Demo von Fridays for Future

Über 2000 Menschen streiken in Erlangen fürs Klima

24.9.2021, 16:15 Uhr
Über 2000 Menschen beteiligten sich in Erlangen bei der Demonstration für mehr Klimaschutz, zu der Fridays for Future aufgerufen hatte. 

© Harald Sippel, NN Über 2000 Menschen beteiligten sich in Erlangen bei der Demonstration für mehr Klimaschutz, zu der Fridays for Future aufgerufen hatte. 

Nicolas Bischoff ist glücklich. Zwar kann man sein Lächeln unter der Mund-Nasen-Maske nur erahnen, aber beim Blick auf die Massen, die dem Aufruf zum Klimastreik an diesem Freitagnachmittag gefolgt sind, strahlen die Augen des Versammlungsleiters. "Es ist überwältigend. Auf diese Menge haben wir gehofft, aber wirklich gerechnet haben wir nicht mit so vielen Menschen", sagt er. Der 20 Jahre junge Jura-Student bezeichnet sich als Klimaaktivist, für Fridays for Future ist er seit Jahren aktiv. Gerade einmal zwei Tage sind es noch bis zur Bundestagswahl, hinter Bischoff sprechen gerade junge Aktivistinnen zur bunten Menge, die mal mehr, mal weniger kreative Pappschilder mit allerlei Slogans zum Klimaschutz mitgebracht hat. Mal ist kunstvoll ein weinender, kranker Planet kurz vor dem Ableben aufgemalt, mal sind es knallharte Forderungen wie "Nicht reden, sondern endlich handeln", mal ist es lediglich ein schwarzer Filzstift gewesen, mit dem ein Rentner zwei Buchstaben auf ein Stück Papier gemalt hat: "OF" - und auf der Rückseite: "Opa for Future".

"Wir geben keine Wahlempfehlungen"

"Wir sind unpolitisch, wir geben hier keine Wahlempfehlungen", sagt Nicolas Bischoff. "Aber wir wollen den Menschen schon noch einmal etwas zum Nachdenken mit auf den Weg geben." In der Tat entspricht, das sagen auch die Aktivistinnen ins Mikrofon, kein Wahlprogramm irgendeiner Partei den Forderungen, die Fridays for Future an die Politikerinnen und Politiker haben. Auch der Versammlungsleiter unterstreicht das nochmal: "Unsere Kernforderung ist nach wie vor, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Es gibt Studien, die die Wahlprogramme genau daraufhin untersucht haben und die feststellten: Am nächsten kommt die Linkspartei dieser Forderung. Doch auch durch ihre Maßnahmen landen wir bei 4,2 Grad - und nicht bei 1,5." Daher sei es nun vor allem wichtig, durch die Wahl immerhin ein Zeichen in eine Richtung zu geben, nämlich die, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Ein radikales Umdenken sei in Sachen Klimaschutz notwendig. "Hierfür wollen wir heute auch ein Signal geben."

Oben auf der kleinen Bühne rufen das die Aktivistinnen genau so auch ins Mikrofon - und ernten tosenden Beifall und Jubel: "Wir brauchen endlich ein überlegtes und klimabewusstes Handeln für uns alle und für unsere Zukunft", heißt es da. "Wir können uns auf die Politik hier leider nicht verlassen. Daher heißt es für uns und unsere Bewegung: Nach der Wahl ist vor der Wahl, wir müssen weiterhin laut sein und die Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenken. Damit wir endlich einen Systemwechsel in Sachen Klimaschutz erreichen."

Jubel, Applaus und Parolen

Während sich Jubel, Applaus und das Skandieren von Klimaschutz-Parolen abwechseln, wird es für Nicolas Bischoff allerdings ungemütlich. Die Menge hat sich bereits derart vergrößert, meldet eine Ordnerin, dass die Abstände im abgesperrten Demo-Bereich auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Schloss nur noch schwer einzuhalten sind. Kurzerhand meldet Fridays for Future noch eine Spontankundgebung für den Marktplatz an, der unmittelbar angrenzt. Dort befinden sich allerdings einige Marktstände und die Außengastronomie angrenzender Cafes. Was die Versammlungsleitung ohnehin irritiert: "Wir hatten vor zwei Monaten unsere Kundgebung angemeldet. Einen Tag vor der Demonstration wurde uns dann plötzlich eröffnet, dass wir den Schlossplatz nicht nutzen können", erzählt Bischoff.

Der Demonstrationszug für mehr Klimaschutz auf dem Weg durch die Erlanger Innenstadt.

Der Demonstrationszug für mehr Klimaschutz auf dem Weg durch die Erlanger Innenstadt. © Harald Sippel, NN

"Wir hatten natürlich überall Werbung gemacht und auf den Schlossplatz eingeladen." Der Darstellung widerspricht die Stadt Erlangen allerdings. Bereits in einem Gespräch am 30. August habe man dem Klimacamp, bei dem auch die Versammlungsleiter aktiv sind, mitgeteilt, dass eine Veranstaltung mit 3000 Menschen aufgrund des Infektionsschutzes auf dem Schlossplatz nicht durchführbar sei. Auf die Einladung zum obligatorischen Kooperationsgespräch mit Polizei und Behörde am 17. September habe man von Seiten der Aktivisten keine Antwort erhalten. Einen zweiten Termin für den 22. September hätten die Versammlungsleiter nicht wahrnehmen können, weshalb man auf den 23. September verschoben habe. "Wir", sagt allerdings Nicolas Bischoff, "haben erstmals an diesem 23. September von der Ordnungsbehörde gehört." Zur Auftaktkundgebung aber schreiten dann weder Polizei noch Ordnungsbehörde auf dem Schlossplatz ein, im Gegenteil: Auf Fahrrädern und in Einsatzfahrzeugen sichern die Beamten den Demonstrationszug, der sich in Bewegung setzt.

Ärger mit der Behörde

Hier wird erstmals das Ausmaß der Menge, der sich nun noch einmal mehr Menschen anschließen, deutlich. Minutenlang schiebt sich die Masse mit Pappschildern und Klimaschutz-Slogans lautstark durch die Hauptstraße, über den Hugenottenplatz, die Universitätsstraße, die Schuhstraße, die Werner-von-Siemens-Straße, die Nürnberger Straße und wieder zurück. Am Schlossplatz ist die Abschlusskundgebung geplant - doch dazu kommt es nicht mehr. "Die Polizei hat uns informiert, dass wir über 2000 Personen sind und so unmöglich den Schlossplatz betreten können", erzählt Bischoff am Telefon. Kurzerhand organisieren sie einen Stromgenerator und schaffen die Technik vom Schlossplatz zum Röthelheimpark, auch der Demozug wird dorthin auf die Grünflächen umgeleitet. Hier können die Abstände gewahrt werden.

Bei der FFF-Demo gab es viele selbstgemalte Schilder zu bestaunen.

Bei der FFF-Demo gab es viele selbstgemalte Schilder zu bestaunen. © Harald Sippel, NN

Bischoff, der an einer kleinen silbernen Kette auch eine Friedenstaube um den Hals trägt, bleibt glücklich: "Der Klimastreik ist aus unserer Sicht ein voller Erfolg gewesen." Allerdings einer, der noch einen Streit mit der Ordnungsbehörde nach sich ziehen dürfte. Martin Holzinger, Leiter des Bürgeramts, dem auch die Ordnungsbehörde untersteht, kritisiert noch am Freitag, dass einige Auflagen nicht eingehalten worden sind. "Es gab keine Ordner, die in den Zugangsstraßen dafür gesorgt hätten, dass die Personenzahl von 450 nicht überschritten wird." Was im Detail noch alles schief lief, soll die Aufarbeitung gemeinsam mit der Polizei klären. "Grundsätzlich müssen wir aber sehen, dass wir wieder zu einem besseren Miteinander finden und unsere Auflagen auch eingehalten werden."

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