Erlangen: Christliche Publizistik feiert 50. Geburtstag
12.7.2016, 06:00 UhrExpertenwissen aus Erlangen ist gefragt. Wissenschaftler aus allen Disziplinen der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) werden immer wieder zu gesellschafts-, sozial- oder wirtschaftspolitischen Erscheinungen gefragt. Besonders häufig aber kommen seit einigen Jahren Mitarbeiter des Studiengangs Christliche Publizistik zu Wort.
Eine Entwicklung, die die zuständige Professorin Johanna Haberer nicht sonderlich überrascht: „Eines war mir schon klar, als ich die Stelle angefangen habe“, sagt sie und erklärt: „Der interreligiöse Diskurs wird für den Zusammenhalt wesentlich werden.“
Dass ihr Dienstantritt als Professorin für Christliche Publizistik am Fachbereich Theologie ausgerechnet in das Jahr der verheerenden Terroranschläge vom 11. September 2001 fiel, war Zufall. Die Wirkung, die die islamistischen Attacken (indirekt) auch auf die kleine Fachabteilung der FAU hatten, war indes groß und nur allzu verständlich.
Plötzlich rückten interreligiöse und -kulturelle Fragen ins Zentrum der öffentlichen Debatte. Genau jene Bereiche also, mit denen sich der Studiengang fast schon seit seiner Gründung vor 50 Jahren befasst.
Dazu kommt: Gerade in Zeiten von multimedialen Vernetzungen und Kriegsübertragungen in Echtzeit werden journalistische Darstellungsformen und eine kritische Auseinandersetzung mit der Berichterstattung ebenfalls immer wichtiger. Daher zeige sich nun ganz deutlich, wie weitsichtig der Ansatz der Abteilungsgründer war, Journalistik, Kommunikationswissenschaft und Theologie miteinander zu verbinden. Haberer selbst, die sowohl in der Theologie als auch im Journalismus zu Hause ist, liegt diese Verknüpfung besonders am Herzen.
Anders als in den 1980er und 1990er Jahren, in denen viele auch in Deutschland Religion nur als „Spaßbremse“ betrachteten, offenbare sich nun umso mehr ihre tatsächliche Relevanz. „Wie ein Staat seine Religionspolitik handhabt, wird zur Überlebensfrage der Demokratie“, sagt die 59-Jährige und verweist dabei auf die Schwierigkeiten, die das laizistische Frankreich mit seinen muslimischen Migranten habe. Die Aufarbeitung solch (brisanter) Themen findet dann beispielsweise in Vorlesungen und Seminararbeiten statt: etwa zur Darstellung der Beschneidungsdebatte, des Arabischen Frühlings (wie haben Zeitungen und Rundfunkanstalten die Ereignisse vermittelt?) oder zur Berichterstattung über die Christenvertreibung im Irak. Die momentanen weltweiten Konflikte drehen sich somit fast ausschließlich um den Umgang mit Religionen und dessen medialem Niederschlag in der heutigen Info-Gesellschaft.
Natürlich, erzählt Haberer, gebe es noch den angehenden Pfarrer, der in der Christlichen Publizistik seine Rede- und Schreibkunst verfeinern möchte. Viele der rund 60 Magister-Studenten, die aus den verschiedensten Fachrichtungen kommen, streben aber inzwischen in den Journalismus. „Bei uns können sie das praktische Handwerk etwa durch Interviewtraining erlernen, erhalten aber zusätzlich einen Blick für theologische Zusammenhänge.“
Einer, der den schwierigen Spagat zwischen Journalismus und Religiosität par excellence hinbekommt, ist für Johanna Haberer der Redakteur der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl. Als Zeichen der Anerkennung erhält er die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Theologie der FAU.
Darauf freut sich die Abteilungsleiterin besonders: „Er hat mit seinen Leitartikeln an Feiertagen eine ganz eigene Form der Zeitungspredigt geschaffen“.
Interessierte sind zu der Jubiläumstagung der Abteilung Christliche Publizistik am Dienstag, 12.7., mit etlichen Fachvorträgen sowie der Verleihung der Ehrendoktorwürde herzlich eingeladen. Die Veranstaltung findet zwischen 9 und 17.45 Uhr im Wassersaal der Erlanger Orangerie (Schlossplatz 1) statt. Die Auszeichnung erhält Heribert Prantl ab 18.30 Uhr im Redoutensaal (Theaterplatz 1).
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