OB-Wahl in Erlangen: Wie halten Sie es mit dem Klimaschutz?
8.2.2020, 06:00 UhrAm 15. März wählen die Erlangerinnen und Erlanger neben den Mitgliedern des Stadtrates auch den oder die Obermeister/in. In Zusammenarbeit mit Werkstatt Demokratie, einer Initiative unter dem Dach von Bildung Evangelisch, stellen in den nächsten Wochen bis zur Wahl Experten den Kandidatinnen und Kandidaten, die sich um das Amt des Stadtoberhauptes bewerben, Fragen zu den wichtigsten kommunalpolitischen Themen.
Kommunalwahl 2020: In diesen Städten wird es spannend
Den Anfang zum Themenkomplex "Klima" macht Tessa Demleitner (Schülerin, Fridays for Future Erlangen): Welche konkreten Zusagen zum Klimaschutz machen Sie den 3500 Demonstrant*innen des letzten Klimastreiks vom 29. November 2019? Und wie sorgen Sie dafür, dass der Klimanotstand tatsächlich Leitmotiv der künftigen Kommunalpolitik wird?
Jörg Volleth (CSU): "Vorneweg möchte ich erklären, dass ich die Situationsbeschreibung für überzogen und sehr einseitig halte. Klimaschutz ist für mich sehr wichtig und auch ich möchte meinen Beitrag dazu leisten. Wir haben zu einer Klimaoffensive aufgerufen und Maßnahmen aufgezeigt, die sofort umgesetzt werden können. Jeder einzelne von uns kann seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wer Klimaschutz will, muss bereit sein, sein Leben umzustellen. Dies betrifft alle Bereiche des Lebens, wie Wohnen, Ernährung, Mobilität, Freizeitverhalten. Als Kommune müssen wir mit guten Beispiel vorangehen. Wir müssen mehr für die Begrünung in unserer Stadt tun. Wir müssen den ÖPNV, schneller als es derzeit geschieht, auf umweltverträgliche Antriebe umstellen. Wir müssen mehr Geld in die Infrastruktur von Radwegen investieren. Um den MIV aus den Städten möglichst herauszuhalten, müssen wir P&R Parkplätze bauen und diese an ein attraktives Shuttlesystem anschließen. Hier wurde in den letzten 6 Jahren nichts getan. Meine Zusage ist, dass ich handeln werde. Der Klimanotstand wurde ausgerufen und passiert ist seitdem nichts."
Florian Janik (SPD): "Mit der Ausrufung des Klimanotstands wurde beschlossen, dass Maßnahmen, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen, priorisiert werden. Dadurch wird der Klimaschutz dauerhaft verankert. Bei jeder Maßnahme die der Stadtrat beschließt, wird aufgeführt, welche Auswirkungen sie auf das Klima hat. Künftig wird noch mehr Geld und Personal für den Klimaschutz eingesetzt. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu diesem Thema wird ausgeweitet, um möglichst viele Menschen in unserer Stadt zu erreichen. Den Klimaschutz gelingt nur, wenn alle mitmachen. Und ganz konkret: Seit langem gibt es Fördertöpfe für Solarthermie und Begrünung. Diese werden ausgeweitet und aufgestockt. Bereits 2020 vollziehen die Erlanger Stadtwerke den Kohleausstieg. Mit Fahrradstraßen, Busspuren und natürlich der Stadt-Umland-Bahn gehen wir die Verkehrswende an und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur CO2-Einsparung. Die Preise für Bus- und Bahn im VGN werden 2020 nicht erhöht, das 9-Uhr Abo für gut 25 Euro in Erlangen ist eingeführt und zum neuen Schuljahr kommt das 365-Euro-Jugendticket."
Susanne Lender-Cassens (GL/Grüne): "Obwohl die kommunalen Möglichkeiten begrenzt sind, müssen wir schnell und konsequent handeln. Alle Entscheidungen des Stadtrates werden zukünftig auf ihre Klimaverträglichkeit überprüft, so ist es bereits beschlossen. In den letzten Jahren habe ich als Bürgermeisterin und Referentin für Umwelt intensiv an Maßnahmen für mehr Klimaschutz, Gebäudebegrünung, Erhalt und Pflanzung von Bäumen gearbeitet. Die Stadt fördert inzwischen private Begrünungen. Die neue Kampagne "Erlanger Herzenssache" betont die Bedeutung von Stadtbäumen. Das langfristige Zukunftskonzept "Grün in Erlangen" ist fertig und in der Umsetzung. Vom Umweltamt liegt ein Klimaanpassungskonzept vor, das in die Stadtplanung einfließen soll. 2015 habe ich in Kooperation mit über 35 Initiativen den Nachhaltigkeitstag "Deine Stadt und Du" ins Leben gerufen. Fortschritte können nur gemeinsam erreicht werden. Fast die Hälfte des Energieverbrauchs in Erlangen wird von der Wirtschaft benötigt, gefolgt vom Verkehr (27,1%) – und nur 1,7% von städtischen Liegenschaften. Alle müssen Verantwortung übernehmen und ihren Beitrag leisten."
Joachim Jarosch (ödp): "Wie wichtig uns das Thema ,Klimaschutz‘ ist, zeigt unser Motto für den Kommunalwahlkampf ,ÖDP – für bestes Erlanger Klima!‘. Bei den Maßnahmen für ganzheitlichen Klimaschutz haben wir nicht nur die 3500 Demonstrant*innen, sondern alle Erlanger Bürger*innen im Blick: Der Erhalt natürlichen Lebensraums ist wirksamer Klimaschutz. Als ÖDP haben wir erfolgreich Aktivitäten sowie Bürger- beziehungsweise Ratsentscheide initiiert und unterstützt, um (Naturschutz-)Flächen zu bewahren. Budgeterhöhung für die Attraktivitätssteigerung beziehungsweise den Ausbau, der regenerativen Energien, des Busverkehrs, z. B. kostenloser Busverkehr, der kommunalen Fußgänger-Infrastruktur, des Erlanger Radverkehrs: klare Fahrradparkstruktur, attraktivere Bike-and-Ride-Anlagen u. a., der kommunalen Umwelt-Förderprogramme mit Kooperationspartnern, größerer Entsiegelungs- und Baumpflanzungsmaßnahmen; Bewahrung des alten Baumbestands, der ökologischen, generationenübergreifenden Bildungsmaßnahmen sowie Budgets- für Stadtteil- und Ortsbeiräte für ökologische Projekte vor Ort, eine Klimaschutz-Projektstudie."
Anette Wirth-Hücking (Freie Wähler): "Für mich persönlich und uns Freie Wähler war die nachhaltige Energie- und Klimapolitik schon lange vor den aktuellen Debatten ein Grundsatz unserer Politik. Ziel ist eine Bürgerenergiewende: Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind machbar, wenn jeder mitmacht! Wichtig ist für mich die Umsetzung folgender Punkte: Beratung zu neuen Energiequellen und Förderung von Projekten; Städtische Grünflächen aufwerten, Bäume pflanzen; Ausbau der Ladeinfrastruktur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben; ÖPNV und Radwege weiter ausbauen; Einführung des 365-Euro-Tickets für den ÖPNV – kostenloser ÖPNV für Kinder und Jugendliche (bis 18 Jahre). Wir brauchen für unsere aktuellen Verkehrsprobleme eine schnelle und finanzierbare Lösung! Die StUB ist keine Lösung für akute Verkehrsprobleme. Eine bessere Verkehrsplanung und eine Kombination mit verschiedenen Verkehrsmitteln ist das Ziel. Das schließt ein schienengebundenes Verkehrsmittel nicht aus. Vorteilhafter wäre eine direkte Schienen-Schnellverbindung der Städte, ergänzt durch umweltfreundliche Linienbusse, mit regenerativen Antrieben im Stadtbereich."
"Der Verkehr ist das Hauptproblem in Erlangen"
Holger Schulze (FDP): "Im Gegensatz zu den Fragestellern bin ich nicht der Meinung, dass die globale Klimakrise in erster Linie lokal gelöst werden muss: Wir retten das Klima nicht mit lokalen Maßnahmen in Erlangen, aber vielleicht mit neuer Technologie aus Erlangen, die wir dann in die Welt exportieren! Hier existieren hervorragende neue Konzepte an der Friedrich-Alexander-Universität, etwa im Bereich der Wasserstoffnutzung. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns in Erlangen nicht an den bereits stattfindenden Klimawandel anpassen müssen, um uns vor dessen Folgen zu schützen, etwa durch klimatisierte Schutzräume für ältere Menschen oder auch begrünte Luftschneisen, wo das räumlich möglich ist. Da ich aber nicht der Meinung bin, dass die derzeit diskutierten und geforderten Maßnahmen, wie etwa batteriebetriebene Autos, Fassadenbegrünungen oder Straßensperrungen, um nur drei zu nennen, ausreichen, um den Klimawandel aufzuhalten, werde ich mich massiv für die unvoreingenommene Förderung der Forschung an neuen Umwelttechnologien einsetzen, ohne voreilig auf ein bestimmtes Pferd zu setzen."
Sebastian Hornschild (Klimaliste Erlangen): "Zu Recht fordert die Bewegung der jungen Klimaschützer von Fridays for Future, dass Erlangen bis 2025 klimaneutral wird. Die Klimakrise und das Artensterben sind die größten Herausforderungen vor der die Menschheit je stand. Wir sind Erlanger Bürger*innen der Klimabewegungen und treten mit einem klaren Ziel zur Wahl an, die Beschlüsse zum Klimanotstand auch in reale Politik umzusetzen. Eine schnelle und sozialgerechte Verringerung des CO2-Ausstoßes in Erlangen ist nicht nur notwendig, sondern kann auch gelingen. Hierfür benötigt es aber entschlossenes Handeln – den Bau von Solaranlagen auf jedem Dach, eine autofreie Innenstadt, 110 000 neugepflanzte Bäume und größtmögliche Förderung von Gebäudesanierungen. Der Erlanger Stadtrat muss beschließen, dass die Stadt jährlich mindestens 40 Millionen Euro für den Klimaschutz investiert. Wir sorgen dafür, dass alle Fraktionen im Erlanger Stadtrat in den nächsten 6 Jahren bei allen Themen den Klimaschutz endlich mit hoher Priorität berücksichtigen. Wir bringen Fachwissen und Tatendrang zur Lösung der Klimakrise in den Erlanger Stadtrat ein."
Johannes Pöhlmann (Erlanger Linke): "Marktkonformer Klimaschutz" zwingt der Mehrheit Verzicht über Preiserhöhungen auf, Reiche können sich freikaufen. Wir sagen: Wenn Verzicht, dann für Alle gleich – also lieber Verbote (z. B. spritschluckende Autos) und Rationierung (z. B. Flüge) statt Öko-Ablasshandel. Wir kämpfen weiter gegen das Zubauen von Kaltluftschneisen (wie am "Exer"). Auf größeren Plätzen: Bäume pflanzen, auch wenn es das historische Stadtbild verändert. Statt Klimaanlagen: weiße Dächer, Beschattung, Solarkühlung. Nicht das E-Auto ist die Lösung, sondern Fahrrad, E-Bike, E-Bus und Tram. Den Platz dafür müssen die Autos abgeben. Deshalb auf allen vierspurigen Straßen: 2 Spuren für Bus oder Tram. Für alle bezahlbare Fahrpreise. Überall Tempo 30. Wegen Lärm- und Klimaschutz: Tempo 60 auf der A73. Wo es noch nicht ohne Auto geht: Vorrang für sparsame, kleine, leise Autos. Keine neuen Straßen. Zugegeben: Über die meisten dieser Forderungen wird nicht im Erlanger Rathaus, sondern in Konzern- und Regierungszentralen entschieden. Aber da, wo die Stadt handeln kann, muss sie handeln."
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