Wenn alte Menschen auf einmal Hilfe brauchen
12.10.2011, 00:00 Uhr„Die Welt wird immer komplexer“, sagt Jochen Buchelt, Leiter der städtischen Betreuungsstelle. „Da ändern sich die Vertragsbedingungen des Telefonanbieters, das Fernsehen strahlt demnächst nur noch digitale Sendungen aus“. Wer damit nicht klar kommt, kann unter gewissen Umständen unter Betreuung gestellt werden. „Es gibt ältere Menschen, die finden sich in der Welt nicht mehr zu Recht“, sagt Buchelt.
Betreuung heißt, dass ein Anderer über das Geld des Betreuten verfügt, die notwendigen Dinge am Laufen hält, damit das Leben relativ problemlos weiterlaufen kann. Rund 850 ehrenamtliche Betreuer gibt es in Erlangen, „eine sensationelle Zahl“, sagt der OB. Mit den etwa 50 hauptberuflichen Betreuern kümmern sie sich in der Stadt um rund 1800 Betreuungsfälle.
Alle Kosten abrechnen
„Es ist an der Zeit, den ehrenamtlichen Betreuern aber auch den Betroffenen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern ein Podium zu bieten“, erklärt Reinhard Rottmann, stellvertretender Leiter des Stadtjugendamts. Dabei gehe es um einen Meinungsaustausch zwischen den Betreuern, da kein Fall dem anderen gleiche. An anderen Orten, wie etwa Aschaffenburg oder Gunzenhausen, seien die bisherigen Betreuertage gut angenommen worden.
Der Betreuertag im Pacelli-Haus beginnt nach der offiziellen Eröffnung um 10.15 Uhr mit dem Vortrag „Der Betreuer — Helfer, Manager und Sekretär?“. Roman Fellner vom „Arwo Betreuungsverein“ wird über die Aufgaben eines Betreuers informieren. Ergänzend werden zwei Betreuerinnen interviewt — eine betreut eine ihr eigentlich fremde Person, die andere einen Familienangehörigen.
Um 11.30 Uhr geht es um „Immer das liebe Geld“. Dabei erklären Richard Jost vom Betreuungsnetz Erlangen und die Rechtspflegerin Luitgard Schmitt, warum es wichtig ist, alle Kosten abzurechnen. Vor allem aber sei dazu ein Vertrauensverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem notwendig, sagt Buchelt.
Alternativen zu Fixierung und Bettgitter stellt dann Gertraud Hörrmann, Pflegesachverständige beim Gesundheitsamt der Stadt Nürnberg, um 13 Uhr auf. Seit ein Richter festgestellt hatte, dass man alte Menschen nicht wie Verbrecher behandeln könne und die Uni Freiburg untersucht hatte, dass Freiheitsentzug kontraproduktiv sei, ändert sich die Behandlung von Betreuten.
Neben der „Entwürdigung“ des alten Menschen durch die Fesselung sei es auch so, das die Muskeln dadurch geschwächt werden. „Wer nach einer Fixierung aufsteht, hat Probleme mit dem Gleichgewicht“, sagt Buchelt.
Aber nicht jede geistige Verwirrung muss gleich einen Betreuungsfall nach sich ziehen. So hatte einmal eine alte Frau in ihrem Garten Gespenster gejagt. Kein Fall für einen Betreuer, denn: die alte Frau hatte vergessen zu trinken und war dehydriert. „Auch das wollen wir beim Betreuertag bekannt machen“, sagt Jochen Buchelt.
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