Sinkender Grundwasserspiegel
Folgen des Klimawandels: Kann Nürnberg und der Region das Trinkwasser ausgehen?
1.10.2023, 11:26 Uhr30 Grad im Schatten. Schweiß läuft über die Haut. Doch beim Griff zum Wasserhahn bleibt dieser trocken. Keineswegs ein abwegiges Szenario für Bayern angesichts des Klimawandels. Blickt man nach Unterfranken - eine der trockensten Gegenden Bayerns - zeigt sich, was das heißt. Das Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg hat sich die Versorgungssicherheit bis ins Jahr 2035 angeschaut. Für Stadt und Landkreis Aschaffenburg sowie den Kreis Miltenberg erwartet die Behörde ohne weitere Maßnahmen ein Defizit von zwei Prozent. Für die Landkreise Kitzingen, Main-Spessart sowie Stadt und Landkreis Würzburg geht sie bis 2035 noch von einer Wasserreserve von 12 Prozent aus.
Das Trinkwasser in diesen Regionen wird zu 100 Prozent aus dem Grundwasser gewonnen, wie Martin Rätz, der stellvertretende Leiter des Wasserwirtschaftsamts, sagt. Und die Grundwasserstände sinken. Im Schnitt lagen die Grundwasserstände in Unterfranken laut Rätz im Jahr 2021/2022 um 42 Zentimeter tiefer als im Mittel der Jahre 2011 bis 2020. Blickt man auf die Jahre 2001 bis 2010 zurück, sind die Grundwasserstände seitdem gar um mehr als einen Meter gesunken. Der Grund ist für Rätz klar: "Die sinkenden Grundwasserstände sind vor allem auf die klimatischen Veränderungen zurückzuführen." Äußerst trockene Phasen und solche mit hochsommerlichen Temperaturen treten angesichts des Klimawandels immer häufiger auf.
Um auf diese Entwicklung zu reagieren, sieht das Wasserwirtschaftsamt eine ganze Reihe an Maßnahmen. So soll etwa der Verlust von Wasser über das Leitungsnetz verringert und das Grundwasser noch besser vor Verschmutzung etwa durch Pflanzenschutzmittel geschützt werden. Doch ein wesentlicher Punkt soll künftig die Versorgung mit Wasser aus der Ferne sein. Erhält die Region um Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart bereits jetzt rund acht Prozent seines Wasserbedarfs von einem Fernwasserversorger, bezieht die Region um Aschaffenburg und Miltenberg bislang noch kein Wasser aus der Ferne.
Etwas anders sieht es schon jetzt in Bayerns zweitgrößter Stadt aus. Nürnberg bezieht zusammen mit dem angrenzenden Schwaig rund 30 Prozent seines Wassers aus der Ferne: vom Zweckverband Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum. Auch der städtische Versorger N-Ergie sieht im Klimawandel die Herausforderung, dass sich künftig möglicherweise weniger Grundwasser neu bildet, wie eine Sprecherin mitteilt. Dabei hat die Region um Nürnberg eine verhältnismäßig gute Ausgangslage. Der Versorger N-Ergie bezieht sein Wasser zu 70 Prozent aus eigenen Wasserwerken. Und durch sehr große Wasservorräte insbesondere in den Gebieten Genderkingen und Ranna im Veldensteiner Forst - nordöstlich von Nürnberg - sei die Versorgung Nürnbergs mit Trinkwasser auch künftig sichergestellt, erklärt die Sprecherin.
Da dies nicht in allen Regionen im Freistaat der Fall ist, setzt das bayerische Umweltministerium auf einen umfassenden Ausbau der Fernwasserleitungen. Mit einer neuen "Wasserspange" sollen die bestehenden Inseln der Fernwassersysteme zu einem "Wasser-Spinnennetz" über Bayern verbunden werden. Nach Plänen von Minister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sollen mehrere Hundert Kilometer neue Fernleitungen in Bayern entstehen und so die Wasserversorgung in Regionen wie Aschaffenburg aber auch Nürnberg und München entlasten.
Ein Vorhaben, das nicht nur auf Zustimmung trifft. Der Bund Naturschutz (BN) sieht im geplanten Ausbau der Fernwasserversorgung eine Ausbeutung der Ressource Wasser, indem man etwa den Bodensee anzapfe und Wasser von dort über Oberbayern bis in die Oberpfalz bringe. Der Naturschutzverband will vielmehr, dass Flüsse und Bäche in Bayern renaturiert werden und die Landschaft wieder mehr Wasser speichern kann. Auch soll das Grundwasser durch den Verzicht auf Pestizide geschont werden.