Gurgeln gegen Corona: Wie Erlanger Schulen sich selbst helfen
14.2.2021, 05:58 UhrAls die Bayerische Staatsregierung am Donnerstag vor die Presse trat, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek einen Satz, der Thomas Wagner hellhörig werden ließ: "Wir werden großflächig bei Pilotprojekten einsteigen, was Pooling angeht, und was Gurgeltests und andere Themen angeht." So ein Pilotprojekt läuft nämlich seit etwa einem Monat in Erlangen. Wagner, Geschäftsführer der Intego GmbH, hatte die Idee mit den Pooltests, die über Gurgelproben gewonnen werden, in der Stadt nach vorne gebracht – als Privatmann, geschäftlich hat er davon nichts.
"Wir gehen davon aus, dass Herr Holetschek mit seiner Aussage auch uns gemeint hat", sagt Wagner. Auf seine Initiative hin ist eine medizinische Studie der Biologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit dem Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg entstanden. Die Leitung hat Prof. Dr. Michael Kabesch inne. Der Kinderpneumologe hatte im vergangenen Jahr eine Studie geleitet, in der Regensburger Domspatzen im Alter von zehn bis 21 Jahren 16 Wochen lang regelmäßig getestet wurden – mittels Speichelprobe.
Wo Ist das COrona VIRus
Die aktuelle Studie nennt sich WICOVIR (Wo Ist das COrona VIRus) und soll dazu beitragen, die Schulen sicherer zu machen und gemeinsam mit den Schulen die COVID-19-Pandemie zu bekämpfen. Ziel der Studie ist herauszufinden, ob das Konzept der frühen Umwelttestung in Schulen umsetzbar ist und zur Verringerung des Infektionsgeschehens beitragen kann. Umwelttestung bedeutet, dass bis zu 30 Leute im Pool getestet werden – im Gegensatz zur Individualdiagnostik, mit der immer nur einzelne Personen getestet werden.
Um die Studie möglichst flächendeckend anbieten und finanzieren zu können, wurde ein Förderantrag an das Bayerische Gesundheitsministerium gestellt. "Noch ist bei uns kein Förderbescheid eingegangen", sagt Wagner. Seine Hoffnung auf eine positive Rückmeldung ist durch die Aussage des Gesundheitsministers Holetschek in der Pressekonferenz aber größer geworden. Bis es soweit ist, sind die Schulleitungen in Erlangen und im Landkreis Erlangen-Höchstadt selbst gefragt, wenn sie Schüler und Personal über das Poolverfahren auf eine Infektion mit dem Coronavirus testen möchten.
Warten auf Signal aus München
"Ich beobachte, dass es zwei Lager gibt", sagt Wagner, "es gibt Schulleiter, die die Sache selbst in die Hand nehmen wollen. Und es gibt Schulleiter, die noch auf ein Signal aus München warten."
Die erste Fraktion bilden die Hermann-Hedenus-Mittelschule, die Franconian International School, das Emmy-Noether-Gymnasium, das Christian-Ernst-Gymnasium sowie die Montessori-Schulen Erlangen und Herzogenaurach. In allen Einrichtungen nehmen Lehrer und Schüler, die wieder in den Präsenzunterricht gehen, freiwillig am Projekt teil.
Es geht um Sicherheit
"Wir versuchen, dass der Laden wieder anläuft", begründet Max Richter, Konrektor der Hermann-Hedenus-Mittelschule, die Teilnahme. 110 Schüler der Abschlussklassen werden ab 22. Februar wieder in der Schule vor Ort sein und die Möglichkeit haben, sich testen zu lassen, ihre Lehrer ebenfalls. Sicherheit kann laut Richter aber nur die Impfung bringen: "Meine älteren Kollegen und Lehrer mit Vorerkrankungen sollten eigentlich geimpft sein, bevor sie direkten Kontakt mit Schülern haben." Also bei der Impfung früher als bislang vorgesehen drankommen.
Auch Karin Reif, Geschäftsführerin der Montessori-Schule Erlangen, geht es um Sicherheit. Deshalb macht ihre Einrichtung bei den Pooltests mit. "Ich finde die Idee sehr gut. Wenn viele Menschen getestet werden, lassen sich Infektionen mit einer gewissen Sicherheit erkennen. Dann kann schnell reagiert werden."
69 Lehrer angemeldet
Am Christian-Ernst-Gymnasium haben sich bereits 69 Lehrer für die Pooltests angemeldet. "Wir sind von dem Verfahren grundsätzlich überzeugt", sagt Frank Seuferling, Mitarbeiter der Schulleitung. Deshalb wird es auch vier Pools für die 110 Schüler der Q12 geben.
Seuferling fände es "eine gute Sache", falls der Staat sich um flächendeckende Pooltests kümmern würde. Allerdings: "In der Pandemie müssen wir alle mitdenken. Letztlich ist es egal, aus welcher Richtung Lösungen kommen."
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