Heimat — ein Begriff mit neuer Leuchtkraft
9.7.2018, 14:30 UhrGleich zu Beginn gab die Böhmische Blasmusik von "BlechKLANG" unter der Leitung von Hans Eichinger ihre heimatliche Visitenkarte ab und der Sudentdeutsche Volkstanzkreis Lauf-Eckental unter der Regie von Christl Hanisch-Gerstner zeigte optisch und musikalisch, wo ihre Wurzeln zu Hause sind.
Christa Matschl, UdV-Landesvize begrüßte die rund 100 Zuhörer und die Diskussionsteilnehmer Bernd Posselt (UdV Landesvorsitzender), Sylvia Stiersdorfer (MdL), Prof. Dr. Andreas Otto Weber (FAU) und Markus Goller (stellvertretender Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerkes). "Heimat", so Matschl, "blieb lange Zeit für viele Deutsche ein schwieriges Thema auf Grund unserer deutschen Geschichte". Der Begriff Heimat ist für Matschl von Emotionen geprägt und hat sich im Laufe der Jahre stark gewandelt. "Heimat bedeutet für mich", fuhr Matschl fort, "Kindheit, Familie, Gemeinschaft, Religion, Tradition, Sprache. Heimat vermittelt uns Positionen, wie Vertrautheit, Geborgenheit, Sicherheit und bildet einen Orientierungspunkt an den wir uns festhalten können und der uns Kraft gibt."
"Heimat vermisst man, wenn man sie nicht mehr hat"
Als Moderator fungierte der Bundesgeschäftsführer der Sudetendeutschen Landsmannschaft Christoph Lippert. Auch Lippert gab, bevor er in die Diskussionsrunde einstieg, ein Statement für seinen Begriff von Heimat ab, welches mit dem Satz endete: "Heimat vermisst man, wenn man die Heimat nicht mehr hat." Zum Auftakt der Diskussionsrunde stellte der UdV Landesvorsitzende Posselt fest: "Auch mehr als 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Thema Vertreibungen hochaktuell. Die Vertriebenen fungieren vielfach als Bindeglied zwischen ihren Heimatländern und Deutschland." Und sie wenden sich, wie er feststellt, auf beiden Seiten entschieden gegen alle Vertreibungen. Heimat ist für Posselt keine Gefühlsduselei, "Heimat ist auch in der modernen Gesellschaft sehr kostbar und muss gepflegt werden."
"Was man als Heimat empfindet", so MdL Sylvia Stiersdorfer, "kann sich wandeln. Den allermeisten Vertriebenen und Aussiedlern ist Bayern längst Heimat geworden. Sie leben gerne hier und haben eine tiefe emotionale Bindung an das Land, in dem ihre Kinder und Enkel groß geworden sind. Aber auch die alte Heimat ist heute weniger fern, als sie es in den düsteren Zeiten des Kommunismus war." Die Beauftragte der Staatsregierung stellte weiterhin fest: "Die alte Heimat erstrahlt heute nicht überall, aber vielerorts in neuem Glanz. Und sie ist heute Heimat von Menschen geworden, die sich für die deutsche Vergangenheit der Orte, in denen sie leben, interessieren. Junge Tschechen, Polen oder Rumänen empfinden das deutsche Kulturerbe als Bereicherung. Das verbindet sie mit den Aussiedlern und heimatvertriebenen." Stiersdorfer schloss mit dem Satz: "So wird die alte Heimat zum Bindeglied in Europa, zu dem Ort, von dem aus und an dem Verständigung und Versöhnung gelingen kann."
Markus Goller, Pfarrer von Fürth beleuchtete das Thema Heimat von der kirchlichen Seite. "Für mich gehört zum Thema Heimat auch die Religion. Es ist ein Dreiklang, eine Harmonie, die sich gegenseitig braucht: Die Menschen, der geografische Ort und die Religion. Das ist, was ich Heimat nenne. Es ist der gemeinsamen Religion und dem christlichen Wertekonsens zu verdanken, dass es heute Annäherung, Aussöhnung und gutes Miteinander auf vielen Ebenen gibt." "Ich glaube an die Zukunft Europas", fuhr Goller fort, "an ein Europa von Menschen, die sich an ihren Orten ihrer Geschichte und ihrer Religion bewusst bleiben."
Europäischer Gedanke im Vordergrund
Auch Andreas Otto Weber, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität, ohne sudetendeutsche Wurzel, hat Geschichte studiert, um seine Heimat kennen zu lernen. Weber stellte in Bezug auf den Begriff "Wandel" auch den europäischen Gedanken in den Vordergrund, indem er feststellte: "Meine Heimat ist ein Europäisches Zentrum".
In der anschließenden Diskussion mit den Zuhörern stellten sich doch positive und negative Denkweisen heraus, wobei UdV-Vorstand Posselt immer darauf hinwies, dass auf beiden Seiten in Bezug auf "Heimat und Wandel" viel in Bewegung ist.
Auch in Tschechien wird die Vertreibung nicht verschwiegen, und der Direktor des Hauses des Deutschen Ostens Professor Weber ergänzte zum Schluss "Wir müssen Europa für die Jugend begeistern, es ist schon viel Positives da und mit gutem Willen kommen wir auch voran."
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