Erlangen: "Herz zu Herz" hilft Ärmsten auf den Philippinen

20.12.2015, 06:00 Uhr
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© Dr. Carl

Über zwölf Millionen Filipinos waren betroffen. Abertausende sind es immer noch. Allein in der Provinz Leyte zählten die Behörden damals rund 10.000 Tote. In den beiden Provinzen Leyte und Samar machte „Haiyan“ etwa 4,3 Millionen Menschen obdachlos. Chaos und unsägliches Leid prägen nach wie vor den Alltag vieler Menschen. Genau dort kämpft Bärbel Rahideh gegen die unbeschreibliche Not — mit ihren Mitteln und den Spendengeldern vieler EN-Leser.

Das Flüchtlings-Problem, der IS-Terror, Kriege, Angst und Bedrohung überall – längst bestimmen andere Themen die Medien und bewegen die Menschen. Kein Wort mehr über das unbeschreibliche Chaos, das jener Killertaifun vor zwei Jahren angerichtet hat. Aber: „Es ist inzwischen ein bisschen besser geworden“, sagt Bärbel Rahideh. Dennoch sind alltäglich Tausende auf der Suche nach sauberem Wasser und etwas Essbarem.

Die „Glücklichen“ unter ihnen ergatterten sich ein kleines Zelt von einer Hilfsorganisation, das sie zwischen den Trümmerhaufen errichteten. Immerhin ein Dach über dem Kopf. Ansonsten müssen die Menschen nach wie vor zusehen, wo sie bleiben. Ein „soziales Netz“ gibt es nicht. Hat es noch nie gegeben.

Bärbel Rahideh war bis vor kurzem wieder monatelang am Ort der Zerstörung. Anzupacken und zu helfen ist ihr eine Herzensangelegenheit. Dabei steht der Bau neuer Häuser nach wie vor an oberster Stelle.

Die Erlangerin begegnet schweren Schicksalen. Und so unterschiedlich sie sind, so träumen sie doch allesamt von einem menschenwürdigen Zuhause, in dem sie leben können.

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Puti ist eines dieser Schicksale. Er hauste mit seinen sieben Kindern in einem Raum von zehn Quadratmetern. Rahidehs Herz-Verein hat der Familie schon mehrmals das bloße Überleben gesichert. Nun ergab sich die Möglichkeit, das „Haus“ zu kaufen, in dem die Familie lebte. Doch die philippinische Regierung hat Anderes im Sinn. 300 Häuser sollen wegen eines beschlossenen Straßenbauprojektes platt gemacht werden. Darunter Putis Bleibe. Der Schock war so groß wie das Glück, das sich bald darauf zeigte. Denn der Verein kam unverhofft an ein kleines Teilgrundstück heran, auf dem schließlich eine Doppelhaushälfte gebaut werden konnte. „Dieses 52. Hausprojekt konnte nach nur einem halben Jahr, dank der überraschenden Hilfe aus Deutschland, zu 90 Prozent fertig gestellt werden“, freut sich Bärbel Rahideh. Jetzt fehlen nur noch die Elektrik, fließend Wasser und der Außenanstrich.

Das Wort „Doppelhaushälfte“ ruft womöglich gänzlich falsche Vorstellungen hervor. Denn dieses Haus, in dem die vielköpfige Puti-Familie seit Oktober lebt, umfasst insgesamt nur 30 Quadratmeter – verteilt über zwei Etagen und auf winzige Räumchen. Allein für Puti ist es eine Form von unbeschreiblichem Glück.

Der Verein „Von Herz zu Herz e.V.“ schaut auf ein „spannungsvolles und höchst ereignisreiches Jahr 2015 zurück, so Rahideh. Zum einen wurden zwei weitere Häuser fertig gestellt und das 53. bereits ins Visier genommen. Zwischen 6000 und 10.000 Euro benötigt der Verein für solch ein Haus.

Zudem kam im Oktober die 71. neue Patenschaft zustande – nämlich für die zehnjährige Maria Chaliza. Das Mädchen lebt mit ihren drei Geschwistern und ihrer Mutter unter erbärmlichsten Umständen in einem entlegenen Dorf in einer Bambushütte. Eine Hängematte ist ihr ganzer Besitz. Das Mädchen muss jeden Tag eine Stunde lang zur Schule laufen, hart bergauf, bei gnadenloser Hitze, Regen oder Sturm. Meist mit leerem Magen, da der Minilohn der Mutter nicht einmal für den täglichen Reis reicht. Maria Charliza erntete schon reichlich Auszeichnungen in Mathematik und Englisch. Die Zehnjährige gilt als hochtalentiert und träumt davon, einmal Lehrerin zu werden.

Eine Patenschaft beim Herz-Verein ermöglicht den Schulbesuch eines Kindes. Sie kostet 30 Euro im Monat und läuft mindestens über ein Schuljahr.

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Er wollte immer etwas lernen. Aber von einem regelmäßigen Schulunterricht konnte der 17-jährige Marlon jahrelang nur träumen. Seit seinem zwölften Lebensjahr ernährt der Junge seine Familie. Nimmt jedwede Arbeit an, da sein Vater den Job verloren hat. Auch beim Hausbauer-Team des Herz-Vereins half Marlon kräftig mit. Einer der Bauhelfer fand unlängst Marlons Bruder Juan in einem menschenunwürdigen Bretterverschlag vor. Juan kauerte dort schon eine Woche lang mit höllischen Schmerzen. Der Junge hatte Magengeschwüre vor Hunger. Und die Eltern kein Geld, um ihn zum Arzt zu bringen. Der Herz-Verein handelte. „Mit teuren Medikamenten und regelmäßigen Essen wurde er und seine Familie versorgt“, so Rahideh. Juan und seine kleine Schwester Eping sind stark unterernährt. Arme und Beine sind nur noch Haut und Knochen.

Ein Lichtblick im unbeschreiblichen Elend: Für Juan und Marlon fanden sich überraschenderweise Paten. Die Jungs sind das 69. und 70. Patenkind des Herz-Vereins. Seit Juli können die Beiden wieder die Schule besuchen. Und der „Herz zu Herz“-Verein macht sich daran, ein Haus für Marlons Familie zu verwirklichen – es wäre das 53. Hausprojekt.

Schicksale dieser Art sind viele. Zu viele. Nur Wenigen kann die Erlangerin mit ihrem Verein helfen. Das möchte sie auch weiterhin tun und den Menschen in ihrem unsäglichen Elend zu einem „normalen Leben“ verhelfen. Für die Menschen dort das größte Geschenk.

Informationen bei Bärbel Rahideh, Telefon (09 11) 5 18 75 25, Mail: brahideh@web.de. Spendenkonto bei der Sparkasse Erlangen, Von Herz zu Herz e.V., Konto: DE 58 7635 0000 0020 0030 70.

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