Interview mit Sebastian Hahn: "Privatsphäre ist Grundrecht"
3.7.2014, 10:43 UhrZum Artikel: Erlanger Student gerät ins Visier der NSA
Sie sind nun neben Angela Merkel das einzige namentlich bekannte Opfer von NSA-Überwachung in Deutschland. Wie fühlt sich das an?
Die Qualität der Ausspähung ist eine ganz andere, daher bin ich kein Freund von diesem Vergleich. Jeder Deutsche ist täglich von ungerechtfertigten Überwachungsmaßnahmen betroffen, ohne dass es bekannt wird. Der Einzelfall mag zwar gut für Schlagzeilen sein; die riesige Dimension der Überwachung und die fehlenden Schutzmaßnahmen insbesondere für technisch unbedarfte Menschen sind der eigentliche Skandal. Ich bin schockiert darüber, wie einfach Unschuldige in den Fokus der Überwachung geraten können, und mit welcher Selbstverständlichkeit die Geheimdienste vorgehen.
In den Augen des Geheimdienstes sind Sie offenbar ein "Extremist" - nur, weil Sie Ihr Privatssphäre und die anderer schützen möchten. Wie geht es Ihnen damit?
Das Wort Extremist ist nicht direkt im Zusammenhang mit mir gefallen, gleichwohl sind Menschen betroffen, die wie ich daran arbeiten, der Welt ein Stück Freiheit im Internet zurückzugeben. Privatsphäre ist Grundrecht, kein verschrobenes Ziel sogenannter Extremisten.
Haben Sie damit gerechnet, dass die NSA an Ihren Daten und Informationen interessiert sein könnte?
Es war seit den Leaks von Edward Snowden leider abzusehen, dass sich Geheimdienste für die Arbeit von Anonymisierungsnetzwerken interessieren - soviel zeigten allein die aufgetauchten Folien. Dass es soweit gehen könnte, die Server der Betreiber verdachtsunabhängig zu überwachen, ist eine Qualität, mit der man nicht unbedingt rechnen konnte.
Welche persönliche Konsequenzen ziehen Sie daraus, im Visier der NSA zu sein?
Ich fühle mich bestätigt auf meinem Weg. Nur durch aktives Handeln lässt sich unsere Demokratie langfristig verteidigen. Demokratie braucht Privatsphäre und Sicherheit in der Kommunikation.
Wo haben Sie den Server für das Tor-Netzwerk betrieben? Welche Rolle haben Sie im Netzwerk gespielt?
Der Server steht in einem Rechenzentrum in Nürnberg. Wo genau der Server steht, ist allerdings irrelevant - Benutzer aus der ganzen Welt sind eingeladen, ihn dazu zu benutzen, ihre persönliche Kommunikation sicherer zu machen. Der Server nimmt im Tor-Netzwerk eine besondere Rolle ein, er hilft bei der Verwaltung der mehreren Tausend anderen Tor-Server. Aus diesem Grund ist er auch eines der lohnenswertesten Ziele.
Werden Sie weiterhin aktiv bleiben?
Meine Aktivitäten im Tor-Netzwerk werde ich selbstverständlich fortsetzen, und ich werde weiterhin dafür werben, dass andere es mir gleich tun.
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