Hohe Auszeichnung für einen Netzwerker

28.10.2013, 12:50 Uhr
Hohe Auszeichnung für einen Netzwerker

© Harald Sippel

Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Schon vor der Verleihung des Goldenen Ehrenrings nahm ein Juwelier an Erich Reinhardts linkem Ringfinger Maß und ermittelte die exakte Größe. Jetzt, beim Festakt im großen Sitzungssaal des Rathauses, zieht der frühere Siemens-Vorstand den schweren goldenen Ring an, als hätte er es jeden Tag schon so getan. Passt.

Eigentlich sei er kein Mensch, der sich mit Ringen schmückt, gesteht er beim anschließenden Empfang im Erlanger Rathaus. Zum Beweis wirft er seine Hände nach oben. Nicht einmal ein Ehering befindet sich am Finger, obwohl Reinhardt seit Jahrzehnten glücklich verheiratet ist.

Es ist eine unaufgeregte Bescheidenheit, die den 67-Jährigen auszeichnet und die immer wieder zwischen den Zeilen der Laudatio anklingt, in der OB Siegfried Balleis ein Loblied auf den gebürtigen Schwaben singt. Reinhardt ist ein Mann der leisen Töne, kein Karrierist, auch wenn seine berufliche Vita eigentlich eine andere Sprache spricht.

1946 im baden-württembergischen Öhringen geboren, studierte Reinhardt Elektrotechnik und forschte am Institut für physikalische Elektronik an der Universität Stuttgart. 1983 kam er nach Erlangen zur Siemens AG. Nach einem Auslandseinsatz als Chef der Siemens-Landesgesellschaft Indien kehrte er nach Erlangen zurück und avancierte 1994 zum Vorsitzenden des Bereichsvorstandes Medical Solutions. 2001 wurde er in den Vorstand der Siemens AG berufen.

„Bei Medical Solutions warteten große Herausforderungen auf Sie“, erinnert sich Oberbürgermeister Siegfried Balleis in seiner Ansprache. Und in der Tat hatte der Siemens-Bereich damals große Probleme. Medical Solutions hatten viele bereits abgeschrieben. Es drohte der Verkauf. Doch der damalige Siemens-Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer und Reinhardt blieben standhaft. Der schwäbische Professor startete ein Restrukturierungsprogramm, das „den auf dem Boden liegenden Geschäftsbereich in der Folgezeit zu einem Motor und einer Ertragsperle des Siemens-Konzerns machte“, so Balleis in seiner Laudatio.

Mit der Entscheidung der Siemens AG, in der Hugenottenstadt 200 Millionen Mark zu investieren und eine hochmoderne Fertigungsanlage für Magnetresonanz-Tomographen zu bauen, stellte der Konzern die Weichen, den Standort Erlangen in ein Kompetenzzentrum für Medizintechnik zu wandeln. Dabei immer mittendrin: der „Teamplayer und Netzwerker“ Erich Reinhardt.

Als dieser aus der Siemens AG ausschied, sah Balleis die Chance gekommen, Reinhardt für den Vorstandsvorsitz für den Verein Medical Valley zu gewinnen. Doch der ließ sich Zeit. Ein halbes Jahr lang versuchte Balleis, den Topmanager zu überreden. Im Dezember 2007 willigte Reinhardt schließlich ein. Die Erleichterung darüber ist dem OB noch heute anzumerken.

„Ihre einzigartigen Kenntnisse des nationalen und internationalen Gesundheitsmarktes, Ihre jahrzehntelangen engen Kontakte zu den ,Playern‘ im Gesundheitswesen — auch der ganz großen —, Ihr ausgeprägter analytischer Sachverstand und Ihre Fähigkeit, Innovationen voranzutreiben und die Menschen zu begeistern und mitzunehmen, sind von unschätzbarem Wert“, würdigt Balleis Reinhardts damalige Entscheidung.

Mittlerweile hat Reinhardt auch im Medical-Valley-Verein ganze Arbeit geleistet. Heute koordiniert der Lenkungsausschuss des Vereins 45 Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 80 Millionen Euro. Aus den anfangs 30 Mitgliedern im Jahr 2009 ist der Verein im Laufe der Jahre auf mittlerweile 150 Mitglieder angewachsen.

Beinahe ein wenig verlegen nimmt Reinhardt die Auszeichnung entgegen. Sie sei ein „Zeichen der Verbundenheit“ mit ihm, die ihm gut tue. Er lobt aber auch die besondere Atmosphäre Erlangens, wo sich „fachliche Kompetenz und der Wille zur Zusammenarbeit“ träfen. Das sei es, was ihn motiviere.

Auf dem Erreichten sich auszuruhen, ist Reinhardts Sache nicht. An die Festgesellschaft appellierte er deshalb: „Wir müssen alles tun, um die besten Köpfe nach Erlangen zu holen. Denn nur Innovationen schaffen Wachstum und Beschäftigung.“ Es bleibt spannend.

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