Kläranlage ist die teuerste Einrichtung Erlangens
18.7.2017, 06:00 Uhr"Wenn wir net da wär’n, wär‘ scho Cholera und Pest da", sagt Wolfgang Fuchs in seiner Begrüßung. Er ist seit 2003 Werksleiter der Erlanger Kläranlage. Es haben sich hier etwa 20 interessierte Möhrendorfer Bürger und fünf Gemeinderäte zu einer Führung eingefunden. Eingeladen hat der ebenfalls anwesende Bürgermeister von Möhrendorf, Thomas Fischer, auf Initiative der Grünen-Fraktion. Ein Klärwerk ist die teuerste Einrichtung einer Stadt und "ökologisch fast unabdingbar", erklärt Fuchs weiter. Seit er der Leiter ist, wurden hier 80 Millionen Euro investiert. Neben der Stadt Erlangen sind auch noch 50.000 Einwohner und verschiedene Gewerbebetriebe aus dem Umland angeschlossen.
Die Führung über das Werksgelände übernimmt der Verfahrenstechniker Frank Prottengeier. Er zeigt zunächst die Stelle, wo die gesamte angeschlossene Kanalisation zusammentrifft. Ein Blick in den Schacht offenbart einen dunklen Fluss, der eilig dahin fließt. Bis zu 1845 Liter in der Sekunde kann die Kläranlage aufnehmen. Die Spanne ist aber sehr groß, sagt Prottengeier, in einer trockenen Sommernacht kommen gerade mal 250 bis 300 Liter pro Sekunde an.
Erstaunlich ist, dass kaum etwas von dem berüchtigten Geruch "der Organik", wie man es wissenschaftlich-elegant nennt, zu merken ist. Nur im Rechenhaus riecht es wirklich "nach Gully", allerdings in einem gut erträglichen Maß. Hier wird alles herausgefiltert, was größer als sechs Millimeter ist. Durch die Glasscheiben der Auffangbehälter kann man sehen, was da zurückbleibt: Es ist vor allem – wenig überraschend – Toilettenpapier. "Wir hatten da aber auch schon ein Kantholz drin", erzählt der Verfahrenstechniker. Der Inhalt der Behälter wird gepresst und anschließend verbrannt. Pro Woche werden so zwei Container voll.
Nachdem Sand und Fett abgefangen wurden, wird das Wasser in Becken geleitet, wo sich nicht gelöster Kohlenstoff absetzt. Enthaltenes Nitrat wandelt sich in Stickstoff um und entweicht in die Luft. Die nächsten Becken sind von Bakterien besiedelt, die Ammonium fressen, ein Stoff, den der Mensch ausscheidet. Je höher die Temperatur, desto effektiver arbeiten die Bakterien. Der Nachteil: "Der Geruch ist im Sommer schon etwas intensiver – besonders nach einer langen Trockenperiode", weiß Prottengeier zu berichten.
Schlammschicht wird entfernt
Die Bakterien bilden eine Schlammschicht, die regelmäßig entfernt werden muss. Der Verfahrenstechniker zeigt den Keller mit den Pumpen, die den Schlamm in gigantischen Rohren aus den Becken befördern. Die Maschinen dröhnen so laut, dass sich einige der Besucher dankbar am Ohrenstöpselautomaten bedienen. Die nächste Station des Abwassers ist das riesige, kreisrunde Nachklärbecken. Auch hier setzt sich noch einmal Schlamm ab. Im Durchmesser verläuft die "Räumerbrücke", die sich ganz langsam im Kreis bewegt. An deren Enden sind zwei "überdimensionale Toilettenbürsten" befestigt, die die Rinne reinigen, über deren Rand das jetzt glasklare Wasser läuft. Es wird anschließend in die Regnitz eingeleitet.
Zur Kontrolle gibt es einen Karpfenteich: Einmal im Jahr werden die Tiere geschlachtet, um zu überprüfen, ob sich aus dem geklärten Wasser Schadstoffe in ihrem Körper eingelagert haben. Bisher gab es nie Auffälligkeiten. Ob bei der Wasseraufbereitung auch Medikamenten- und Hormonrückstände aus dem Wasser entfernt werden, will eine Teilnehmerin wissen. Der Verfahrenstechniker Prottengeier antwortet, die Bakterien würden die Spuren von Arzneien oder Glyphosat zwar reduzieren, ganz herausgefiltert würden sie aber nicht. Es sei zwar technisch möglich, "aber wir können nicht mehr machen als vorgeschrieben ist".
Denn: Das würde natürlich noch mehr kosten, dafür müsste der Stadtrat erst Mittel freigeben. Es gebe Gemeinden, die das tun, meint er.
Interessierte Gruppen können sich zwecks einer Führung direkt an die Kläranlage wenden: Telefon (0 9131) 86 23 46
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