Siemens-Manager geben Erlanger OB Janik einen Korb
23.5.2018, 18:00 UhrLangjährigen Besuchern des Bieranstichs auf der Bergkirchweih und der daran anschließenden Feier mit der Prominenz auf Einladung der Stadt war es nicht verborgen geblieben, dass diesmal – entgegen der Praxis in den vergangenen Jahrzehnten – der Vorstand und die sonstigen Spitzenmanager des Konzerns auf dem Steinbach-Keller nicht vertreten waren.
Am Entlas-Keller
Es kommt einem Affront gleich, dass Finanzvorstand Ralf P. Thomas, quasi zweiter Mann hinter dem Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser, zur gleichen Zeit mit Kollegen auf dem Entlas-Keller gesichtet wurde und sich dort bei einer Kitzmann-Maß vergnügte – fernab den städtischen Honoratioren.
Man liegt wohl nicht fehl in der Annahme, dass dieses augenscheinliche Zerwürfnis mit dem Streit um das einst geplante Hochhaus auf dem Siemens-Campus zusammenhängt.
Wie berichtet, hatte der Projektleiter des neuen Siemens-Stadtteils, Thomas Braun, in einer Sitzung des Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschusses des Stadtrats am 22. Februar dieses Jahres mitgeteilt, dass Siemens auf ein prägendes Bauwerk, wie es einst der "Himbeerpalast" gewesen ist, verzichten werde.
Braun vor dem Plenum: "Wir brauchen diesen Pflock nicht und haben auch gar nicht das Bedürfnis danach." Als Begründung führte Braun an, es sei "nicht das richtige Signal, auf andere herunter zu schauen". Spekuliert werden darf aber auch, dass das Hochhaus angesichts allgemein explodierender Baukosten ganz einfach die finanziellen Grenzen sprengen würde.
Im Stadtrat fand diese Bewertung keine Zustimmung. Einige der Kommunalpolitiker forderten ein Hochhaus als "Aushängeschild". Vor allem Oberbürgermeister Florian Janik machte sich dafür stark: "Es fehlt einfach das neue Heimatgefühl. Der Verzicht auf ein Hochhaus ist nicht gut. Unterschätzen Sie nicht die Wirkung von Architektur. Bürger und Mitarbeiter brauchen einen Identifikationspunkt."
Antrag und "offener Brief"
Dem Siemens-Vorstand scheint vor allem eine offenbar konzertierte Aktion zwischen der SPD-Fraktion im Stadtrat und dem Betriebsrat von G Siemens sauer aufgestoßen zu sein. So gab es praktisch zeitgleich einen Antrag der Fraktion und einen "Offenen Brief" der Betriebsratsvorsitzenden Sigrid Heitkamp und ihres Stellvertreters Ilja Metscher. Beide wandten sich gegen den Verzicht auf den geplanten "städtebaulichen Akzent".
So haben die Sozialdemokraten im kommunalen Parlament beantragt, den CEO von Siemens Real Estate, Zsolt Sluitner — auch dieser war neben Thomas am Eröffungstag der Bergkirchweih auf dem Entlas-Keller vertreten — zu einer der nächsten Stadtratssitzungen in das Erlanger Rathaus einzuladen: "Nach unserer Auffassung wird das Konzept des Siemens-Campus grundlegend verändert. Es fehlt die starke Adresse, die die Bedeutung des Unternehmens Siemens für Erlangen verkörpert. Verstärkt wird dies durch die geplante sehr homogene Fassadengestaltung."
Eine ähnliche Argumentation liest man aus der Stellungnahme des Betriebsrates heraus: "Wir beobachten schon seit einiger Zeit, dass die Gestaltung des Campus deutlich hinter den Ideen aus dem Architektenwettbewerb zurückbleibt. Statt einer variantenreichen Fassadengestaltung sollen austauschbare graue Gebäude entstehen, denen nichts Typisches anhaftet" – also alles andere als ein "lebendiger Standort", wie ihn Thomas Braun in der Ausschusssitzung angepriesen hatte.
Sorge um Stellen
Der Betriebsrat dagegen sieht eine "Ansammlung von uniformen, nichtssagenden rechteckigen Gebäuden" und fürchtet, alles werde so neutral wie möglich gestaltet, damit man die Gebäude, wenn Siemens sie mangels darin arbeitender Beschäftigter nicht mehr benötigt, ohne großen Aufwand an jeden anderen weiterreichen könne.
Damit einher geht die "Sorge der Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze", habe doch Siemens bei der Planung versprochen, der Campus in Erlangen sei ein starkes Zeichen für den Erhalt der Arbeitsplätze der Siemens AG in der Region.
Beschäftige würden, so der Betriebsrat weiter, vielmehr ihre Enttäuschung darüber äußern, dass Siemens zukünftig keinerlei Wiedererkennungswert in der Stadt haben soll – und sähen das als "einen Mangel an Wertschätzung ihnen gegenüber".
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