Erlanger Studenten zum Auszug gezwungen?
12.9.2015, 15:00 UhrVerschiedene WG-Schilder hängen noch am Eingang zum Gebäude, auch zahlreiche Fahrräder lassen auf studentische Hausgemeinschaften schließen. Doch von rund 20 jungen Menschen lebt jetzt nur noch ein kleiner Teil in der früheren Gaststätte im Ortsteil Büchenbach. Vor einigen Tagen sind in das Anwesen die ersten Flüchtlinge eingezogen und weitere folgen.
Denn die Stadt Erlangen hatte Anfang September von den beiden Besitzern Räumlichkeiten für die Unterbringung von bis zu 50 Asylsuchenden angemietet. Einer der beiden Vermieter beteuert hingegen auf Anfrage unsere Zeitung, diese Zahl nicht zu kennen. Ebenso wenig könne er sagen, ob in nächster Zeit noch weitere Studierende ausziehen werden.
Einige der sogenannten Altmieter hatten sich kürzlich über die Methoden der Vermieter beschwert; die Kritik aus den Reihen der Studenten wurde dabei auch an die Stadt Erlangen herangetragen: Sie würden von den Vermietern zum Auszug gedrängt, kritisierten die jungen Bewohner. Die Studierenden, so sagt Sozialbürgermeisterin Elisabeth Preuß, hätten die Vermieter mit dem Satz zitiert: „Wenn ihr nicht von selbst geht, setzen wir euch ganz schlimme Flüchtlinge ins Haus, so dass es euch hier nicht mehr gefällt.“
Die Stadtspitze, die bei der Suche nach (Wohn-)Raum für Flüchtlinge zwar dringend auf private Anmietungen angewiesen ist, lehnt solche Methoden ab. Es könne nicht sein, dass Studierende, die „oft auch nicht viel haben, auf der Strecke bleiben“, betont Preuß im Gespräch mit den EN. Man dürfe beim schwierigen Thema Wohnraum nicht die einen gegen die anderen ausspielen.
Das aber, so versichert der Vermieter, sei in diesem Fall gar nicht gemacht worden. Als Vertreter der Stadt das Gebäude mit Blick auf die Unterbringung von Flüchtlingen inspizierten, hätten sie doch gesehen, dass in dem (durchaus weitläufigen) Gebäude noch Studenten leben. „Wir haben ihnen Räume angeboten, die schon länger leer standen und da haben sie gefragt, ob man weitere Asylbewerber unterbringen könnte.“
Da sich die Studierenden wohl „unter lauter Flüchtlingen sicher nicht wohl fühlen“, seien sie gefragt worden, ob sie umziehen möchten, berichtet der Immobilien-Kompagnon. „Wir haben ihnen Alternativen angeboten, in viel zentraleren Lagen.“ Sogar den Umzug werde man bei Bedarf für die jungen Leute übernehmen. „Wir wollen die Studenten sozial verträglich umsiedeln“, meint der Vermieter, „und ihnen nicht die Pistole auf die Brust setzen.“
Finanzielle Überlegungen hätten dabei keine Rolle gespielt, betont der Immobilien-Besitzer: „Ich bin selbst türkischer Herkunft, ich kann mich in die Schutzbedürftigen hineinversetzen“. Wie viel Geld er und sein Partner für die Unterbringung pro Flüchtling von der Stadt bekommen, will er nicht sagen. Auch die Stadt selbst hält sich bedeckt und spricht von einem Richtwert, der dem Mietspiegel und einem „kleinen Aufpreis“ entspricht.
Etwas konkreter ausgedrückt: Der übliche Satz für Einzelzimmer beträgt derzeit rund 20 Euro pro Nacht und Person.
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