Erlanger Ruderer werden Deutscher Meister
27.6.2018, 11:00 Uhr"Alle Boote sind ausgerichtet. Achtung. Los!" Der Schiedsrichter setzt den Startschuss für das Rennen im Leichtgewichts-Männer Doppelzweier B. Sechs Bote und zwölf Paar Skulls, also die Ruder kämpfen sich die 2000 Meter Richtung Ziellinie vor. Neben der Ruderstrecke fährt eine Armada aus Fahrrädern. Trainer und Sportler feuern ihre Teams auf dem Wasser an. Nach den ersten 400 Metern ist das Boot auf der Startbahn vier in leichter Führung: Renngemeinschaft aus Erlangen und der Frankfurter RG Germania, Jonathan Schreiber und Julian Schneider, der einst auch für den Erlanger Ruderverein antrat.
Die anderen Boote wollen sich an die Spitze zurückkämpfen und greifen immer wieder das dominante Boot an. Sprints erhöhen die Frequenz. Startnummer sieben, die Renngemeinschaft auf Hamburg und Kiel, kommt immer näher an das Duo aus Erlangen. Der Vorsprung, den sie sich auf der ersten Hälfte errudert haben, schmilzt. Fast sieht es so aus, als hätten Schneider und Schreiber zu hoch gepokert und am Anfang zu viel Gas gegeben. Über eine Länge haben sie sich von dem restlichen Feld absetzen können.
Jetzt müssen beide für ihren Sieg kämpfen. Es geht um den Titel des Deutschen Meisters und die Qualifikation zur U23-Weltmeisterschaft. Schiebewind und unruhiges Wasser erschweren die Ruderbedingungen. "Was ist das für ein Finale, wo Julian Schneider und Jonathan Schreiber eigentlich schon nach 700 Meter die klaren Sieger waren? Von Schaulaufen können wir hier nicht sprechen", ruft der Kommentator. 300 Meter sind es noch. Das heißt Endspurt, Schlagzahl erhöhen, trotzdem sauber rudern und keine Fehler machen.
0,85 Sekunden Vorsprung
Synchron setzen die Erlanger ihre Blätter ins Wasser, ziehen mit aller Kraft nach hinten und rollen zurück. Freunde, Familie und Fans auf der Tribüne feuern ihre Teams an. Mit einem Luftkasten Vorsprung (0,85 Sekunden) fährt der Bugball des gelben Bootes als erstes über die Ziellinie. Der alte Deutsche Meister ist auch der neue Deutsche Meister. Die Goldmedaille geht an Erlangen und Frankfurt.
Freude und Erleichterung strahlen die beiden Ruderer am Siegersteg aus. "Wir sind in das Rennen gegangen und wussten: Das Ende ist offen. Auf der Ziellinie wird sich entscheiden, wer besser und schneller rudert", sagt Schreiber. Schon auf der Regatta in Ratzeburg vor drei Wochen und im Vorlauf mussten sie sich gegen das Duo aus Hamburg und Kiel beweisen. Immer erfolgreich, knapp, aber mit dem gleichen Abstand.
"Dann im Finale, also im alles entscheidenden Rennen, die Nerven behalten, mit dem Druck umgehen können und sich nicht überholen lassen, ist die Kunst. Als Trainer bin ich mächtig stolz auf die Leistung der Männer", sagt Ingo Euler. Schneider und Schreiber rudern schon die dritte Saison zusammen.
Im Vorjahr durften sie auf der U23-WM in Bulgarien im Doppelzweier starten, sie wurden Sechster. "Letztes Jahr konnten sie genug Erfahrung sammeln und haben davon jetzt profitiert", meint Euler. "In Bulgarien haben sie sich die Kraft nicht richtig eingeteilt und sind dann im Finale eingegangen."
Nicht nur im Doppelzweier überzeugte der Ruderverein Erlangen, Schreiber setzte sich auch im Leichtgewicht Männer Einer durch. Drei Stunden nach dem spannenden Zweierrennen bewies der 20-Jährige starken Willen. Mit über drei Sekunden Vorsprung erreichte er in seinem neuen Einer die Ziellinie. "Joni hatte schon schwere Beine nach dem Zweier, hat sich dann aber frei gerudert und weiter gekämpft", sagt Euler. Auch der gebürtige Erlanger Julian Schneider bekam im Doppelvierer eine zweite Goldmedaille.
"Ein eingespieltes Team"
Weitere zwei Medaillen für Erlangen holte Felipe Thomas. Er gewann zusammen mit Würzburg und Krefeld den dritten Platz im Leichtgewichts-Vierer ohne Steuermann und Silber im Achter. "Wir sind sehr zufrieden. Obwohl wir erst seit ein paar Wochen im Vierer zusammen rudern, sind wir ein gutes Team", sagt Thomas. Im Juniorenbereich startete Immanuel Dorneich für den RVE. In einer Renngemeinschaft mit München erreichte er den dritten Platz im B-Finale. "Die Deutschen hätten besser nicht laufen können. Wir sind sehr stolz auf unsere Sportler", sagt Lore Baer, die Vorsitzende des RVE.
Nächstes Ziel ist die WM in Polen Ende Juli. Unklar ist allerdings noch, ob Schreiber im Zweier oder Einer antreten wird. "Julian und ich sind ein eingespieltes Team. Das funktioniert alles gut", sagt Schneider. Nächste Woche beginnt für die beiden das Trainingslager in Ratzeburg. Für beide und auch Trainer Ingo Euler eine große Ehre.
"Der Zweier ist die Königsklasse im leichten Bereich. Auch wenn Joni doppelt auf der Deutschen gestartet ist, bleibt der Zweier erste Priorität, denn der gehört zur olympischen Disziplin", sagt der Coach. "Das Ziel ist, sich im Vergleich zum Vorjahr zu steigern und Richtung Medaille zu rudern." Hochmotiviert jedenfalls sind Schreiber und Schneider, voller Aufregung und Adrenalin.
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