Bundestagsvizepräsidentin zu Gast

Claudia Roth besucht Offene Behindertenarbeit in Forchheim

27.08.2021, 20:00 Uhr
Claudia Roth besucht Offene Behindertenarbeit in Forchheim

© Pauline Lindner, NNZ

So fragte Claudia Roth denn auch bei ihrem Besuch in Forchheim als erstes, was Covid für die Mitarbeiterinnen, die Betreuten und die Arbeit bedeutet hätten. "Der Beratungsbedarf steigt stark an", nannte OBA-Leiterin Clarissa Witzlinger. Mit speziellen Fragen zu den Corona-Regeln und zum Pflegerecht. Nicht zuletzt auch der Hilfebedarf beim Ausfüllen von Anträgen. Fünf Hauptamtliche stehen den rund 300 "Kunden" zur Verfügung. Auch die Berührungsängste auf beiden Seiten seien durch die Hygieneregeln gestiegen, hat Witzlinger beobachtet.

Endlich barrierefrei

Sebastian Beetz, der Vorsitzende der Trägergemeinschaft, freute sich zwar darüber, dass seit fast drei Jahren die OBA endlich ein Büro mit barrierefreiem Zugang hat. Aber die praktische Arbeit wurde schwieriger, berichtete Antonia Hofmann vom Familienentlastenden Dienst (FED). An anderen Punkten als man erwarten könnte, treten sie auf. So kümmern sich die Mitarbeiterinnen des Familienentlastenden Dienstes auch um einen autistischen Jungen. Der habe gelernt, dass er auf dem Spielplatz zu anderen Kindern unbeschadet Kontakt aufnehmen kann. Wie ihn während des Lockdowns davon abhalten, ohne den Lernerfolg zu gefährden, war eine nicht leicht zu lösende Aufgabe.

Zuständig für den (Schul-)Assistenzbereich ist Franziska Hohe, die den Einsatz von 20 Assistentinnen koordiniert. Sie führt eine Warteliste, weil es nicht genügend Menschen gibt, die diese Assistenzarbeit machen wollen. Ihren Einsatz zahlt der Bezirk, bewilligt ihn aber nur schuljahrsweise, weshalb die OBA mit den Assistentinnen nur befristete Verträge abschließen kann. Damit löste Hohe großes Erstaunen bei den Zuhörern, überwiegend aus den Reihen der Grünen, aus.

Jährliche Prüfungen

Nicht selten sind die betreuten Kinder mehrfachbehindert und dauernde Unterstützung ist abzusehen. Dennoch wird jährlich geprüft, in welche der drei Betreuungskategorien sie einzustufen sind. Das reicht vom einfachen Helfer bis hin zu Pädagogen und Heilerziehungspflegern.

Andrea Wegler ist seit drei Jahren Assistenzkraft. Sie betreut einen Jungen, der die Schule der Lebenshilfe besucht. Er kann nicht sprechen und sich kaum bewegen und ist meist auf Sondennahrung angewiesen. Wegler legt ihm seine Orthesen an und versucht ihn zu oraler Nahrungsaufnahme zu gewinnen. "Das ist körperlich sehr anstrengend", sagte sie offen, aber auch, dass sie sich über die Blicke des Jungen freut.

Ängste nehmen

Ganz anders ist die Aufgabe von Antje Jeske. Sie unterstützt ein Mädchen mit einer Hör- und Gleichgewichtsbeeinträchtigung. Von den 20 Kindern, die Assistenz haben, ist sie die einzige, die eine Regelschule besucht. Dabei muss ihr Jeske im physischen Sinne viel zur Seite stehen. Denn eine Sturzgefahr ist immer gegeben. Das Mädchen hat deswegen Angst und wenig Selbstvertrauen. "Auch den Eltern musste ich die Angst nehmen, dass ihrer Tochter leicht was passiert."

Ob denn die Schule darauf eingestellt sei, sie habe negative Erfahrungen bei ihrer Schwester in Erinnerung, hakte Roth hier nach. Jeske beschrieb die Schulleiterin als "eher ängstlich". Sie habe gemerkt, dass der Kontakt zur Schule sehr wichtig sei, um eben solche Unsicherheiten zu klären. Auch allgemein, so Witzlinger, fehle es an Aufklärung, wie man mit Menschen mit Behinderung umgehen könne und solle.

Keine Kommentare