«Gott hat unseren Verzicht vielfältig ersetzt»
24.07.2008, 00:00 Uhr
Über viele Jahrzehnte prägten Diakonissen der «Hensoltshöher Gemeinschaft» das Leben in den beiden Erlanger Ortsteilen. Vor über 90 Jahren kamen Diakonissen der in Gunzenhausen angesiedelten Gemeinschaft erstmals in Eltersdorf zum Einsatz. Die Schwestern übernahmen im Ort die Krankenpflege, bald darauf auch in Tennenlohe. Es entstanden eigene Schwesternstationen, doch waren die Kranken- und Altenpflege, auch die Sterbebegleitung, stets nur ein Pfeiler der Arbeit, die diese Frauen über Jahrzehnte hinweg selbstlos leisteten.
Diakonissen - ledige, evangelische Frauen, die ihr Leben bewusst in einer Glaubens- und Dienstgemeinschaft wie eben der Hensoltshöhe verbringen - werden mit vielfältigen diakonischen Aufgaben betraut: in der Pflege, in therapeutischen Einrichtungen, in Kindertagesstätten oder in der Jugendarbeit.
Ihre «missionarische Diakonie» bedeutet aber auch: die christliche Botschaft in intensiver Gemeinschaftsarbeit zu verbreiten. Vor Ort, und so auch in Tennelohe und Eltersdorf, entstanden früh die «Landeskirchlichen Gemeinschaften», in die Diakonissen stets eng eingebunden sind. Die Gemeinschaften gelten als freie «Werke» innerhalb der evangelischen Landeskirchen, sind sehr pietistisch ausgerichtet, aber arbeiten meist gut mit den jeweiligen Kirchengemeinden zusammen.
Frühe Berufung
In Tennenlohe war es Schwester Elfriede Holl, die sich 24 Jahre lang neben der Krankenpflege auf die Glaubensarbeit konzentrierte und sich in der Landeskirchlichen Gemeinschaft in der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenarbeit engagierte. Über viele Jahrzehnte war die Gemeinschaft «Im Gäßla» aktiv, Ende der neunziger Jahre kam dann, auch unter Schwester Elfriedes steuernder Hand, der Neubau in der Haselhofstraße.
Die gebürtige Bayreutherin fühlte schon als Jugendliche ihre Berufung zur Diakonisse. 1984 hatte sie das Mutterhaus nach Erlangen entsandt, wo auch sie tiefe Wurzeln geschlagen hat. Wenn nun die 68-Jährige in Kürze zum «Feierabend» auf die Hensoltshöhe zurückkehrt, wird sie viele gewachsene Bindungen kappen müssen, aber sie weiß sich auch im Ruhestand von ihrem tiefen Glauben getragen: «Es gibt hier auf Erden ein Leben mit Jesus und die Gewissheit, dass ich ewig mit ihm leben kann», zieht Schwester Elfriede ihr ganz persönliches Resummee.
Schwester Emmi Raab dagegen fiel die Entscheidung für eine christliche Gemeinschaft weitaus schwerer - ein Leben in schlichter Tracht, das den Verzicht auf Mann und eigene Kinder bedeutete, auf materiellen Reichtum und persönliche Unabhängigkeit. Sie rang Jahre mit sich, ehe sie losließ und in die Hensoltshöhe eintrat. Heute sieht sich Schwester Emmi vielfach entschädigt. «Es war der Weg, wie ich Gott am besten dienen konnte», sagt die 53-Jährige. In all den Jahren habe sie nichts vermisst, vielmehr habe Gott ihren Verzicht «vielfältig ersetzt».
Die gelernte Erzieherin kam 1981 nach Tennenlohe und führte lange Zeit den Kindergarten im «Gäßla». 1994 kam der Neubau an der Lachnerstraße, dessen Leitung sie auf Wunsch der damaligen Kirchenleitung ebenfalls übernahm. Inzwischen betreut sie Kinder in der zweiten Generation: Das sieht sie als Vertrauensbeweis vieler Eltern, der ihr den Abschied noch schwerer macht. Denn seitdem die Kirche den bislang von der Hensoltshöhe getragenen Kindergarten für sich beansprucht, hat sich Schwester Emmi für eine Rückkehr ins Mutterhaus entschieden.
«Die Begegnung mit Gott, mit den Menschen und unsere Berufung sind das, was uns Diakonissen kennzeichnet», zieht auch Schwester Eva-Maria Schlüter nach gar 35 Jahren Dienst vor Ort Bilanz. Die inzwischen 74-Jährige gehörte als Gemeindeschwester zum vertrauten Bild in Eltersdorf. Liebevoll ist sie nun in den Ruhestand verabschiedet worden, den auch sie im Mutterhaus verbringen wird.
Ihre lebendigen Beziehungen zu vielen Familien wird die gebürtige Unterfränkin vermissen. Denn das hier, sagt sie, «das doch ist unsere Heimat und unser Zuhause geworden.»
GERLINDE GUTHMANN