Keller während des Sommers öffnen zu dürfen. Am Pfingstmontag wurden vier Wirte angezeigt, am 1. Feiertag auf den Burgbergkellern ohne die ortspolizeiliche Bewilligung Bier ausgeschenkt zu haben.
Erste Bemühungen, die seither unterbrochene Bergkirchweih wieder fortzusetzen, finden sich im Jahre 1919. Weil die Fürther Kirchweih und andere Volksfeste wieder stattfinden würden, wandte sich der Süddeutsche Vereins reisender Schausteller und Handelsleute am 13. Februar 1919 an den Magistrat mit der Bitte um Abhaltung der Bergkirchweih. Wegen der "schwierigen Lebensverhältnisse", d.h. hier der Ernährungslage, aber auch, weil "bei der augenblicklichen politischen Lage eine Gefährdung der Sicherheitsverhältnisse der Stadt" nicht auszuschließen sei, wurde dies abgelehnt. 1920 scheiterte ein erneuter Antrag unter anderem wegen Lebensmittel- und Warenknappheit und weil ihn der Fremdenverkehrsverein und die hiesigen Brauereien ("bevorstehende Biernot") ablehnten.
Sperrung wegen der Maul- und Klauenseuche
Am 5. September 1920 wandte sich die Ortsgruppe des Bayerischen Landesverbandes reisender Gewerbetreibender mit einem "Dringlichkeits-Antrag" an die Stadt: "In Anbetracht der Not der hiesigen Schausteller u. Gewerbetreibenden durch die lange Zeit der Sperrung verschiedener Bezirke betreff der Maul- und Klauenseuche sehen wir uns veranlaßt an den Stadtrat mit der Bitte heranzutreten um Genehmigung eines Bergfest von 19. Sept. 1920 bis 28. Sept. 1920 zu befürworten in dem doch im ganzen Deutschen Reich wie vor dem Kriege wieder sämtliche Kirchweihen u. Feste genehmigt worden sind, nur in der Stadt Erlangen wurde bis jetzt alles abgeschlagen (. . .)". Das "Bergfest" fand wie beantragt statt, leider bei ungünstiger Witterung.
Schwierige Rohstoffversorgung
Anfang 1940 inserierte die Stadt Erlangen wie gewöhnlich in den Fachblättern der Schausteller: "Der Pfingstmarkt (Bergkirchweih) 1940 wird voraussichtlich vom 11. mit 20. Mai 1940 stattfinden. ". Als der Oberbürgermeister am 13. Januar mit Bezug auf eine Entschließung des Reichswirtschaftsministeriums, wonach "die bestehenden Kriegsverhältnisse grundsätzlich kein Anlass , die Abhaltung von Messen, Jahr- und Krammärkten zu verbieten . . .", mitteilte, die Bergkirchweih solle nach Möglichkeit stattfinden, ersuchten die Erlanger Brauereien mit Hinweis auf "die geringe Gerstenzuteilung wie überhaupt die schwierige Rohstoffversorgung" sowie "auf die Verdunkelungsvorschriften", die das Abendgeschäft insbesondere der Schausteller beeinträchtigen würden, "dass man so lange der Krieg dauert, von einer Abhaltung der Bergkirchweih Abstand nehmen möge".
Als kleiner Ersatz für die Verdienstausfälle der Schausteller fand bis 1944 auf der Fuchsenwiese in kleinem Rahmen "ein sogenanntes Frühlingsfest" statt, bevor dann der auf dem Platz angelegte Löschwasserteich dies unmöglich machte.
Zur Info: Andreas Jakob, der Autor dieses Artikels, ist Leiter des Stadtarchivs Erlangen. Neben zahlreichen Veröffentlichungen ist er auch Herausgeber und Mitherausgeber verschiedener Bücher, unter anderem des Erlanger Stadtlexikons. Dieser Artikel erschien erstmals im Mai 2020.
2 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen