«Die Welle» ist aktuell

30.05.2007, 00:00 Uhr
«Die Welle» ist aktuell

© Hitschfel

Das Theaterensemble hatte sich an ein anspruchsvolles Stück gewagt, das auf einer wahren Begebenheit basiert. Zum Inhalt: «Wenn die Mehrzahl der Deutschen keine Nazis waren, warum hat dann keiner versucht den Holocaust zu verhindern?» Diese Kernfrage stellten sich die Schüler 1967 an einer amerikanischen Highschool in San Francisco. An dieser Schule unterrichtet Ben Ross (gespielt von Patrick Schroll) das Schulfach Geschichte.

Außenseiter wird integriert

Ben Ross beschloss mit den Schülern ein Experiment zu starten. So wurden als neue Tugenden Disziplin und Gemeinschaft einstudiert. Fortan müssen die Schüler Haltung einnehmen und aufrecht sitzen. Als dann die ganze Klasse zur Aktion schreitet und eine Bewegung auslöst, die sich über die Schule ausbreitet, gerät das Experiment außer Kontrolle.

Aus einer kleinen Gruppe wird die Bewegung «Die Welle» gegründet. Geschichtslehrer Ross hat das Projekt nicht mehr unter Kontrolle und muss hilflos mit ansehen, wie sich «Die Welle» verselbstständigt und er zum Diktator wird. Die Schüler opfern ihre Individualität und zwingen andere Schüler Mitglied der Welle zu werden. Selbst der bisherige Klassenaußenseiter Robert Billings (gespielt von Johanna Hertl) ist auf einmal integriert. Ben Ross’ Frau Christie (Nadja Richter) - ebenfalls Lehrerin an der Schule - versucht ihren Mann wach zu rütteln.

Laurie Saunders (Ramona Birkholz) von der Schülerzeitung ist zwar anfangs von «Der Welle» angetan, wird zum Gegner der Initiative und versucht über das Medium «Schülerzeitung» den Kampf gegen die «Wellenbewegung» aufzunehmen.

Als sich Laurie immer mehr gegen die Welle stellt, trennt sich sogar ihr Freund David (Michael Stodola) von ihr und wird ihr gegenüber gewalttätig. In weiteren Rollen spielen Daniel Wiegärtner, Amelie Göbel und Anita Eberlein. Als dann auch noch ein jüdischer Schüler an der Highschool durch Mitglieder der Wellenbewegung verprügelt wird, scheint Ross aus seinem Delirium als Diktator zu erwachen.

Er beruft eine Mitgliederversammlung ein, bei der er den Schülern schonungslos mit Bild- und Tonbandaufnahmen die Augen öffnet und ihnen so die Parallelen «Der Welle» zum damaligen «Nazi-Deutschland» aufzeigt. Ist alles wirklich nur ein Spiel oder werden bei Gemeinschaftssinn und Tugend wirklich die menschlichen Gehorsamsmechanismen wieder in Gang gesetzt?

Zehn Jahre lang war dieses Experiment ein wohlbehütetes Geheimnis, erst dann entschloss sich Ron Jones die Ereignisse als Geschichte zu veröffentlichen. Die Theatergruppe der Fachoberschule zeigte eine sehr gut einstudierte, mitreißende und tiefsinnige Aufführung mit Gänsehaut-Faktor. ALEXANDER HITSCHFEL