Essensbonus für Pflegekräfte: Umsetzung führt zu Ärger
8.5.2020, 19:04 UhrVon einem "Zeichen der Dankbarkeit" sprach der bayerische Finanzminister Albert Füracker vor wenigen Wochen, als er zusammen mit Gesundheits- und Pflegeministerin Melanie Huml die neue Verpflegungspauschale für Personal von Krankenhäusern, Kliniken, Pflege- und Alteneinrichtungen vorstellte. 6,50 Euro pro Arbeitstag und Mitarbeiter zahlt der Freistaat Bayern seit dem 1. April an alle entsprechenden Einrichtungen für die Verpflegung ihrer Mitarbeiter.
Pflegekräfte: Querelen um den Corona-Bonus
Als Geste der Wertschätzung gedacht, wurde das sogenannte "Heldenessen" für viele Einrichtungen wie Beschäftigte in der Region jedoch zum Ärgernis. Grund dafür ist vor allem die unterschiedliche Umsetzung des Bonus. Wie eine Mitarbeiterin des Klinikum Fürth erzählt, sei man dort sehr zufrieden. "Wir werden hier bestens versorgt. Jeden Tag haben wir die Möglichkeit uns ein Vesperpaket zu holen und ein warmes Mittagessen zu bekommen."
Wechselnde Angebote
Auch die Auswahl sei groß, sagt sie weiter. Verschiedene Gerichte beim Mittagessen, ein wechselndes Angebot beim Vesperpaket und auch etwas Süßes sei immer dabei. Eine Mitarbeiterin aus einer Einrichtung im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen beschreibt das ähnlich: "Wir haben eine Liste mit 14 oder 15 verschiedenen Sachen, von der man sich theoretisch so viel bestellen kann, wie man möchte." Ab und zu fehle das eine oder andere, im Großen und Ganzen sei man dort aber gut versorgt.
Andere Mitarbeiter sind dagegen weniger zufrieden. Angestellte von Diakoneo, ein Zusammenschluss der Evangelisch-Lutherischen Diakoniewerke Neuendettelsau und Evangelischen Schwäbisch Hall, wandten sich zu Beginn der Förderung mit Bildern an die Öffentlichkeit. Auf denen zu sehen ist lediglich ein Brot, zwei Karotten und eine Süßigkeit.
Kosten mit einberechnet
Dass es darüber einige Beschwerden gegeben habe, bestätigt auch Diakoneo-Sprecher Thomas Schaller. So habe man in der Anfangsphase tatsächlich Lunchpakete gehabt, die von der eigenen Zentralversorgung produziert wurden. "Das sollte eine Solidaritätsaktion sein, zwischen denen, die derzeit viel zu tun haben und denen, die nur wenig zu tun haben." Denn viele Mitarbeiter in der zentralen Essensversorgung seien zu dem Zeitpunkt gar nicht oder nicht vollbeschäftigt gewesen.
Von den 6,50 Euro habe man deshalb auch die Kosten für die Mitarbeiter, die das Essen zubereiteten, sowie den Transport zu den Einrichtungen mit einberechnet. "Nachdem das aber von Pflegemitarbeitern kritisiert wurde, hat sich der Vorstand entschieden, so nicht weiterzumachen, weil das Signal der Wertschätzung offenbar nicht ankam." Stattdessen werde der Bonus nun direkt über die Lohnabrechnung an die Mitarbeiter ausbezahlt, so Schaller. Und zwar rückwirkend bis zum 1. April.
Ein Foto, das unserer Redaktion zugespielt wurde, zeigt außerdem ein Brötchen mit Gurke und Käse, das auf dem Stift St. Benedikt in Nürnberg stammen soll. Klaus Schumm, Leiter der Einrichtung, die zum Caritasverband gehört, wehrt sich aber gegen die Darstellung: "Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was wir unseren Mitarbeitern anbieten."
Mit Auswahl
Man habe mit den Mitarbeitern vorab gesprochen und sich aufgrund dessen für ein Buffet entschieden. "Davon kann sich dann jeder Mitarbeiter individuell in seiner Pause bedienen", so Schumm weiter. Angeboten werden demnach neben belegten Brötchen auch Obst, Süßigkeiten, Joghurt, Säfte, Smoothies und weiteres.
Auch der Fachbereichsleiter für Altenhilfe beim Caritasverband Nürnberg René Malz bestätigt das. Bislang habe es keine Mitarbeiterbeschwerden über das Buffet gegeben, so seine Aussage. Lediglich eine Angehörige habe das Brötchen gesehen und sich beschwert. "Wir sind froh und dankbar, dass der Freistaat das macht und wir nutzen das Geld auch in vollem Umfang für die Verpflegung unserer Mitarbeiter aus." Das ist vom Bayerischen Gesundheitsministerium auch so gewollt. Auf Anfrage unserer Redaktion heißt es: "Die ausgezahlten Mittel müssen von den Einrichtungen in voller Höhe zur Verpflegung der Mitarbeiter ausgegeben werden." Es sei egal ob dies in Form von Lebensmitteln, Gutscheinen oder Auszahlung geschehe.
Auch einige Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt (Awo) gerieten in der Debatte um die Umsetzung des Bonus in die Kritik. So soll ein Haus von dem Bonus zunächst drei Euro für Verwaltungs- und Müllokosten abgezogen haben, wie der Nordbayerische Kurier auf Basis einer Mitarbeiteraussage berichtete. Yasmin Seeliger, Fachbereich Organisation und Verband beim AWO Bezirksverband Ober- und Mittelfranken, weist das allerdings entschieden zurück: "Das Geld kommt zu 100 Prozent direkt und ohne Abzüge bei den Beschäftigten in den Einrichtungen an."
Bisher hat das Ministerium laut eigener Aussage knapp 55 Millionen Euro für die insgesamt 3158 Einrichtungen in Bayern ausgegeben. Wie lange die Bonuszahlungen weitergehen sollen, ist noch nicht ganz klar. "Wir haben zunächst festgelegt, dass die Maßnahme mindestens bis zum 31. Mai erfolgt", so Gesundheitsministerin Melanie Huml.
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