Erlanger Bohlenplatz verkommt zur Partyzone

4.6.2016, 06:00 Uhr
Erlanger Bohlenplatz verkommt zur Partyzone

© Rainer Windhorst

Eines wollen die Anwohner zu Beginn loswerden: Ihnen geht es nicht um kleine Gruppen, die sich nach Feierabend ins Grüne setzen. Selbst ein paar Leute, die den Grill anwerfen und ein Bierchen trinken, stören nicht. "Da würden wir uns eher noch dazusetzen", sagt Volker Meyer. "Aber langsam haben wir das Gefühl, dass der Bohlenplatz zur Partymeile verkommt."

Meyer wohnt seit 19 Jahren dort, viele seiner Nachbarn kennt er seit mehr als zehn Jahren. Was sie alle zusammen im vergangenen Sommer vor ihren Schlafzimmerfenstern erlebt haben, war allerdings etwas Neues: Junge Leute, wohin man schaut. Dutzende Bierkästen, Fässer, Einweggrills, Schnapsbars, Weinflaschen, Gettoblaster. "Fünf große Feiern haben im Sommer 2015 am Bohlenplatz stattgefunden, da kamen jeweils mehr als 600 Leute", sagt Meyer. 600 Leute? "Ja, man kann es sich kaum vorstellen, aber so ist es."

600 Studenten an einem Abend

Offiziell sind diese Veranstaltungen natürlich nicht, lassen sich aber leicht über Facebook organisieren. "Zu Semesterbeginn kamen von überall her Erstsemester-Gruppen", erinnert sich Meyer. Auf den Tischplatten waren hundert Plastikbecher mit Wodka-O vorbereitet. Auch die Neuankömmlinge an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) sollten sofort den angesagten Ort für Sommer-Partys kennen lernen.

Wenn das Wetter stimmt, zieht es am frühen Abend die ersten Feierwilligen auf den Bohlenplatz. "Regelmäßig ist eine Gruppe Musikanten dabei, die spielen dann von 16 bis 24 Uhr durch", sagt Meyer. Von den zahlreichen Grills ziehen Rauchschwaden über den Platz. Das stört auch die ansässigen Restaurantbetreiber, deren Gäste im Gartenbereich dem Treiben gezwungenermaßen zuschauen, selbst aber um 23 Uhr nach innen verschwinden müssen - wegen der Lärmbelästigung.

An vielen Tagen gehen die Partys bis 4 Uhr früh. "Doch die Hemmschwelle ist groß, nachts aus dem Bett aufzustehen und die Leute zu bitten, ruhiger zu sein", sagt Matthias Thurek. Auch er wohnt am Bohlenplatz. Volker Meyer hat das schon ausprobiert und aus dem Fenster gebrüllt. Aber zu später Stunde sind die meisten zu betrunken, um wirklich darauf zu reagieren. "Und wenn wir die Polizei anrufen, müssen wir uns nur dumme Sprüche anhören."

Alkohol verboten

Tatsächlich ist all das Beschriebene auf dem Bohlenplatz eigentlich verboten. "Wenn man sich mit zwei Bierkästen am Bahnhof niederlässt, kommt sofort die Polizei. 500 Meter weiter aber interessiert das niemanden mehr", sagt Meyer. "Doch der Platz stößt an seine Grenzen." Eine Familie mit Kleinkind ist deshalb bereits weggezogen. "Aber wir wollen nicht, dass Familien aus der Innenstadt verdrängt werden." Deshalb hat sich eine Gruppe von Anwohnern nun an die Stadt gewandt.

"Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir Studenten kriminalisieren wollen." Meyer hat Verständnis dafür, dass sie den Platz aufsuchen. "Es sind viel mehr Studenten als früher, deshalb sind mehr Wohnheime entstanden." Mehr als ein kleines Zimmer haben die meisten selbst aber gar nicht zur Verfügung, keinen Balkon oder Innenhof. "Ich würde mich bei 30 Grad auch nicht in die Bude hocken."

Doch wohin sollen die jungen Menschen? "Es wurden Wohnheime gebaut, aber nicht die passende Infrastruktur dazu." Matthias Thurek sieht die Stadt in der Pflicht. "Die Polizei alleine kann das Problem nicht lösen." Zwar wünschen sich die Anwohner mehr Kontrollen und, wenn es denn sein muss, Bußgelder. "Aber eigentlich liegt uns mehr an einem Dialog."

Um diesen anzustoßen, gab es im Stadtrat eine Bürgerfragestunde zum Bohlenplatz. Warum die geltenden Regeln bislang nicht kontrolliert wurden, darauf hatten jedoch auch Rechtsreferent Thomas Ternes und Bürgermeisterin Susanne Lender-Cassens keine schlüssigen Antworten. Von jetzt an habe die Stadtverwaltung das Problem aber auf der Agenda. Es sollen Lösungen gefunden werden, auch im Gespräch mit der FAU.

Wo gibt es Alternativen?

"Wir brauchen Entlastung durch attraktive Alternativen", sagt Lender-Cassens. Vielleicht schafft der neue öffentliche Grill am Bürgermeistersteg Abhilfe, der seit Mittwoch in Betrieb ist.

"Wenn man den Schlossgarten auch abends öffnen würde, könnte das die Situation entspannen", sagt Matthias Thurek. Doch die Parkanlage ist in Besitz der FAU. Und die lehnt erweiterte Öffnungszeiten ab. Immerhin will die Polizei nun öfter am Bohlenplatz vorbeischauen. Aktuell, wetterbedingt, ist noch alles relativ ruhig. Der Sommer aber wird kommen.

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