Corona und die Folgen: Wie umgehen mit Stress in der Familie?

5.5.2020, 17:35 Uhr
Keine Schule, kein Kindergarten, Home Office und vielleicht auch noch finanzielle Nöte: In Corona-Zeiten stehen Eltern vor riesigen Herausforderungen.

© Patrick Pleul/dpa Keine Schule, kein Kindergarten, Home Office und vielleicht auch noch finanzielle Nöte: In Corona-Zeiten stehen Eltern vor riesigen Herausforderungen.

Eltern müssen gerade in Corona-Zeiten viele Dinge gleichzeitig jonglieren. In einigen Bereichen wird sich der neue Alltag bereits eingespielt haben, es wird aber auch immer wieder Situationen geben, die Eltern vor große Herausforderungen stellen. Anstrengende Zeiten verlangen nach neuen Ideen: Nachfolgend geben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Erziehungsberatungsstelle Forchheim einige Anregungen. 

Es ist längst Zu-Bett-Geh-Zeit, alle sind geschafft vom Tag – außer der Dreijährige. Statt Zähne zu putzen, rennt er singend durch die Wohnung und stößt noch ein volles Glas um. Der Zehnjährige versteht nicht, warum er zum fünften Mal als Hausaufgabe ein Bild malen soll. Es fließen dicke Tränen, außerdem ist sowieso alles „doof“, „wenn man sich nicht mit Freunden treffen kann“.

Die 14-Jährige will mit Mama quatschen. Sie redet ohne Punkt und Komma, vergisst aber zu erwähnen, dass sie noch eine Hausaufgabe für Mathe erledigen muss. Gut, dass die Lehrer auch mit Mama in E-Mail-Kontakt stehen und so wenigstens einer an die Aufgabe denkt. Im Home Office ist gerade ein riesiger Auftrag eingegangen. Arbeit für drei Tage, die volle Konzentration fordert. Alles kein Problem für Super-Eltern! Oder doch?

Das Stress-Level von Eltern wird zurzeit ordentlich befeuert. Die Kinder bespaßen, Schulaufgaben begleiten, Gefühlsausbrüche abfangen, den Haushalt schmeißen, dem eigenen Arbeitgeber gerecht werden und dabei gut gelaunt bleiben? Schier unmöglich! Verständlich, wenn unter diesen Voraussetzungen der eine oder andere Geduldsfaden reißt.

Die Rahmenbedingungen zu ändern, ist aktuell nicht möglich. Aber es gibt Wege, die helfen, so manche Herausforderung etwas gelassener sehen zu können. Ob eine Situation als Stress erlebt wird oder gelassen hingenommen werden kann, hängt auch davon ab, mit welcher inneren Haltung wir ihr begegnen. Entspannung beginnt also schon im Kopf. Doch wie soll das gehen?

Die anfangs beschriebenen Situationen lassen Eltern häufig genervt zurück. Oft werden nur noch die negativen Seiten gesehen. Und hier liegt bereits der Schlüssel für einen entspannteren Umgang: Ein Werkzeug, um Emotionen in den Griff zu bekommen, ist das sogenannte „Reframing“. Das bedeutet „Umdeutung“ oder „Neuinterpretation“. Das heißt dem Erlebten wird eine neue Bedeutung zugewiesen, um dadurch neue Sicht- und Handlungsweisen zu erschließen. Ein und dieselbe Situation kann also unser Gehirn aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

Die Sozialwissenschaftlerin Anette Prehn erklärt dazu: Wenn es gelingt, einer Problemsituation eine andere Bedeutung zu geben, entsteht Distanz zur Situation. So wird wiederum eine effektive Auseinandersetzung mit dem Problem möglich. Mit Übung kann es sogar gelingen, das Gehirn so zu trainieren, dass es vor allem Perspektiven einnimmt, mit denen es uns besser geht.

Die Technik des Reframing kann leicht eingeübt werden. Die Aufgabe besteht dabei darin, eine herausfordernde Situation des eigenen Alltags herauszugreifen und sie dann bewusst aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Jede Neuinterpretation wird als kurzer Satz auf einem Papier festgehalten. Dabei kann es durchaus lustig zugehen. 
Wie lässt sich also zum Beispiel ein dreijähriger Zahnputz-Verweigerer umdeuten? – Wohnzimmerkonzert der anderen Art; – wer laut singt, fühlt sich pudelwohl; – in meinem Sohn steckt ein echter Entertainer; – er geht voll in seiner Sache auf, sodass er alles um sich herum vergisst (auch das volle Glas).

Positiv uminterpretieren

Und wie würde man beispielsweise den Redefluss der Tochter neu interpretieren? – meine Tochter kann aus wenigen Geschehnissen viele Worte zaubern – der nächste Deutschaufsatz wird wohl super – sie genießt es, bei mir ein offenes Ohr zu finden – meine kleine liebenswerte Quasseltante – Redezeit ist medienfreie Zeit.

Die Neuinterpretationen können im „Einzelspielermodus“ oder im „Team“ gesammelt werden. Gelingt das Reframing einer Situation, dann gelingt es nicht nur weniger gestresst zu sein, sondern auch, weniger gestresst darauf zu reagieren.

Der Tipp der Erziehungsberatungsstelle für künftige Stress-Situationen: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um tief durchzuatmen, suchen Sie eine neue Perspektive für die Situation und gehen Sie die Herausforderung so gestärkt an.

Wenn Sie das Gefühl haben, Sie brauchen Unterstützung, um mit den aktuellen Hürden Ihres Familienlebens zurechtzukommen, dann holen Sie sich professionelle Hilfe. Auch in Corona-Zeiten finden Sie kostenfreie Beratung für Kinder, Jugendliche und Eltern bei der Erziehungsberatung Forchheim. Greifen Sie zum Telefonhörer oder nutzen Sie die Onlineberatung. Auch Kinder und Jugendliche können sich kostenlos und anonym an uns wenden.

Die Erziehungsberatung Forchheim ist erreichbar: Montag, Dienstag, Donnerstag 8.30 bis 12 Uhr und 14 bis 16.30 Uhr, Mittwoch 14 bis 16.30 Uhr, Freitag 8.30 bis 13 Uhr unter Telefon (09191) 707240 oder www.caritas.de/onlineberatung.

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