Erlangen: Leckeres Festmenü aus Lebensmittelresten
17.12.2017, 15:00 UhrFür die engagierten Lebensmittelretter hat Weihnachten schon Anfang Dezember begonnen: Wie üblich, trifft sich der kleine Kreis auch in der Vorweihnachtszeit am ersten Dienstag im Monat im Erlanger VHS-Lesecafé, um beim "Foodsharing-Dinner" aus Resten ein veganes Essen zu zaubern — an diesem Abend ein Festtagsmenü.
Dass sich aus Essen, das Unternehmen und Privatleute nicht mehr verwenden wollen oder können, anspruchsvolle Gerichte machen lassen, beweisen die Foodsaver und -sharer, also Lebensmittelretter und -verteiler, schon seit langem. Auch die Kreationen, die am Ende der Vorbereitungen bei der Weihnachtsvariante herauskommen, sind schmackhaft — und lassen sich leicht an den Feiertagen nachkochen (Fotos: Chaffin).
Die Lebensmittelretter wenden sich mit ihren Aktionen gegen Verschwendung und übertriebenes Konsumverhalten: "Gerade an Weihnachten sieht man verstärkt, wie viele Sachen entweder sinnlos oder einfach zu zahlreich gekauft werden und dann im Mülleimer landen", sagt Miriam Schumann. Die Ingenieurin aus Erlangen ist Foodsaver und Foodsharer, sie ist also sowohl für die Lebensmittelrettung als auch für das Lebensmittelverteilen zuständig.
Als "Retterin" holt sie bei verschiedenen Geschäften sowie Obst- und Gemüsehändlern Lebensmittel ab, die diese aus verschiedenen Gründen nicht mehr verkaufen und/oder verwenden wollen: Sei es, dass diese das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben oder für die Käufer äußerlich nicht (mehr) schön genug sind.
Miriam Schumann liefert die Sachen dann im eigenen Umfeld oder in einer Station ab, an der sich wiederum Foodsharer, die über das Internet genau sehen, wann es was wo gibt, etwas holen bzw. dorthin bringen können. Diese als "Fairteiler" bezeichneten Aufbewahrungsorte finden sich etwa in der Volkshochschule und im Kulturpunkt Bruck.
Seit dreieinhalb Jahren ist die 37-Jährige bei der Gruppe aktiv, auch am Dinner nimmt sie regelmäßig teil. Einen sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln hat die 37-Jährige zu Hause gelernt: Ihre Eltern stammen aus der Landwirtschaft und haben ihr beigebracht, Essen nicht wegzuwerfen. Aus diesem Grund macht sie bei den Lebensmittelrettern mit: "Auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist", sagt sie, "ich finde es gut, wenn wir ein klein bisschen retten."
Das will auch Corinna Böhm. Die Doktorandin der Werkstoffwissenschaften nimmt zum zweiten Mal am Dinner teil, die Foodsharer-Kochabende in der Altstadtmarktpassage stehen allen offen.
Beim ersten Mal gab es Gnocci, erzählt die 31-Jährige, das habe gut geschmeckt — und die Idee einer nachhaltigen und ressourcensparenden Lebensführung findet sie gut. Daher ist sie nun wieder gekommen, und freut sich, dass dieses Mal aus den Resten ein Weihnachtsessen gemacht wird. Sie selbst hat, natürlich, für den Abend auch einige Sachen von zu Hause mitgebracht, so dass sich der Tisch ab 18.30 Uhr immer mehr füllt.
Rettich, Lauchzwiebeln, Kartoffeln, Pastinaken, Rosenkohl, Clementinen, Orangen, mehrere Packungen Seitan: Der Anblick der möglichen Zutaten lässt kaum darauf schließen, dass es sich hier um Lebensmittel handelt, die vor dem Müll gerettet wurden.
Die meisten der Foodsaver und Foodsharer haben auch ihre eigenen Küchenutensilien mitgebracht, wie Messer, Schneidbretter und auch Aufbewahrungsdosen, schließlich sollen ja auch die Reste der Reste nicht einfach im Abfall landen.
Nun aber geht es erst einmal ans Schnipseln: Jeder übernimmt eine Aufgabe, auch Corinna Böhm ist emsig am Gemüseschneiden. "Ich finde die Idee megagut", sagt die Vegetarierin, "man rettet Lebensmittel, hat eine schöne Gemeinschaft und eine tolle Atmosphäre"."
Besonders beeindruckt sie, wie gut das Prinzip funktioniert: "Egal, welche Lebensmittel wir zur Verfügung haben und wie viele Leute am Dinner teilnehmen, es kommen immer mehrere Gänge zustande, die für alle reichen und auch noch super lecker schmecken."
So lecker, dass sich Corinna Böhm vorstellen kann, Linsensuppe, Backofengemüse, Seitan-Braten oder den Apfel-Brot-Auflauf (siehe Rezepte unten) daheim bei ihrer Familie an Heiligabend zu wiederholen: "Das ist gut möglich", sagt sie, "schließlich ist meine Schwester Veganerin."
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