Erlanger Maler setzt auf Bilder mit Sprengkraft

1.3.2018, 15:00 Uhr
Erlanger Maler setzt auf Bilder mit Sprengkraft

© Harald Hofmann

Was für ein Kontrast. Hier die überaus gepflegte Atmosphäre des Ateliers von Dagmar Kaufmann in der Burgbergstraße 57, an den Wänden hingegen "Bilder" einer Ausstellung, die dem Reiz der Idylle über den Dächern der Stadt in ihrer fast wütenden Farbgebung zu widersprechen scheinen. Reinhold Müller, in seinem Brotberuf Professor der Medizinphysik und somit wohl kaum des Extremismus verdächtig, hat das aggressive Potenzial des politischen Weltgeschehens in eine Ausstellung gefasst, die er schlicht "Bilder" nennt, die aber auch "Abbild der Verhältnisse" heißen könnte.

Etliche seiner Bilder, die mit ihren schwarzen Löchern in der Bildmitte aussehen wie Schusswunden großer Kaliber, erinnern an die Schreckensbilder aus syrischen Ruinenstätten und wecken militärische Assoziationen, ein "Automobil", ein sich mittels eines Scheibenwischermotors scheinbar selbst bewegendes Bild zeigt das amerikanische Wappentier im Niedergang: Ein Weißkopfadler schwingt sich langsam in die Höhe, nur um danach jäh abzustürzen. Was für ein Statement zum Trump-Amerika! Aber auch die Bilder, die nicht unmittelbar mit dem politisch-militärischen Zustand der Welt konnotiert sind, haben stets etwas Eruptives, so, als wollten sie daran gemahnen, dass die gesamte Erdgeschichte aus gewaltigem Erstehen und Vergehen besteht, es lodert und glüht, es zischt und brodelt. Und dann: Einige fast zart gemalte Erinnerungen an die Schönheit Frankens ("Der Himmel über Marloffstein"), die die empathische Seite des keineswegs grimmig wirkenden Malers zeigen.

Die großen Formate und groben Strukturen der Bilder von Reinhold Müller sind dem Material geschuldet, auf das er malt: Meist sind es Spanplatten, die einen harschen Zugriff des Künstlers ertragen müssen, deren grobe "Maserung" dem starken Farbauftrag entgegenkommt. Manchmal sind sie zerrissen und wieder geflickt, gelegentlich mit Stoff hinterlegt, der wie ein Verband aussieht – die Grenzen zwischen Gemälde und Skulptur sind aufgehoben.

Auf dem Gemälde "Stars and stripes" sind in den weißen Sternen, die die amerikanischen Bundesstaaten repräsentieren, Stubenfliegen, die daran gemahnen, dass der jähe Tod zum amerikanischen Alltag gehört, das Gemälde "Die dunkle Seite" sagt: respice finem, bedenket das Ende. Besteht Hoffnung? Angesichts des eruptiven Bilderkosmos von Reinhold Müller könnte man daran zweifeln.

Reinhold Müller, "Bilder", Atelier Kaufmann, Burgbergstraße 57, Mi. 15–19, Fr. 15–19 Uhr oder nach Vereinbarung. Bis 28. März. Tel. 20 91 90, atelier-kaufmann@t-online.de

 

Keine Kommentare