Flüchtlingszahlen: Behörden "stoßen an die Grenzen"
25.8.2015, 06:00 UhrGleichzeitig sei es kaum noch möglich, Wohnraum für die Flüchtlinge anzumieten. Die Regierung von Mittelfranken kann seit dieser Woche den Kommunen wieder Asylbewerber zwangszuweisen: Allein in der vergangenen Woche kamen 1325 Asylbewerber in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf (ZAE) an, nur 569 konnten weitergeleitet werden. Dabei ist die ZAE mit ihren Dependancen und Notunterkünften schon jetzt überbelegt. Also werden seit dieser Woche Flüchtlinge bei Bedarf kurzfristig an die Landkreise und Städte weitergeschickt – unabhängig davon, ob die freie Plätze gemeldet haben. „Da stoßen wir an unsere Grenzen“, sagt die Fürther Sozialreferentin Elisabeth Reichert.
Nichtsdestotrotz seien die Flüchtlingszahlen zu bewältigen, glauben Reichert und Maly. Dazu müsse der Staat aber die Kommunen stärker unterstützen. Denn auch die weitere Verwaltung der Flüchtlinge belastet die Kommunen: Für jeden Asylbewerber muss eine eigene Akte angelegt und die Auszahlung seines Taschengeldes organisiert werden.
Sowohl Nürnberg als auch Fürth haben daher zusätzliches Personal eingestellt, doch das muss von den meist klammen Kommunen bezahlt werden. Nichtsdestotrotz werden beide die Zahl der Mitarbeiter nochmal aufstocken müssen: Traditionell steigen im zweiten Halbjahr die Zahlen der Asylbewerber. Insgesamt rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) für das laufende Jahr mit 800.000 Asylbewerbern.
Pensionierte Beamte werden reaktiviert
Um ihre Anträge und Akten abzuarbeiten, planen manche Bundesländer - darunter Bayern - pensionierte Beamte zu reaktivieren. Zudem soll die Bundespolizei verstärkt werden: Beamte aus dem Grenzgebiet klagen seit Monaten, dass sie mit der Arbeit kaum nachkommen. Verstärkt wird ihre Belastung durch die Aufnahme von Fällen, in denen Asylbewerber der unerlaubten Einreise beschuldigt werden. Das betrifft im Prinzip jeden Flüchtling, kritisieren Hilfsorganisationen, denn legale Möglichkeiten des Grenzübertritts gibt es kaum.
Zwar wird nicht jeder erwischt, doch im ersten Halbjahr griff die Polizei allein in Bayern über 30.000 Menschen ohne gültige Einreisepapiere auf. Zu jedem Fall muss eine Akte angelegt werden und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden. Die stellt die Verfahren in der Regel ein. Für die eh schon überlastete Polizei bedeutet das: Arbeiten für den Papierkorb.
Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aus Nürnberg kommt mit der Arbeit nicht nach: Über 255.000 Asylanträge ist noch nicht entschieden, die Hälfte von ihnen lief in diesem Jahr auf. Gerade einmal 145.000 Anträge wurden heuer bearbeitet. Also soll das Bamf mehr Personal bekommen, 650 Stellen wurden bereits heuer geschaffen, nun sind weitere 1000 ausgeschrieben. Im nächsten Jahr könnten es nochmal genauso viele werden.
Günstiger Wohnraum fehlt
Eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge würde auch die Kommunen entlasten, sagt Dieter Maly. Gleichzeitig brauche es eine bessere - am besten europaweit abgestimmte - Planbarkeit. Zudem müsse in den sozialen Wohnungsbau investiert werden und der Staat entsprechende Programme auflegen: Denn wer als Asylbewerber anerkannt ist, darf in eine eigene Bleibe umziehen — dabei ist der Markt für günstige Wohnungen mancherorts jetzt schon angespannt.
Elisabeth Reichert fordert, die Arbeit von Ehrenamtlichen besser zu unterstützen – mit hauptamtlichen Koordinatoren. „Bisher machen wir das alles neben unserer Arbeitszeit“, sagt sie. „Aber das ist kein System, das auf Dauer funktioniert.“
Beide, Maly und Reichert, geben offen zu, dass sie und ihre Ämter seit über einem Jahr massiv belastet sind. Auch daher sei es so wichtig, dass Land, Bund und EU schnell auf die Nöte der Kommunen reagierten. Doch noch etwas anderes ist beiden wichtig: Ja, sagen sie, die hohe Zahl an Asylbewerbern ist eine Herausforderung. Aber sie ist zu meistern.
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