FCN-Handballerin will beim TV 1861 Erlangen Bruck durchstarten

Katharina Tontsch

Sportredakteurin in Erlangen

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9.10.2018, 18:00 Uhr
FCN-Handballerin will beim TV 1861 Erlangen Bruck durchstarten

© Foto: Harald Sippel

Auch als Handballerin kann man Frau sein, "durch und durch", sagt Ulrike Kardos. Auf dem Feld aber "kann man schon mal zum Tier werden und ein paar Kratzer aushalten". Wer schon einmal Frauen-Handball gesehen oder gar selbst gespielt hat, wird das mit den Kratzern bestätigen. Und für alle anderen: Frauen-Handball ist hart. So hart, dass manche meinen, Handball sei kein Sport für Frauen.

Ulrike Kardos sieht das anders. Sie hat selbst viele Jahre Handball gespielt, beim 1. FC Nürnberg in der Jugend und bei den Erwachsenen bis in die zweite Liga. Und sie ist trotzdem noch: eine Frau. Ihre aktive Karriere hat die 39-Jährige mittlerweile beendet, aktuell steht sie bei den Handballerinnen des TV 1861 Bruck an der Seitenlinie — und wird auch da manchmal zum Tier.

Wenn sie sich aussuchen dürfte, zu welchem, wäre sie gerne eine Grizzly-Bärin. Das sagte die gebürtige Diepersdorferin in einem Interview für ihren alten Verein, die HG Zirndorf, die sie als Co-Trainerin in der dritten Liga betreut hat. "Ich liebe diese Tiere einfach. Sie sind niedlich, kuschelig, herzig. Doch es sind krasse Raubtiere, sehr gefährlich." So beschreibt Kardos heute ihre Bären-Liebe — man könnte aber auch denken, sie spricht von ihren Handballerinnen.

Die sind in dieser Saison auf jeden Fall auch sehr gefährlich. In der Bezirksoberliga werden die Bruckerinnen hoch gehandelt, auch wegen ihrer neuen Trainerin. Bereits im April hatte Abteilungsleiter Peter Krell bei Ulrike Kardos angefragt, als klar war, dass das Trainergespann Andy Ottlo und Dieter Geck aus beruflichen Gründen nicht mehr weitermachen würde. Kardos war da gerade in ihrer ersten Station als Cheftrainerin beim TSV Röthenbach.

"Ich habe gemerkt, dass in Bruck etwas gehen könnte"

"Im ersten Gespräch habe ich gemerkt, dass in Bruck etwas gehen könnte", sagt sie — auch wenn es zunächst nur um eine Mannschaft in der Bezirksoberliga ging. "Der Fokus liegt im Verein nicht nur auf den drei Männer-Teams, die alle aufgestiegen sind, sondern auch auf den Frauen." Wenn man so will: Der TV 1861 Bruck will mit seinen Damen nachziehen. "Zuvor war ich Trainerin in der Landesliga, es ist also ein Schritt zurück", sagt Kardos. Doch in Röthenbach war klar, dass "der Weg nicht weiter nach oben gehen wird".

Ganz anders ist das in Bruck. "Das Umfeld stimmt. Und das Potenzial der Mannschaft ist groß", glaubt Kardos. "Es gibt viele junge Spielerinnen, echte Rohdiamanten, es ist wie eine grüne Wiese, ich kann alles aufbauen." Es ist eine große Herausforderung. "In der dritten Liga war ich die Co-Trainerin meines Mannes. Die Verantwortung liegt immer beim ersten Trainer. Jetzt trage ich hier die Verantwortung für alles, was passiert."

20 neue Spielerinnen versammelten sich in diesem Sommer in Bruck, über drei Monate kamen sie sukzessive dazu. Zwei Zugänge hat die Trainerin mitgebracht — die Torhüterin Romina Kind und Julia Feuerlein — andere kamen aus der Jugend des HC Erlangen. Manche Spielerinnen aber schlossen sich auch ganz zufällig dem Klub an, beispielsweise Anna Susanna Glet aus Köln.

"Das ist der Wahnsinn"

Erst Ende August hat Kardos die Handballerinnen in zwei Mannschaften aufgeteilt. Im BOL-Team spielen Frauen aus zuvor acht verschiedenen Vereinen. "Das ist der Wahnsinn", sagt Kardos. "In den vergangenen 16 Wochen in der Vorbereitung haben wir ganz viele Team-Building-Sachen gemacht, Trainingslager und Trainingstage, ich habe sehr viele Einzelgespräche geführt." Und auch wenn die Saison am Sonntag bereits begonnen hat, geht für die Bruckerinnen die Vorbereitung quasi weiter, das Team muss sind erst noch finden.

Erst in der Schlussphase kamen die Bruckerinnen (dunkle Trikots) ins Rollen.

Erst in der Schlussphase kamen die Bruckerinnen (dunkle Trikots) ins Rollen. © Harald Sippel

Trotzdem hat die Mannschaft das erste Saisonspiel gewonnen. Gegen den HC Forchheim gab es ein 21:18 (8:11). Bis zum 17:17-Ausgleich in der 53. Minute waren die Gastgeberinnen dabei zurückgelegen. "Es war ein richtig nervöser Start", sagt Kardos. Im Angriff leisteten sich ihre Spielerinnen daher zu viele technische Fehler, "bis zur 20. Minute hatten wir kaum Abschlüsse".

Mit der Abwehrarbeit aber war die Trainerin von Beginn an zufrieden. "Die Mannschaft hat das umgesetzt, was wir trainiert haben." Nach personellen Umstellungen kam Bruck bis zur Halbzeit auf zwei Tore heran. Dann hat Forchheim nachgelassen, "wir waren konditionell die stärkere Mannschaft", sagt Kardos. Mit dem Endergebnis ist die Trainerin nun natürlich zufrieden: "Es war unser erstes Spiel, ein Derby und dann noch gegen einen starken Gegner."

Was mit diesem neuen Team wann möglich ist, lässt sich aktuell kaum sagen — sicher geht es irgendwann nach oben. Die Frage ist nur: Wie schnell? "Von mir angefangen bis zur Mannschaft spüren alle: Die Entwicklung geht weiter", sagt Kardos. "Ich persönlich möchte die Spielerinnen individuell weiterentwickeln." Doch durchaus geht es auch darum, "maximal gut zu spielen". Nach der ersten Partie sei es noch viel zu früh, um über einen möglichen Aufstieg zu sprechen. Mittelfristig aber gibt es wohl nur eine Richtung: nach oben. Ein Ziel, für das man schon mal zum Tier werden kann.

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