„Ich muss mit Farben arbeiten“
11.09.2012, 00:00 Uhr
Wer bei Mirjami Ärmänen im Eckentaler Ortsteil Eckenhaid läutet, merkt schnell, dass es die pensionierte Kunstlehrerin gewöhnt ist, Menschen durch ihr selbst entworfenes Bio-Blockhaus zu führen. Rund 300 Besucher schleust sie allein an den alljährlich im Juni stattfindenden Kunsttagen durch ihr Anwesen. Daneben ist Ärmänen in zwei Gartenführern vertreten und zeigt Interessierten gerne ihren verwunschenen Naturgarten, der mit zahlreichen Kunstwerken ge-schmückt ist.
Bleche und Kabelstücke
Diese sind vor allem vom Recycling-Gedanken inspiriert – aus blauen, grünen und weißen Verpackungsbändern hat die Künstlerin zum Beispiel „Paradiesvögel“ und lebensgroße Figuren gefertigt; Bleche und Kabelstücke ergeben außerirdisch anmutende Wesen. Gartenhaus, Regentonne und Wände sind mit farbenfrohen, märchenhaften Motiven bemalt. „Egal, was ich mache, ich muss immer mit Farben arbeiten“, erklärt Ärmänen. „Grau mag ich nicht.“
Das Konzept setzt sich im Haus konsequent fort. Das in Grün-, Blau- und Rottönen gehaltene Wohnzimmer beispielsweise wirkt wie ein einziger Farbrausch. Bunte, teils selbst geschliffene Gläser in einer Vitrine und auf der Fensterbank werden vom Sonnenlicht durchflutet, vor Schränken und Regalen hängen bedruckte Stoffe, die mitunter selbst gewebten Teppiche auf dem Boden zeigen Farbverläufe. Ruhepol im Raum ist ein großer, runder Tisch, dessen massive Holzplatte auf einem abgesägten Kirschbaumstamm ruht. „Seit meiner Kindheit sammle ich interessante Hölzer“, berichtet die 1939 in Karelien geborene Kreative.
Leinwand-Impressionen von ihrer heute in Russland liegenden Heimat zeigen weite Wälder, blühende Felder, stille Seen, aufgetürmte Wolken und Wellen. „Am Anfang haben mir die finnischen Seen gefehlt“, erinnert sich Ärmänen an ihre ersten Jahre in Franken. „Aber die vielen Fischweiher boten mir Ersatz. Ich liebe die Landschaft hier am Tor zur Fränkischen Schweiz.“ Wie zum Beweis demonstriert die Malerin zahlreiche Studien der näheren Umgebung, die bevorzugt während der Kirschblüte und im Herbst entstanden sind.
„Sehr gerne habe ich außerdem Menschen gemalt und hauptsächlich starke Frauen“, schildert Ärmänen, die sich derzeit vor allem damit beschäftigt, im Eigenverlag Bücher herauszubringen. Unter dem Pseudonym Miri Määr veröffentlicht sie beispielsweise ihre bereits im Kunststudium in Berlin verfassten und illustrierten Märchen. Außerdem hat die gebürtige Finnin ihr am Waldrand gelegenes Haus samt Garten fotografiert und daraus einen Bildband gemacht.
„Ich bin sehr umweltbewusst“, betont die Eckenhaiderin und präsentiert stolz ihre Solarheizung und ihre selbst konstruierte Regenwasser-Klospülung. Im Garten wachsen überwiegend wilde Blumen und Pflanzen, um heimischen Tierarten einen Hort zu bieten. Denn: „Das Artensterben fängt im Privatgarten an“, ist Ärmänen überzeugt. Immer wieder findet diese Naturverbundenheit Einfluss in ihre Kunst, sei es in aus Leinen und Birkenrinde gewebten Stoffen oder in umweltkritischen Bildern. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt der Betrachter eines akkuraten Stilllebens etwa, dass der Vogel auf der reich gedeckten Tafel verendet und das Wasser im edlen Pokal verseucht ist.
Wie viele regionale Künstlerinnen mit Migrationshintergrund hat auch Ärmänen einst die Liebe nach Deutschland geführt, wo sie von 1961 bis 1968 in Westberlin Kunsterziehung studierte. Es folgten Stationen in New York, Mexiko und Brasilien, ehe sich die Pädagogin 1971 in Mittelfranken niederließ, um zunächst am Fürther Helene-Lange-Gymnasium und später am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Alterlangen zu unterrichten. „Ich zog von einem Land ins andere“, resümiert Ärmänen, die bereits als kleines Mädchen Karelien in Richtung Westfinnland verlassen musste. „Irgendwann ist die Welt dann sehr ähnlich, wenn man schon die Hälfte gesehen hat.“ Deshalb fahre sie mittlerweile nicht mehr gerne weg, sagt die Künstlerin, die es früher oft nach Griechenland zog, und bemerkt: „Wenn ich heute hier in das nächste Dorf gehe, denke ich manchmal, ich bin verreist.“www.mirjami-aermaenen-kunst.de
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