Franzose verkörpert den Markgrafen trefflich

27.04.2013, 07:00 Uhr
Franzose verkörpert den Markgrafen trefflich

© Julia Beeck

Unter einer Allongeperücke kann es im Sommer ganz schön heiß werden. Das weiß Paul-Eric Vogel aus eigener Erfahrung; in seiner Paraderolle als Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth legt er zu seinem opulenten Barockkostüm auch die voluminöse, langlockige falsche Haarpracht an und schreitet so Geschichtsinteressierten voran durch „seine“ Stadt.

Seit 2000 bietet Vogel beim Erlanger Tourismus und Marketing Verein e.V. in barocker Pracht Stadtführungen in deutscher und französischer Sprache an. „Kostümführungen haben immer etwas sehr Unmittelbares. Die Teilnehmer werden richtig in die Geschichte hineingezogen“, hat Vogel immer wieder beobachtet. Das Kostüm habe er sich zu seinem 50. Geburtstag gewünscht. Eine Erlanger Schneiderin habe Maß genommen und ein in lila gehaltenes Justaucorps-Gewand mit Weste und enger Kniehose entworfen. Um authentisch zu wirken, gehören selbstverständlich auch die besagte Allongeperücke und natürlich ein Dreispitz dazu.

Geboren und aufgewachsen ist Vogel in Mulhouse, im Elsass. In seinem Elternhaus wird französisch gesprochen. Deutsch lernt er erst in der Schule, später in Deutschland. In Mulhouse geht er in die Schule und studiert danach Elektrotechnik an der dortigen Universität. Nach seinem Studium macht Vogel ein zweimonatiges Praktikum bei der Siemens AG in Erlangen. „Erlangen hat mir sofort gut gefallen. Meine Arbeit begann im Mai und so kam ich auch gleich in den Genuss meiner ersten Bergkirchweih. Das hat schon gepasst,“ lacht Vogel.

Nach den zwei Monaten bekommt er einen Vertrag als Werkstudent, später wird ihm von Siemens auch eine Festanstellung angeboten. Zunächst muss er aber zurück nach Frankreich, um seinen Militärdienst zu absolvieren. „Nach meiner halbjährigen Ausbildung zum Reserveoffizier, habe ich ein weiteres halbes Jahr den Radiosender auf der Militärbasis Mururoa in Französisch-Polynesien geleitet.“ Die Militärangehörigen werden nun jeden Tag von ihm mit einem munteren „Bonjour Mururoa!“ geweckt.

1983 kommt Vogel nach Deutschland zurück und findet sich ein Jahr später nach einem kurzen Stopp in Offenbach, wieder in Erlangen. Kurze Zeit darauf lernt er seine spätere Frau, eine Oberfränkin kennen. Sie bekommen zwei Söhne, die beide inzwischen erwachsen sind.

Berufsbedingt kommen die Vogels viel in der Welt herum — für jeweils drei Jahre leben sie in den USA und in Frankreich. Aber immer wieder zieht es sie in die Hugenottenstadt zurück. „Ganz klar, Erlangen ist meine Heimat. Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt der 51-Jährige. Ein Wechsel der Staatsangehörigkeit komme für ihn aber nicht in Frage. Er sei gerne Franzose.

Manchmal stehe ihm sein französischer Pass aber im Wege: „Ich würde mich beispielsweise gerne als Schöffe zur Verfügung stellen. Aber das geht nur mit einer deutschen Staatsbürgerschaft. Oder die Volksbefragung zu den Studiengebühren. Da hätte ich auch gerne mein Votum abgeben.“

Seit 1996 engagiert sich Vogel ehrenamtlich im Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Erlangen. Im Rathaus ist er ein bekanntes und gerngesehenes Gesicht. „Offen aus Tradition, das ist das Motto von Erlangen. Und genau so habe ich als junger Mann Erlangen erlebt“, begründet er sein ehrenamtliches Engagement. Von dieser positiven Erfahrung möchte er jetzt etwas an die hier lebenden Ausländer weiter geben.

In diesem Sinn wandelt Vogel nicht nur äußerlich auf den Spuren des Markgrafen; schließlich war es eben dieser Markgraf Christian Ernst, der Ende des 17. Jahrhunderts die französischen Hugenotten in Erlangen aufnahm.

Wer Paul-Eric Vogel als Markgraf erleben möchte, muss sich bis zum 3. Mai gedulden. Dann ist die nächste markgräfliche Führung.

Nächste Folge: Eine Italienerin fotografiert Babys.

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