Interview mit Reise-Expertem
Griechenland-Urlauber nicht in Gefahr
13.8.2021, 10:30 UhrHerr Fohrer, Sie haben zahlreiche Griechenland-Reiseführer veröffentlicht und kennen sich in dem Land bestens aus. Was hören Sie, wie ist die Lage in dem südosteuropäischen Land?
Die Brände in Griechenland wüten weitgehend in Gebieten ohne Tourismus, Ausnahmen sind allerdings die Brände auf dem Peloponnes mit Olympia und der Halbinsel Mani; die wenigen Touristen, die dort sind, werden in Sicherheit gebracht, aber größtenteils ist es für die Urlauber safe. Für die Einheimischen aber sind die Brände natürlich eine Katastrophe.
Jetzt kommen die Waldbrände zu einer Zeit, in der der Tourismus wegen der Corona-Pandemie ohnehin schon leidet.
Im Moment ist Griechenland ja von Deutschland aus nicht als Risikogebiet eingestuft, das heißt, die Einreise ist relativ problemlos möglich. Man muss nur eine Online-Anmeldung und einen Antigentest machen, der nicht älter als 48 Stunden ist, von daher ist das kein Problem. Aber man muss als Urlauber die Situation und die Corona-Zahlen natürlich genau im Blick behalten ebenso wie die Bestimmungen. Von den Tourismusgebieten sind die Inzidenzen derzeit aber relativ niedrig, es gibt ein paar kleinere Hotspots, da gehört unter anderem die Insel Mykonos dazu, dort herrscht ein intensives Nachtleben, deshalb gibt es dort etwas stärkere Zahlen. Von der Corona-Lage her gesehen ist Griechenland insgesamt momentan recht angenehm zu bereisen.
Zieht es jetzt wieder verstärkt Urlauber nach Griechenland?
Der Kreta-Reiseführer, der gerade in aktualisierter Auflage erschienen ist, ist unter den jetzigen Umständen jedenfalls verhältnismäßig gut gefragt. Man merkt, dass die Griechenland-Liebhaber sich darüber freuen, wieder dorthin reisen zu können.
Waren diese heftigen Waldbrände vorauszusehen?
Die griechische Bevölkerung kritisiert ja immer, dass der Katastrophenschutz zu schlecht aufgestellt ist. Das hat sich jetzt gerächt bei den hohen Temperaturen; bei 45 Grad entzündet sich im Wald relativ schnell etwas, da muss nur eine Zigarette weggeworfen werden oder irgendwo eine Scherbe herumliegen - da hat man schnell einen Brandherd. Da muss die griechische Regierung auf jeden Fall etwas verändern. Statt in das Gesundheitssystem und medizinisches Personal und Feuerwehrleute zu investieren, hat die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia von Kyriakos Mitsotakis viele Millionen in Rüstung und Polizei gesteckt. Das fällt Mitsotakis nun gewaltig auf die Füße. Viele Menschen stehen vor dem Ruin. In Italien aber verhält es sich mit dem Katastrophenschutz ähnlich, auch dort muss man etwas ändern. Und auch bei uns gibt es noch Verbesserungsbedarf. Das hat ja das Hochwasser gezeigt.
Wie gehen die Griechen denn mit der Lage rund um Pandemie und Waldbrände um?
Als ich im Herbst 2020 das letzte Mal in Griechenland war, war die Pandemie in kleineren Orten zum Teil kein Riesenthema. Es war natürlich sehr negativ, dass wenige Touristen da waren und es wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt. Auch in Städten wie Heraklion etwa hat man von der Pandemie nicht so viel bemerkt, die kretische Hauptstadt war voller Menschen und Leben, abends waren in den Kneipen viele Studenten ohne Masken unterwegs, obwohl es Maskenpflicht gab. Insgesamt war die Stimmung fröhlich, nicht wahnsinnig bedrückt. Die Griechen sind unterm Strich relativ gut durch die Pandemie gekommen.
Ihre Frau Lucie Büchert-Fohrer verkauft auf dem Erlanger Wochenmarkt auch Öl und Holzgegenstände aus Griechenland. Gibt es da aufgrund der Pandemie oder der Waldbrände Lieferprobleme?
Öl gehört zu den Grundnahrungsmitteln; die Produktion und der Vertrieb waren daher nie gefährdet. Durch die Waldbrände wurden nun Gebiete mit Olivenbäume vernichtet, etwa auf dem Peloponnes. Kreta hat sehr große Olivenbaum-Anbaugebiete, die allerdings nicht von den Flammen betroffen sind. Unsere Kunden freuen sich immer, wenn sie unser griechisches Öl bekommen und der Verkauf ist bisher auch nicht gefährdet.
Zur Person:
Der Reisebuchautor Eberhard Fohrer (69) kennt Griechenland wie kaum ein anderer: Seit Jahrzehnten ist der gebürtige Marburger, der in Wien und Erlangen aufgewachsen ist, für den renommierten Reisebuchverlag Michael Müller Verlag unter anderem in Griechenland unterwegs, sein "Kreta"-Buch ist seit Jahrzehnten ein Bestseller. Fohrer studierte Germanistik und Geschichte, wandte sich aber gleich nach dem Staatsexamen dem Reisejournalismus zu. Beim Erlanger Michael Müller Verlag sind von ihm auch zahlreiche Italien-Reiseführer erschienen, etwa zu Oberitalien, Venetien oder Gardasee. Fohrer ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, die Familie lebt in Erlangen.
Hier können Sie Ihre Meinung zur Corona-Krise kundtun oder sich mit anderen Usern zum Thema austauschen. Alle Artikel zu Corona haben wir zudem für Sie auf einer Themenseite gesammelt.