Corona: Impfzentrum in Forchheim steht in den Startlöchern
7.12.2020, 15:41 UhrDer Landrat sagt selber, dass er dieses Bild heute gleich mehrmals bemühen will, das Bild des „Lichtblicks am Ende des Tunnels“. Und irgendwie passt es ja auch an diesem kalten Dezember-Montagmorgen in den verwaisten Hallen, Fluren und Räumen des einstigen Don-Bosco-Schülerwohnheims in Forchheim. Denn was an diesem zunächst menschenleeren Ort entsteht, soll in wenigen Wochen Menschenleben retten: „Innerhalb kürzester Zeit“, so Hermann Ulm, stampft man hier das Corona-Impfzentrum des Landkreises aus dem Boden.
In dem seit über einem Jahr leerstehenden „Jugendwerk“ der Salesianer herrscht inzwischen rege Betriebsamkeit. Die Räume im Erd- und Obergeschoss werden renoviert, mit all dem Inventar ausgestattet, den es braucht, um daraus eine medizinische Behelfseinrichtung zu machen, eine Ad-hoc-Klinik sozusagen, die nur einen Zweck verfolgt: Sobald der oder die Vakzine gegen das Coronavirus ankommen, auch die ersten Landkreisbewohner zu impfen. Das sollen bekanntlich Hochrisikogruppen sowie Personal aus dem Gesundheits- und Pflege-Sektor sein.
Für das Salesianer-Oberhaupt, Pfarrer Heinz Weierstraß, war es als „Hausherr“ gar keine Frage, dem Landkreis die leere Immobilie „für diesen so wichtigen sozialen Zweck“ zu überlassen – und zwar kostenfrei. Nach einer Ausschreibung im Rekordtempo hat das Impfzentrum nun auch einen Betreiber, im Grunde sind es sogar zwei: Der ASB Forchheim wird die Einrichtung leiten, zusammen mit dem regionalen Ärztenetzwerk UGEF (Unternehmung Gesundheit Franken), einem Zusammenschluss von Haus- und Fachärzten sowie Kliniken im Großraum Forchheim.
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Der UGEF-Mitbegründer und Pretzfelder Allgemeinmediziner Hans-Joachim Mörsdorf übernimmt die ärztliche Leitung des Zentrums, der hiesige ASB samt seinem Regionalverband die organisatorische. Den Rahmen bildet wiederum das Landratsamt mit dem Gesundheitsamt. Für die allgemeine Sicherheit sorgt die Effeltricher Firma „Guardian“, deren Security-Personal bereits die Abstrichstelle in der Ruhalmstraße betreut – und fortan rund um die Uhr, innerhalb wie außerhalb, auch ein Auge auf das neue Impfzentrum wirft.
Termin wird eingehalten
Wann es in Betrieb geht? Am meisten hängt die Antwort darauf davon ab, wann der/die Impfstoff(e) in Deutschland zugelassen sind und deren Verteilung starten kann. Feuerwehr und THW wollen das Gebäude jedenfalls in wenigen Tagen in Sachen Brandschutz und Co. frei- beziehungsweise übergeben, teilt Kreisbrandrat Oliver Flake mit. Mörsdorf und ASB-Geschäftsführer Sebastian Beetz erklären, dass die Ärzte und ihre Helfer kommende Woche einsatzbereit sein wollen.
Damit kann die Vorgabe aus München – alle Impfzentren startklar bis 15. Dezember – erfüllt werden. Ein Vorteil für den Landkreis ist hier die bereits vollerschlossene Immobilie in der Don-Boco-Straße, wie Landrat Ulm hervorhebt.
RKI und ständige Impfkommission erarbeiten bis nächste Woche die Leitlinien, daraufhin soll auch die Impfstrategie des Freistaates in allen Details spruchreif sein.
300 Dosen am Tag, vier Teams
Mindestens 300 Impfungen am Tag in allen Landkreisen und kreisfreien Städten lautet das vorerst angestrebte Ziel der Staatsregierung – und laut Mörsdorf könnte man das aufgrund der guten räumlichen Verhältnisse im alten Schülerwohnheim sogar noch ausbauen (siehe weiter unten).
Sobald die Impfungen beginnen, werde dann „montags bis sonntags durchgeimpft“, so der Arzt. Und das von vier Einsatz-Teams, denen jeweils ein Arzt vorsteht. „Laut Ausschreibung“, sagt ASB-Mann Beetz, seien es insgesamt vier Ärzte, sieben medizinische Fachangestellte und sieben Verwaltungskräfte.
Diese Teams sind im Übrigen „mobil“, wie Beetz mit Blick auf Pflegeheim-Bewohner und Menschen mit eingeschränkter Mobilität ergänzt: „Selbstverständlich werden nicht alle Impfungen im Zentrum stattfinden.“ Hier wären ein umgebauter Linien-Bus („Impfbus“) denkbar oder eben Rettungswagen, um die Bewohner dann vor Ort zu impfen. Das Zentrum in Forchheim ist wiederum barrierefrei, Impfungen für gehbehinderte Menschen finden im Erdgeschoss statt.
Das rasante Tempo der Impfstoffentwicklung und das beschleunigte Zulassungsverfahren verunsichere freilich viele Menschen, sagt Mörsdorf. Doch sei das – vor allem angesichts der täglichen Covid-Todesfälle – der Situation geschuldet, man wolle keine wertvolle Zeit mehr verstreichen lassen. „Und alle bisherigen Untersuchung zeigen eine gute Verträglichkeit“, es deute derzeit nichts darauf hin, dass sich mögliche Nebenwirkungen von denen bereits bekannter und zugelassener Vakzine unterscheiden würden, so der Arzt.
Zuletzt betont Landrat Ulm zwei Sachverhalte nochmals ausdrücklich: Ein zentrales Impfzentrum für knapp 120.000 Landkreisbewohner sei freilich nicht die Langzeit-Perspektive und auch nicht dafür geplant. Das Zentrum diene in den kommenden Wochen und Monaten nur für die Anlaufphase, bevor die Impfungen in die breite Masse der Bevölkerung gehen können – „so, dass sich mittelfristig jeder bei seinem Hausarzt ganz normal impfen lassen kann, wie bei jeder anderen Impfung auch.“
Und Hermann Ulm hebt hervor: „Das ist ein Angebot an unsere Bevölkerung, eine Dienstleistung. Es wird keine Impf-Pflicht geben.“
So soll es ablaufen
Angenommen, der Impfstoff ist da und das Impfzentrum in Betrieb, soll es – Stand heute – theoretisch dort so laufen: Man erhält einen Termin und findet sich am Zentrum ein. Vor dem Haupteingang gibt es eine Einlasskontrolle durch Security-Mitarbeiter. In der Eingangshalle erfolgt die Anmeldung. Danach wird man (eventuell via Video) im Aufklärungsraum und beim Einzel-Arztgespräch über die Impfung aufgeklärt (rund 15 Minuten). Dann erfolgt die Impfung (fünf Minuten) und hinterher die Nachbeobachtung (30 Minuten), alles in separaten Räumen. Das ganze Prozedere dauert also etwa eine Stunde.
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PHILIPP ROTHENBACHER