Jetzt kommt der erste Stadtteilbeirat in Erlangen

28.7.2016, 15:38 Uhr
Jetzt kommt der erste Stadtteilbeirat in Erlangen

© Foto: Hans von Draminski

Bei der SPD steht in den Unterlagen für die heutige Sitzung noch kein einziger Name; stattdessen findet sich dort sechs Mal N.N., die Abkürzung für das Lateinische „Nomen Nominandum“, also „noch zu nennende Namen“. Fehlen den Sozialdemokraten somit ausreichend Interessenten für das Ehrenamt? „Aber nein“, antwortet die Fraktionsvorsitzende Barbara Pfister.

Bis zum Druck der Sitzungsvorlage sei die Auswahl der drei Mitglieder und ihrer Stellvertreter noch nicht abgeschlossen gewesen. Inzwischen aber hat die SPD ihre Kandidaten benannt. Die Resonanz auf eine Mitarbeit sei riesig, sagt Pfister. Schon jetzt meldeten sich Bewohner aus anderen Stadtteilen, die auch mitmachen wollten. Denn die Einflussmöglichkeiten seien groß. Das zeigten die Erfahrungen in den Ortsbeiräten. „Wenn die Mitglieder in Tennenlohe oder Eltersdorf auf ein Problem hinweisen, nimmt der Stadtrat das natürlich zur Kenntnis“, sagt die SPD-Fraktionschefin. Oft würde mit entsprechenden Maßnahmen Abhilfe geschaffen.

Die Beiräte, die für ihre Ernennung übrigens nicht Parteimitglied sein müssen, seien viel näher an den Menschen und somit in der Lage, Stimmungen vor Ort besser auszuloten: „50 Stadträte können nicht mit allen Erlangern reden, da sind unsere Möglichkeiten begrenzt.“ Deshalb erhofft sich Pfister, dass die neuen Stadtteilbeiräte das Ohr ganz an den Bedürfnissen der Bewohner haben — auch wenn die Ehrenamtlichen, ganz klar, eben kein Stadtratsmandat haben.

Die CSU hingegen hatte ihre drei Favoriten (plus drei Ersatzleute) für das Mitspracheorgan pünktlich zum Redaktionsschluss angegeben: es sind fünf Männer und eine Frau. „Wir hatten keine Probleme, jemanden für das Gremium zu finden“, sagt daher auch die Fraktionsvorsitzende Birgitt Aßmus. Die Beteiligten freuten sich schon auf ihre Aufgabe. Die Stadtteilbeiräte seien ein weiterer Schritt hin zu mehr Mitbestimmung: „Wenn wir Bürgerbeteiligung ernst nehmen, müssen wir auch die Betroffenen hören.“

Die Erlanger Linke (Erli) hat ihr Mitglied (plus Vertreterin ) für die Stadtteilbeiräte im Gebiet Anger/Bruck ebenfalls benannt. Für Stadtrat Johannes Pöhlmann ist die Einführung eine „positive Sache“. Doch verweist er auf zwei Schwierigkeiten.

Leichte Sprache gefordert

Zum einen, erläutert der Erli-Stadtrat, hänge die Effizienz des Gremiums davon ab, wie verständlich städtische Unterlagen formuliert seien. So manche Vorlage müsse man erst entschlüsseln. Bei Dokumenten für Stadtteilbeiräte, die beim Entziffern nicht die Erfahrung wie Stadträte mitbringen, sollte man verstärkt auf Formulierungen in so genannter Leichter Sprache zurückgreifen. Zudem sei der Erfolg des Gremiums davon abhängig, wie der Stadtrat mit dessen Votum umgehen: „Man muss sich ernsthaft mit den Argumenten auseinandersetzen.“

Wie das dann aussieht, wird sich bald zeigen. Schon im Oktober soll der erste Stadtteilbeirat starten: In Anger/Bruck geht es los, im ersten Quartal 2017 folgt dann Erlangen-Ost, Büchenbach im zweiten Quartal 2017, danach Innenstadt und Erlangen-Süd (drittes Quartal). Der Stadtteilbeirat, der als Letzter seine Arbeit aufnimmt, ist Alterlangen im vierten Quartal 2017.

Die Verteilung der Sitze errechnet sich an den Wahlergebnissen in den Stadtteilen. Im Gremium Anger/Bruck werden CSU und SPD über jeweils drei Vertreter verfügen, Grüne Liste, FDP und Erlanger Linke haben jeweils einen Sitz. Das heißt: Nach der aktuellen politischen Arithmetik verfügt die rot-grün-gelbe Ampelkoalition über eine Mehrheit von 5:4-Stimmen. Auch in den übrigen Stadtteilbeiräten vereinigt das Rathausbündnis die Mehrheit der Stimmen auf sich. Im Stadtteilbeirat Alterlangen wird auch ein Vertreter die Interessen der ÖDP wahrnehmen. Frank Höppel (ÖDP) befürwortet die Stadtteilbeiräte, betont aber auch, dass deren Arbeit ernst genommen werden muss, damit nicht — wie immer mal wieder bei den Ortsbeiräten — das Gefühl entstehe, übergangen worden zu sein.

Lars Kittel, der Fraktionsvorsitzende der FDP, versteht das neue Instrument als „Chance, deutlich näher an die Menschen heranzurücken“. Eine Chance, die die Liberalen gerne schaffen möchten, auch wenn es für kleinere Parteien wie die FDP nicht so einfach sei, geeignete Leute zu finden, die die zeitaufwendige ehrenamtliche Arbeit in den Beiräten übernehmen.

Ähnlich argumentiert Julia Bailey, die Fraktionsvorsitzende der Grünen Liste (GL). Der GL-Spitzenfrau geht es auch um weitere Partizipation. Die Stadtteilbeiräte seien „Mittel zur Aktivierung der Bürger, sich für ihrer Umgebung einzusetzen.“ Bailey hofft, so der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Die Grüne Liste ist — wie die anderen Parteien — gerade dabei, „Namen für die Ortsteilbeiräte“ zu sammeln. „Es sieht gut aus“, ist das bisherige Fazit Baileys.

In der heutigen Sitzung wird es das erste Mal ernst. Dann sollen die Mitglieder für den Stadtteilbeirat Anger/Bruck offiziell berufen werden.

 

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