Erlangen: Segen in Kreide

6.1.2017, 06:30 Uhr
Erlangen: Segen in Kreide

© Foto: Edgar Pfrogner

„Welche Art von Welt wollen wir denen überlassen, die nach uns kommen, den Kindern die gerade aufwachsen?“ Die Worte von Papst Franziskus beschreiben die Essenz der diesjährigen Sternsinger-Aktion. „Gemeinsam für Gottes Schöpfung — in Kenia und weltweit“ lautet der Titel einer der Hilfsprojekte die dieses Jahr durch die gesammelten Sternsinger-Spenden unterstützt werden sollen.

Der Fokus liegt dieses Jahr auf sozialer und ökologischer Gerechtigkeit, den Folgen des Klimawandels und wie der Einzelne durch Spenden und bewussteres Konsumverhalten dem entgegenwirken kann.

Zu diesem Spendenzweck also, oder zu einem von der Gemeinde selbst organisierten Hilfsprojekt, marschieren die kleinen Sternsinger heute bei Minustemperaturen durch den Schnee und sammeln gute Gaben. „Die Kinder sind immer mit einem Betreuer unterwegs, mittags gibt es in der Kirche ein warmes Essen, auch Teepausen werden eingelegt und so sind sie einige Stunden unterwegs.“, so beschreibt Dekan Josef Dobeneck den typischen Sternsinger-Tag.

Der Brauch geht bis auf das 16. Jahrhundert zurück. Dobeneck erzählt: „Seit dem zweiten Weltkrieg wird es in dieser Form praktiziert, nämlich so, dass die gesammelten Spenden an Hilfsorganisationen gehen. Davor haben die Kinder in erster Linie für sich selbst und die eigene Gemeinde gesammelt.“

Es hat sich also etwas geändert: die Kinder sammeln heute für andere, zwar auch für die, die weitweg Hilfe brauchen. „Es macht mir Spaß, für andere Kinder Spenden zu sammeln. Ich finde es toll, dass wir Menschen helfen.“, erzählt Cosima. Sie wird aus der katholischen Gemeinde St. Kunigunde in Uttenreuth losziehen — begleitet von Emilia und Max, ihren Mit-Königen. „Es ist gar nicht anstrengend, sondern macht jedes Jahr Spaß.“, erzählt Max. Und Emilia findet: „Das Singen ist toll. Und die Süßigkeiten, die wir bekommen, natürlich auch.“ In einem sind sich alle drei einig: Das Helfen ist das Beste.

Rund Tausend Sternsinger sind allein für das Dekanat Erlangen auf dem Weg durch die winterlichen Straßen. Durchschnittlich werden jedes Jahr, alleine am 6. Januar, bis zu 250 000 Euro eingenommen. Die Spenden werden von den Kindern an die Pfarrer ihrer Gemeinde, von diesen an die Kirchenstiftung, und von denen wiederum an das Kindermissionswerk Aachen weitergereicht. Diese lassen das Geld in ihre Projekte fließen, wenn dies der Wille der Pfarreien ist. Sollten die Pfarreien andere Hilfsprojekte unterstützen wollen, komme diesen das Geld zu, mit einem Aufschlag des Kindermissionswerks Aachen.

Doch wie werden die kleinen Könige eigentlich an den Haustüren empfangen? „Der Ort legt nach wie vor großen Wert auf das Sternsingen.“, erzählt Pfarrer Dobeneck. „Nur selten macht hier jemand die Tür nicht auf. Die Leute sagen sogar extra Bescheid, wenn sie zu der Zeit nicht da sind und hinterlassen an der Tür gute Gaben für die Sänger. Manche holen sich auch nachträglich die gesegnete Kreide um den Segensspruch anzubringen, wenn sie die Könige verpasst haben.“ Der Segensspruch 20*C+M+B17 soll dieses Jahr die Türbalken zieren. Die Bedeutung: Christus Mansionem Benedicat, umrahmt von der entsprechenden Jahreszahl. Die Übersetzung vom Lateinischen ins Deutsche lautet: „Christus segne dieses Haus.“.

Auch bei Nicht-Kirchenmitgliedern sind die Sänger gern gesehen. Dekan Dobeneck hält fest: „Die Leute wollen den Segensspruch Gottes.“ Und um jenen zu bringen und Spenden zu empfangen, sind der Kirche Kinder aller Konfessionen willkommen.

Derzeit werden deutschlandweit Stimmen laut, die das Schminken des dunklen Königs Melchior ablehnen. Eine Maßnahme, die in der Gemeinde St. Kunigunde nicht möglich ist. „Die Könige sollen die verschiedenen, zur damaligen Zeit bekannten, Kontinente repräsentieren: Europa, Asien und Afrika.“, berichtet Josef Dobeneck. Dementsprechend sehe die Gemeinde keinen Grund, das Schminken zu unterlassen. Es soll deutlich machen, dass damals Menschen aller Herkunftsländer das Kommen des Messias herbeigesehnt hatten.

Die siebenjährige Emilia jedenfalls hält fest: „Die Leute freuen sich, wenn wir kommen und singen.“

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