Expertin zum Klimapaket: "Das ist eine Bankrotterklärung"

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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29.9.2019, 05:45 Uhr
Auch an diesem Freitag gingen wieder zahlreiche Teilnehmer der "Fridays for Future"-Bewegung auf die Straße, auch in der Metropolregion. In Nürnberg fand ein Sternmarsch statt.

© Foto: Michael Matejka Auch an diesem Freitag gingen wieder zahlreiche Teilnehmer der "Fridays for Future"-Bewegung auf die Straße, auch in der Metropolregion. In Nürnberg fand ein Sternmarsch statt.

Gleich werden Sie das Klimapaket der Großen Koalition heftig kritisieren, vermute ich. Vorher noch eine andere Frage, Frau Badum: Finden Sie denn irgendetwas Gutes an den Beschlüssen von Union und SPD?

Expertin zum Klimapaket:

© Foto: Stefan Kaminski/Grüne

Lisa Badum: Ich halte es für müßig, jetzt darüber zu spekulieren, ob die eine oder andere Maßnahme an der Gesamtlage eine Kleinigkeit verbessern kann. Viel entscheidender ist, dass wir damit nicht im Entferntesten die Klimaziele von Paris erreichen werden. Deswegen lehnen wir Grünen das Paket ab. Um ein Bild für die aktuelle Lage zu gebrauchen: Wenn ein Haus vom Einsturz bedroht ist, dann hilft es nichts, es neu zu streichen.

Womit hatten denn Sie als Expertin für das Thema vor der Bekanntgabe des Klimapakets gerechnet?

Lisa Badum: Meine Erwartungshaltung war hoch. Die Bundeskanzlerin hatte erst wenige Tage zuvor im Bundestag den Kampf gegen die Klimakrise als "Menschheitsaufgabe" bezeichnet. Da war es dann sehr enttäuschend, dass nicht mehr herauskam als der übliche kleinste gemeinsame Nenner der GroKo. Es ist eine Bankrotterklärung. Das sehen nicht nur meine Partei und ich so, sondern auch über eine Million Menschen, die jüngst in deutschen Städten demonstriert haben. Und sogar Professor Edenhofer, der Klimaberater der Kanzlerin. Um nur ein wichtiges Beispiel zu nennen: Da diskutieren wir seit Monaten über den CO2-Preis. Fast alle Wissenschaftler sagen, dass er mindestens 35 Euro pro Tonne betragen muss, besser 40 oder 50 Euro. Und dann will die Regierung mit zehn Euro einsteigen. Das nenne ich wirklich Chuzpe, so etwas als Klimaschutz zu verkaufen.

Nun kommen aber die Grünen ins Spiel. Der Bundesrat, in dem ohne ihre Partei kaum etwas beschlossen werden kann, muss einem Teil der GroKo-Gesetze zustimmen. Da können Sie doch Einfluss nehmen.

Lisa Badum: Das sollte man meines Erachtens nicht überschätzen. Es wird vermutet, dass nur rund zehn Prozent der Gesetze zustimmungspflichtig sein werden. Deswegen denke ich nicht, dass wir noch grundlegend etwas ändern können. Das Klimapaket muss komplett neu geschnürt werden.

Aber wäre es denn nicht trotzdem Ihre Aufgabe, so viel Einfluss wie irgend möglich zu nehmen? Sonst regiert die GroKo bis Herbst 2021 noch zwei Jahre weiter – und das sind, wie die Grünen ja immer wieder betonten, extrem wichtige Jahre für den Klimaschutz.

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