Massen-Unfälle auf der A3: Tausende Autofahrer schmoren in der Hitze
30.6.2019, 16:13 UhrDie Blechlawine steht akkurat in zwei Reihen. Hunderte Wagen strandeten auf der A3 zwischen den Ausfahrten Höchstadt-Nord und der Rastanlage Steigerwald, dazwischen wandeln immer wieder Menschen. Sie telefonieren, quetschen sich in den Schatten der Bäume, die entlang der Fahrbahn stehen. Sie müssen warten. Gleich drei Unfälle sorgten am Sonntag für eine Komplettsperre der A3 in Richtung Westen. Viele der Autofahrer sind Urlauber, die aus fernen Bundesländern aufbrachen oder auf dem Weg zurück sind. Der ADAC warnte bereits Mitte der Woche vor enormen Staus in Bayern, denn etwa in Hessen und Rheinland-Pfalz begannen die Sommerferien. Massen-Unfälle wie die, die ihren Anfang in der Nähe der Rastanlage Steigerwald nahmen, sorgen in so einer angespannten Lage oft für den Kollaps.
"Im Stau waren bis zu 3000 Fahrzeuge", sagt Wolfgang Baer. Er ist Sprecher der Verkehrspolizei Erlangen. "Uns war ganz wichtig, zusammen mit BRK und Feuerwehr hier vor Ort die Versorgung der Fahrzeuginsassen zu ermöglichen. Das hat wunderbar geklappt." 1000 Flaschen Mineralwasser verteilte man etwa an wartende Autofahrer, die in der brütenden Hitze drei Stunden ausharren mussten. Erst am frühen Nachmittag habe man wieder eine Spur freigeben können, doch Experten vermuten, dass es noch den ganzen Tag zu Problemen kommen dürfte. Der Stau hat sich auf den kompletten Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen ausgewirkt.
Es begann mit einem Unfall in der Nähe der Rastanlage Steigerwald. In den frühen Sonntagmorgenstunden war auf der A3 zwischen den Anschlussstellen Höchstadt und Schlüsselfeld eine vierköpfige Familie aus Nordrhein-Westfalen verunglückt. Wie die Polizei mitteilt, war der Vater der Familie, der am Steuer saß, aus bisher ungeklärter Ursache von der Fahrbahn abgekommen, der VW prallte frontal gegen einen Brückenpfeiler. Der Mann schwebt in Lebensgefahr, seine Ehefrau erlitt schwere Verletzungen, zwei kleine Kindern wurden vorsorglich in eine Klinik gebracht. Der Verkehr stand still.
"Mit voller Wucht in einen Sattelzug"
Wenig später übersah, das zumindest ist die erste Erkenntnis der Polizei, ein 53-Jähriger aus Hessen das Stauende. Mit hoher Geschwindigkeit verzog er seinen Wagen, um einen Aufprall zu verhindern - touchierte dabei aber drei Autos, bevor er "mit voller Wucht in einen Sattelzug prallte", wie es in einer Pressemitteilung der Verkehrspolizei heißt. Der Mann wurde bei dem Unfall schwer verletzt, auch Lebensgefahr konnten die Rettungskräfte zunächst nicht ausschließen - deshalb wurde er mit einem Rettungshelikopter in eine nahegelegene Klinik geflogen. Mittlerweile ist der 53-Jährige stabilisiert. In einem der anderen Autos saß auch eine hochschwangere Frau. Auch sie wurde vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht.
Die Bergung gestaltete sich aufwendig. Sowohl drei Autos als auch der Sattelzug wurden bei der Kollision erheblich beschädigt. Außerdem berief die Staatsanwaltschaft einen Gutachter an die A3, der den Hergang rekonstruieren soll. Währenddessen bildete sich ein langer Stau. Zwei Folgeunfälle verschärften die Situation auf der Hauptverkehrsachse durch Franken weiter.
"Nicht alle haben unbedingt Getränke dabei"
"Wenn wir mal mit so zwei bis drei Mann Besatzung im Fahrzeug rechnen, reden wir hier von mindestens 5000 bis 6000 Leuten, die wir zu betreuen hätten", sagt Harald Trautner vom BRK, er war der Organisatorische Leiter des kleinen Krisenstabes. Dass die Polizei vergleichsweise schnell wieder eine Spur öffnen konnte, habe die Situation enorm entspannt. 50 Einsatzkräfte mit insgesamt 18 Fahrzeugen waren für die Betreuung abgestellt. "Nicht alle haben unbedingt Getränke dabei", sagt Trautner. "Sie wollten vielleicht an der Rastanlage etwas holen."
Dabei kam es auch zu kuriosen Szenen - und einem Musterbeispiel an Zivilcourage. Die Leitung eines Reisebusses, der ebenfalls im Stau stand, verteilte - bevor das BRK eingreifen konnte - bereits Getränke an Wartende. "Wir haben eine Klimaanlage und genug dabei, sodass wir unsere Leute versorgen können", erklärt Jutta Gahler, die mit der Reisegruppe als Begleiterin an die Mosel fuhr. Autofahrer seien an den Bus gekommen, um nach Wasser zu fragen. "Das haben wir dann gemacht."
Nach fünf Stunden konnte die Polizei die Sperrung der Fahrbahn aufheben. Bis sich der Stau aber auflöst, dürfte noch einige Zeit vergehen. Die Ermittlungen, wie es zu den drei Unfällen kommen konnte, laufen.
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