Hebt der "Siemens Campus" die StUB aufs Gleis?

6.1.2014, 05:13 Uhr
Hebt der

© Horst Linke

Die gerade 20 Jahre alt gewordene Bürgerinitiative umweltverträgliche Mobilität im Schwabachtal (BuMS), die zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die Idee einer Stadt-Umland-Bahn aufgriff – ältere Pläne stammen noch aus den 80er Jahren unter Oberbürgermeister Dietmar Hahlweg –, lässt zusammen mit dem Verkehrs-Club Deutschland (VCD) seit ihrer Gründung nicht locker, eine Stadt-Umland-Bahn als leistungsfähige Alternative zum Individualverkehr anzupreisen. Das Auto, auf das der erhoffte Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zielt, ist nämlich (auch in den Untersuchungen der Mobilitätsforscher) selbst sein wichtigstes Hindernis getreu der Einsicht: Der Autofahrer steht nicht im Stau, er ist der Stau!

Autos mit schlechter Bilanz

Dass sich die Erkenntnisse der Forscher mit den Alltagsbeobachtungen decken, wissen die Autofahrer natürlich selbst am besten. Und sie wissen auch, was Oberbürgermeister Siegfried Balleis bei der Beobachtung des morgendlichen Staus aus dem Landkreisosten in die Stadt hinein festgestellt hat: In den Autos sitzt viel zu häufig nur eine Person – 1,5 Tonnen Stahl bewegen auf einer unglaublich teuren Infrastruktur gerade mal 80 kg Mensch. Während Balleis in den letzten Jahren der Debatte um eine Bahn allerdings zum Ergebnis kam, man könne die miserable Beförderungsbilanz des Individualverkehrs durch den Ausbau des Busnetzes hin zu einem „regional optimierten Bussystem“ (RoBus) verbessern, halten die Bürgerinitiative, der VCD, aber auch die Erlanger Stadtplaner sowie die Fachleute vom Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) an der Schiene fest: Schneller sei sie, leistungsfähiger, attraktiver und umweltfreundlicher.

Unterstützung finden sie dabei auch bei Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der eine Vernetzung der Großstädte Nürnberg und Erlangen mit der „Weltstadt“ Herzogenaurach (mit ihren weltweit agierenden Konzernen) für unerlässlich hält und von den Gegnern der StUB ins Feld geführte Kostenargument wenig hält: Wenn man sich erst einmal dazu entschlossen habe, ein derart ambitioniertes Infrastrukturprojekt zu beginnen, finde sich sehr wohl eine Finanzierung.

Ins Wanken geraten ist – zumindest bei Siegfried Balleis – die anhaltende Skepsis der StUB gegenüber: Diese Skepsis richtete sich allerdings nie gegen das „System StUB“, wie er immer betont, sondern gegen die Bau- und Unterhaltskosten der Bahn. Aber die Vorstellung, dass im Erlanger Stadtsüden ein neuer Stadtteil entstehen könnte, der nicht nur weit über 10000 Arbeitsplätze bietet, sondern auch eine Wohnbevölkerung von bis zu einigen tausend Menschen haben könnte, lässt ihn daran denken, dass eine Straßenbahn vielleicht doch die sinnvollste Anbindung sei. Den Begriff „Campus-Bahn“ hält Balleis deshalb für angemessen, weil er begrifflich den neuen Stadtteil wie das Universitäts-Südgelände als Ziel der Bahnlinie beinhaltet. Und: Campus-Bahn klingt einfach auch schicker als StUB.

„Umdenken“ begrüßt

Die Bürgerinitiative jedenfalls begrüßt „das Umdenken“ des OB und seinen Vorschlag, den geplanten Siemens-Campus durch die Stadt-Umland-Bahn zu erschließen. Allerdings, so die BI-Vorsitzende Ester Schuck, sehe die BI durch die Planung der Siemens AG keine „völlig neue Situation“, sondern die Möglichkeit, ein sinnvolles und notwendiges Projekt noch besser zu machen. Das bisherige Konzept, das vom Bund in das Förderprogramm aufgenommen wurde, sei das T-Netz mit der Anbindung des Zentrums und der Erschließung des östlichen und westlichen Umlandes. Dieses Netz sei grundsätzlich sinnvoll, sagt die BI-Vorsitzende.

In der aktuellen Planungsphase müsse jetzt geprüft werden, wo durch Optimierungen in Linienführung und Haltestellenlage eine größere Wirksamkeit der Investition erreicht werden kann. Die bessere Erschließung des Siemens-Campus sei eine dieser Fragen. Auch über eine direkte Anbindung von Herzogenaurach an das Siemens-Süd-Gelände sollte nachgedacht werden – ältere Überlegungen über den Streckenverlauf der Stadt-Umland-Bahn hatten mit dem Anger-Gebiet und dem Siedlungsschwerpunkt Bruck-Nord schon immer mehr erreichbare Wohnbevölkerung im Blick als jüngere Planungsvarianten.

Die BI befürchtet allerdings, dass es durch einen Neubeginn der Planung zu Verzögerungen kommen könne. Derweil könne man sich aber bei den großen Arbeitgebern Siemens, Areva und Uni Gedanken darüber machen, wie ein wirksames Mobilitätsmanagement die Einführung der Campus-Bahn befördern könne.

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