Pechvogel Megos: Es drohen bis zu zwei Monate Pause

Katharina Tontsch

Sportredakteurin in Erlangen

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21.8.2019, 17:03 Uhr

So früh sollte es nicht ins Hotel gehen. Im Bestfall hätten die deutschen Kletterer auf einen langen Wettkampf eine noch längere Nacht folgen lassen. Niemand, so schien es noch am Montag in der Qualifikation, konnte Alexander Megos bei dieser Weltmeisterschaft aufhalten. Ins Combined-Finale war der Erlanger als Erster eingezogen, den Startplatz für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio hatte er bereits sicher.

"Bei uns allen war die Freude wahnsinnig groß", sagt sein Trainer, Dicki Korb, der ihn in Hachioji begleitet. "Für Alex war es so cool. Er konnte dann einfach klettern, ohne Druck." Das Ziel war trotzdem, Platz eins zu verteidigen. "Wenn Alex antritt, will er sein Bestes geben." Das hat er auch. Im Speed, der ersten der drei Disziplinen des Kombinations-Wettkampfs, wurde er zwar Letzter der acht Finalteilnehmer, stellte jedoch einen persönlichen Rekord auf.

"Er war super motiviert und topfit", sagt Korb. Für eine weitere WM-Medaille nach Silber im Lead reichte es dennoch nicht. Stattdessen erlebte der Coach das Finale später nur per Livestream vom Hotelzimmer aus. Beim Bouldern, der zweiten Disziplin, verletzte sich Megos am kleinen Finger der linken Hand. Schon am ersten großen, roten Griff kam er ins Stocken, setzte ab und drehte sich um zu seinem Coach.

"Das darf er eigentlich nicht"

"Das", sagt Korb, "darf er während des Wettkampfs eigentlich nicht." Der Trainer wusste, dass etwas nicht stimmte, auch Megos merkte sofort, dass "etwas kaputtgegangen ist". Noch einmal probierte er es an der Wand. Dann drehte er sich zum Publikum, hielt den kleiner Finger hoch und verließ regungslos die Bühne.

"Das ist Pech, es kann passieren", sagt Korb. "Der Sport ist eine wahnsinnige Belastung für die Bänder im Finger." Wie schlimm es wirklich ist, werden Untersuchungen in Deutschland zeigen. Heute geht es zurück. Ein bis zwei Monate wird der Erlanger wohl pausieren müssen. Das wird ihm immens schwerfallen. Und dennoch: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen ist nicht gefährdet.

"Wir im Trainerteam sind deshalb gar nicht so enttäuscht", sagt Dicki Korb. Alexander Megos schon. Das Finale wollte er nicht mit ansehen. Stattdessen ging es direkt zurück ins Hotel. "Ich weiß, dass er ein bisschen Zeit für sich braucht", sagt Korb. Der Trainer kennt den 26-Jährigen schon lange. Gemeinsam mit Patrick Matros betreut er den Erlanger seit 15 Jahren. Korb ist Pädagoge, Matros bildet Sportlehrer aus.

Beide sind gute Kletterer, in einer Auswahl-Mannschaft des Alpenvereins haben sie Megos als Elfjährigen entdeckt und "seitdem unter unsere Fittiche genommen", sagt Matros. Mittlerweile ist Megos selbst ein erfahrener Kletterer. "Wir geben Impulse, gestalten die Großplanung der Saison." Einmal pro Woche trifft sich das Team, so weit es angesichts der vielen Reisen des Leistungssportlers möglich ist. Matros sagt: "Wir sind sein Kompass geworden."

Hauptaufgabe "Mut zusprechen"

Nicht immer können beide zu den Wettbewerben mitfahren, bei der WM in Japan ist nur Korb dabei. Die schwierige Aufgabe, einen völlig enttäuschten Alexander Megos aufzurichten, liegt also erst einmal bei ihm. "Ich spreche ihm jetzt vor allem Mut zu. Wir schauen nach vorne."

Vor zwei Jahren, sagt Korb, habe sich Megos entschieden, es mit der Olympia-Qualifikation zu versuchen. "Wir haben alle gehofft und sehr viel investiert." Dass es jetzt geklappt hat, macht den Coach "wahnsinnig stolz", auch wenn die Freude "gerade etwas getrübt ist". Die Vorbereitung für 2020 werden Trainer und Sportler dennoch optimal angehen können. Daran aber hat gestern im Hotel noch niemand denken wollen.

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