Selbst im Kühlschrank herrscht Fußballfieber
11.06.2010, 00:00 Uhr
Für 6,99 Euro kann man einen Fan in den Wahnsinn treiben. Man kaufe die »Jubel-Kugel« in der Tchibo-Filiale (Arcaden) und deponiere den unscheinbaren Plastik-Ball im Kühlschrank des Fußball-Fetischisten. Wenn dieser dann in Vorfreude auf ein kühles Bier die Tür öffnet, fängt der unvergessene Herbert Zimmermann an zu schreien: »Toor, Toor, das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister!« Wie erklärt der Arme nun seinen Kumpels, dass Herbert Zimmermann lebt - und zwar ausgerechnet in seinem Kühlschrank?
Wenden wir uns lieber den WM-Artikeln zu, die allen uneingeschränkt Freude machen. Fahnen zum Beispiel. Der Army-Shop in der Goethestraße hat sie alle. Von der Mini-Größe die gerade so über das Gouda-Spicker-Format hinausgeht, bis zum stattlichen Banner von drei mal fünf Metern. Im Farbenmeer bei Ali Kulak schwimmen die Nationen friedlich nebeneinander. Sogar Armenien. Moment! Armenien ist bei der WM doch gar nicht . . . »Macht nix«, grinst Ali Kulak, »verkauft sich trotzdem«. Spricht’s und händigt einem Kunden die rot-blau-orange gestreifte Fahne aus. Wenn WM ist, zeigt man eben Flagge - egal, ob die eigenen Jungs auf dem Rasen stehen oder anderswo.
Wie schmeckt Deutschland?
»Den müssen Sie probieren«, sagt Mirena Atanasova und lächelt charmant. Auf den Tresen des kleinen Café Beisl stellt sie ein Schnapsglas, in dem sich drei unbekannte Flüssigkeiten auf wundersame Weise zu einem Getränk in Schwarz-Rot-Gold versammeln. »D-Cocktail« heißt diese Spezialität mit Schuss. Alles Beteuern, dass im Dienst nicht getrunken wird, hilft nichts. Schmeckt interessant. Fruchtig, frisch - mit schwarzem Wodka und weiteren Bestandteilen, die Mirena nicht verraten will. Wer nach dem Genuss im Fernsehen 44 Mann zwei Bällen hinterherlaufen sieht, sollte die Autoschlüssel am Tresen deponieren.
Aber mal nüchtern betrachtet: Wie drückt jemand, der statt Cocktails nur Muttermilch bekommt, seine WM-Begeisterung aus? Johannes Münch, der Schuh-Experte bei Intersport Eisert in der Sedanstraße weiß Rat: Die Trikots der großen Helden gibt es schon für kleine Windel-Helden. Trikötchen, Shörtchen und Söckchen - alles in Drei-Streifen-Qualität. Der Preis verringert sich mit der Größe nicht deutlich, »aber als Geschenk ist das Set sehr beliebt«, erklärt Münch.
Ansonsten gehen die Original-Trikots wahlweise in weiß oder schwarz bestens, so der Verkäufer und räumt sofort mit dem Vorurteil auf, dass nur die Herren hier zugreifen. Damen zeigen ihre Mitfieber-Bereitschaft durchaus - gern auch durch ein Trikot, dass feminin geschnitten ist.
Eine »Zuluu« gibt es bei Kaufhof. Die ist mit der Vuvuzela-Tröte verwandt und macht auch Lärm - für 2,95. Ihr Käufer darf bei genügend Abstand zum nächsten Trommelfell, nach Herzenslust damit heraumposaunen. Denn, so versichert die Stadt auf Nachfrage: Ein Tröten-Verbot, wie in anderen Städten, soll es in Erlangen nicht geben. RURIK SCHNACKIG