Erlangerin vertraut trotz Axt-Attacke jungen Flüchtlingen

21.7.2016, 06:00 Uhr
Erlangerin vertraut trotz Axt-Attacke jungen Flüchtlingen

© Klaus-Dieter Schreiter

Mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen kennt sich Gjenifa Rizvani aus. Seit fast einem Jahr kümmert sich die 21-Jährige ehrenamtlich um junge, männliche Flüchtlinge: Sie ist für viele Deutschlehrerin, Ratgeberin, Zuhörerin und Freundin in einem. Etliche Geschichten von Krieg, Verfolgung und Vertreibung hat die angehende Erzieherin gehört und weiß daher: „Meine Jungs haben viel Schreckliches erlebt, aber jetzt ist es vorbei und sie können sich etwas Neues aufbauen; es sind tolle Kids und wundervolle Jugendliche.“

Auch der mutmaßliche Attentäter von Heidingsfeld, der in einem Zug bei Würzburg mit einer Axt fünf Menschen verletzt hat, hielt sich als unbegleiteter Flüchtling in Deutschland auf. Ganz so wie die Schützlinge von Gjenifa Rizvani. „Ich war schockiert, als ich von dem Anschlag erfahren habe.“ Befürchtungen, auch aus der von ihr betreuten Gruppe könnte einer gewalttätig werden, hat die junge Erlangerin nicht. „Ich kenne meine Jungs“, sagt sie bestimmt, „ich weiß, dass da keiner so drauf ist.“

Mit Händen verständigt

Größere Bedenken hat die junge Frau vielmehr in anderer Hinsicht. Nämlich, dass nach dem Angriff eines vermeintlich islamistischen Afghanen die Vorurteile gegenüber Flüchtlingen zunehmen. Allerdings setzt sie pauschalen Verurteilungen Wissen und Information entgegen: „Ich hoffe, dass doch viele ihren gesunden Menschenverstand gebrauchen und nicht alle über einen Kamm scheren.“

Sie lässt sich weder von dem Terrorakt noch von einer womöglich (weiter) ins Negative kippenden Stimmung gegenüber Flüchtlingen von ihrem Ehrenamt abhalten. „Von so etwas lasse ich mich nicht unterkriegen; ich bleibe bei meinen Jungs.“

Denn auch wenn Gjenifa Rizvani ihr Engagement recht bescheiden klein reden will, sieht sie doch täglich, wie wichtig ihr Beitrag zur Integration ist. Noch vor wenigen Monaten habe sie mit „ihren Jungs“ — wie sie die jungen Asylbewerber in jedem Satz liebevoll nennt —, „über Hände und Füße und Google-Übersetzung“ kommuniziert. Inzwischen beherrschen die jungen Männer die Sprache aber so gut, dass Unterhaltungen problemlos möglich sind.

Wie sich das dann anhört, zeigt Mouaed Asfok. „Sie ist hier in Deutschland meine Familie“, sagt er und lächelt seine Begleiterin dabei vertraut an. Allein in einem fremden Land zu sein, sei sehr schwer, berichtet der 17-jährige Syrer, der seit neun Monaten in Deutschland ist. Doch Menschen wie Gjenifa Rizvani machten für ihn die Situation erträglicher.

Wie wichtig freiwilliges Engagement für Flüchtlinge ist, erkennen auch Kommunen und Gemeinden. Deshalb stellen die Lokalen Bündnisse für Familien aus 15 Städten und Landkreisen in der Metropolregion Nürnberg einige Helfer und ihr Ehrenamt in einer Wanderausstellung vor.

Auch Gjenifa Rizvani blickt von einer der Schautafeln, die noch bis Freitag im Rathaus zu sehen sind. „Es ist ein ganz komisches Gefühl, wenn ich mich auf dem Bild selbst betrachte“, sagt sie. Schließlich wolle sie mit ihrer Tätigkeit nicht prahlen. Dennoch hat sie sich ohne zu zögern an der Aktion beteiligt: „Man möchte zeigen, wie sich Leute einbringen, um damit den ein oder anderen womöglich ebenfalls für ein Ehrenamt zu gewinnen.“

Gjenifa Rizvani selbst bringt sich in verschiedenen Projekten schon seit längerem unentgeltlich ein. Ihr Einsatz für junge Flüchtlinge liegt ihr besonders am Herzen: „Es ist für mich das Größte, wenn ich sehe, wie sich meine Jungs entwickeln.“

Ihre eigene Herkunft mag da eine Rolle spielen: Sie selbst ist geborene Fränkin; die Eltern kamen vor fast 30 Jahren aus Albanien. Doch ihre Familie blieb in Deutschland weitgehend unter Landsleuten. Die Tochter glaubt heute: „Es hätte ihnen gut getan, wenn auch sie damals jemand an die Hand genommen hätte.“

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