Comedian Archie Clapp im Forchheimer Jungen Theater zu Gast
14.2.2019, 05:59 UhrHerr Clapp, zu Beginn vielleicht eine banale Frage: Ist das überhaupt Ihr richtiger Name?
Archie Clapp: Ja, tatsächlich. Ich bin in der englischen Grafschaft Somerset geboren. Stonehenge lag nur eine Stunde entfernt. Von meinem Vater habe ich den Nachnamen und den schwarzen Humor geerbt und die Liebe zur Bühne. In seiner Freizeit spielte er nämlich Puppentheater. Beruflich war er aber auch schon Komiker, der mit Jonglagen verzaubert hat.
Sie konnten noch nicht einmal laufen, da waren Sie schon in Deutschland...
Archie Clapp: Ich bin in England geboren, aber meine Eltern konnten sich da beruflich nicht finden. In Deutschland hingegen wurde der Humor meines Vaters gebraucht. Hier konnte er ziemlich schnell von seinem Talent leben. Nachdem ich zuerst in einem niedersächsischen Dorf aufgewachsen war, zog ich als 15-jähriger Junge nach Berlin zur Ausbildung. Übrigens wie meine jüngere Schwester auch, die seit sechs Jahren als Luft-Artistin in Spanien erfolgreich ist. Seit zwölf Jahren bin ich nun auf der Bühne.
Mit der Artisten-Karriere wurde es dann aber nichts. Warum wurden Sie denn Comedian?
Archie Clapp: So eine Staatliche Artisten-Schule ist ein Ort für Hochleistungssport. Da ist es überhaupt nicht so romantisch, wie man es sich von außen gesehen vorstellt. Wer es da schafft, kann im Cirque de Soleil auftreten. Dafür war ich, ehrlich gesagt, nicht gut genug.
Ich habe zwar mit der "freistehenden Leiter" angefangen, doch später lieber Worte balanciert. Das mit der Comedy entstand aus der Not heraus, auch weil ich wegen meiner Kinder nicht zwei Monate am Stück irgendwo sein wollte. Heute bin ich darüber froh. Denn im Varieté zeigt man immer nur dieselben sieben Minuten, für die man bekannt ist. Man versucht einen Hit zu kreieren. Roberto Blanco muss auch immer wieder "Ein bisschen Spaß muss sein . . ." singen. Dabei ist er ein toller Musiker, der viele Lieder geschrieben hat. Bei der Comedy ist es so, dass man regelmäßig neues Material erarbeitet, was schön ist. Aber auch ganz schön anstrengend.
"Unglaublich viel Spaß gemacht"
Sie sind ja schon in den "Wühlmäusen" in Berlin, im "Quatsch Comedy Club" und im Tivoli in Hamburg und bei der WDR-Sendung "Night Wash" aufgetreten. Was ist das Besondere an Forchheim?
Archie Clapp: Marcus Geuß alias Marcelini hatte mich schon zweimal zum Donnerwetter Varieté eingeladen. Das hat unglaublich viel Spaß gemacht, weil das Publikum hier im Jungen Theater so offen und begeisterungsfähig ist. Ich hatte damals eine Viertelstunde Zeit. Ich habe dann aus meinem Alltag mit Frau und Kindern in Neukölln erzählt und einige Zaubertricks mit Spielkarten gezeigt.
Für Sie hat sich die Bezeichnung "Anarcho-Clown" oder "Trash-Zauberer" gefunden. Was ist denn darunter zu verstehen?
Archie Clapp: Bei Trash- oder Anti-Zauberei geht es nicht um den Wow-Effekt, wenn ein Kunststück gelungen ist und sich die Zuschauer nicht erklären können, wie ich es gemacht habe. Es geht vielmehr um Gags und Lacher, wenn ich so tue, als ob ich aus Versehen den Trick erkläre, der hinter der Magie steckt. Ich ramme mir dann eine Nadel durch die Zunge, steche mit einer Gabel ins Auge oder ziehe mir einen langen Zauberstab aus der Unterhose. Das mit dem "Anarcho-Komiker" kommt wohl daher, dass ich ständig auf der Grenzlinie des guten Geschmacks balanciere. Das kann sehr lustig werden, aber auch sehr hart. Je krasser die Themen, desto besser wird man als Komiker.
Ein Story-Telling-Komiker
Welche Art Comedy darf man denn erwarten?
Archie Clapp: Gute Frage, ich kann Ihnen sagen, was ich nicht bin. Ich bin kein One-Line-Komiker wie Johnny Armstrong, der als Engländer übrigens auch in Berlin lebt. Bei mir ist nicht jeder Satz eine Pointe. Ich bin auch kein Impro-Komiker wie Ralf Schmitz, der gänzlich ohne Text auf die Bühne geht, um dann mit dem Publikum gemeinsam etwas zu erschaffen. Am ehesten bin ich ein Story-Telling-Komiker, der aus seinem Alltag erzählt. Es gibt da immer wieder Situationen, in denen man nicht so cool reagiert, wie man es sich nachher vielleicht gewünscht hätte. Wenn man dann dasitzt und die Geschichte zu Papier bringt, kann man sich doch noch zum Superhelden umschreiben.
Und die Gretchen-Frage? Wie halten Sie’s mit dem Schreiben?
Archie Clapp: Das mache ich selbst. Auch weil ich keinen Text auswendig lernen kann. Es muss aus mir heraus kommen. Ich bin davon besessen herauszufinden, wie ein Witz funktioniert, warum die Zuschauer lachen. Das ist beinahe ein wissenschaftlicher Ansatz. Oft geht man auf die Bühne, und es ist gar nicht lustig. Den Profi und den Amateur unterscheidet nur, dass ersterer besser ahnen kann, ob der Sprung über die Klippe klappt. Ob man von Lachern getragen abhebt oder in ein stilles Loch fällt.
"Als Spaß-Sklave im Altersheim kläglich gescheitert"
Wie ändern sich die Geschichten, die Sie erzählen?
Archie Clapp: Sie werden mit jedem Jahr persönlicher. Sonst merken die Leute sofort, dass es nicht echt ist. Die Worte drehen sich um meine ersten Schritte ins knallharte Show-Business. Wie ich als Spaß-Sklave in einem Altersheim kläglich gescheitert bin und andere Peinlichkeiten, die man als Zuhörer vielleicht auch schon erlitten hat. Oder wie ich im Arbeitsamt alles geben musste, um nicht mit einem Job an der Hand herauszukommen. Die besten Pointen schreibt eben immer noch das Leben.
Erzählen Sie uns doch eine kleine Anekdote!
Archie Clapp: Ich war mal wieder mit der U-Bahn durch Berlin unterwegs. Da sprach mich plötzlich eine ältere Dame an. "Waren Sie nicht vor Kurzem im Quatsch Comedy Club?" Mein Ego ist glatt um drei Meter gewachsen, so stolz war ich, dass mich sogar eine Oma kennt. Dann wollte sie ein Selfie machen und rief ihren Begleiter herbei: "Gerhard, komm doch mal her, hier ist Oliver Pocher!" Offensichtlich bin ich trotz 140 Auftritten im Jahr immer noch nicht berühmt. Vielleicht ändert sich das ja in Forchheim.
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