Konzert zur Einweihung
Erlangen: Festliche Orgelklänge in Sankt Matthäus
23.7.2021, 12:26 Uhr"Weitblickende Wahnsinnige" nannte Dekan Peter Huschke in seiner Festrede augenzwinkernd jene Menschen, die vor einem guten Jahrzehnt die Idee hatten, die angejahrte Walcker-Orgel in Sankt Matthäus gegen einen zeitgemäßen Neubau zu ersetzen. Am Wochenende ließ sich nachlauschen, dass der Wahnsinn Methode und einen Plan hatte.
Schaulaufen der Musiker
Einen ganzen Sonntag lang durfte sich Matthäus-Kantorin Susanne Hartwich-Düfel die Finger wundspielen, im Festgottesdienst und in mehreren Konzerten zeigen, wie vielseitig und klangstark die neue Orgel ist. Zum krönenden Abschluss gab es am Spätnachmittag ein musikalisches Schaulaufen all jener Musikerinnen und Musiker, die dem Orgelbauprojekt über die Jahre tatkräftig zur Seite standen und zum Beispiel Benefizkonzerte gaben, um ausreichend Geld für das Millionenprojekt zu sammeln.
Gelungenes Vorhaben
Das ambitionierte Vorhaben, es ist gelungen. Man muss kein Prophet sein, um dieser Orgel eine glänzende Zukunft vorherzusagen. In der Kirchenmusik-Szene spricht es sich erfahrungsgemäß schnell herum, wenn ein gelungenes neues Instrument, eine strahlende neue "Königin" auf den Plan tritt. In der Folge schauen auch die "großen Namen" vorbei, um die Talente der Orgel auszuloten. Das war vor vielen Jahren so, als die Kirche Sankt Nikolaus und Sankt Ulrich in Nürnberg-Mögeldorf eine historisierende Orgel der Bautzener Firma Eule bekam und wiederholte sich in weit größerem Maßstab bei der ebenfalls als historischer Nachbau angelegten Wiegleb-Orgel in Sankt Gumbertus zu Ansbach - auch sie ein millionenteurer Neubau.
Keine Barock-Kopie
Auch wenn die neue Klais-Orgel in der Matthäuskirche über eine vollmechanische Traktur verfügt, ist sie keine Barock-Kopie. Und das ist auch gut so, denn die Palette der Möglichkeiten ist mit der jetzigen Konzeption deutlich größer. Ja, damit kann Barock gespielt werden, was Susanne Hartwich-Düfel beim Festkonzert auch deutlich zeigte. Die Register-Zusammenstellung und damit das Klangfarben-Potenzial der neuen Orgel ist aber erheblich weiter gespannt. Damit lässt sich auch das umfangreiche Romantik-Repertoire bewältigen. Und sogar für die Neue Musik des 20. und 21. Jahrhunderts dürfte die Klais-Orgel einen trefflichen Zugang schaffen können. Unter den Gästen war auch der Erlanger Komponist Werner Heider, dem die Lust anzumerken war, etwas für dieses Instrument zu schreiben.
Supersichere Spitzentöne
Das Programm zur Einweihung geriet freilich ein wenig konventioneller, beispielsweise mit "Jauchzet Gott in allen Landen" aus Johann Sebastian Bachs gleichnamiger Kantate (BWV 51). Die Sopranistin Cornelia Götz ließ sich vom Regenbogen der Orgel-Valeurs begeistern und ließ eine gefühlt endlose Kette supersicherer Spitzentöne in den Kirchenraum strömen. Die Orgel "kann" auch leise, was in Johann Joachim Quantz' intimer c-Moll-Triosonate deutlich wurde: Die Mischung mit Flöten und Generalbassbegleitung gelingt nahtlos, die Orgel integriert sich in den Instrumentenklang mit größter Selbstverständlichkeit.
Schwereloses "Alleluja"
Und wie schwerelos kann Katrin Küsswetter Mozarts "Alleluja" aus dem "Exsultate, jubilate" durch das Kirchenschiff schweben lassen. Susanne Hartwich-Düfel versteht sich als zurückhaltende Sekundantin, rollt vielfarbige Klangteppiche aus, ersetzt im Alleingang ein ganzes Orchester. Bei Bachs "Quia fecit mihi magna" mit dem bewährt profunden Bass Markus Simon zeigt Hartwich-Düfel mit Fingerspitzengefühl die Kammermusik-Seite der Orgel.
Am Ende steht Händels F-Dur-Konzert "Der Kuckuck und die Nachtigall" für Orgel und Orchester: eine hochvirtuos humorvolle Apotheose dessen, was eine Orgel wie der Klais-Neubau kann. Da freut man sich auf das, was da noch kommt.
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