Illegale Mountainbike-Strecken

Forchheim: "Ein Trailpark macht uns den Kellerwald kaputt"

14.7.2021, 06:00 Uhr
Forchheim:

© Athina Tsimplostefanaki

Einen Trampelpfad nennt der Angelsachse seit jeher „trail“. Die gleiche Bezeichnung nutzen Mountainbiker auch für ihre Hindernisparcours. Die gibt es einerseits in komplett künstlich angelegter Form, ähnlich wie Skateboard-Anlagen oder Motorcross-Strecken. Andererseits geht auch hierzulande der Trend in die freie Natur: immer mehr solcher „Trailparks“ für Mountainbike-Fahrer werden an den Hängen von bewaldeten Hügeln und Bergen aus dem Boden gestampft.

Auch in Forchheim ist eine solche Strecke schon länger im Gespräch. Ende 2020 sammelte die eigens dafür gegründete Interessengemeinschaft (IG) „Trailpark Forchheim“ in einer Online-Petition mehr als 1300 Unterstützer für ein solches Vorhaben.

Wenn Stadtförster Stefan Distler auf das Thema zu sprechen kommt, wird er emotional, und manchmal treibe es ihn „zur Weißglut“. Schließlich geht es dabei um „seinen“ Wald. Und er sieht schon heute, was Mountainbiker dort anrichten.

„Ein Trailpark steht den Belangen des Naturschutzes absolut entgegen“, betonte Distler nun gegenüber den gut zwei Dutzend Teilnehmern (allen voran Oberbürgermeister Uwe Kirschstein, Stadträte und Verwaltungsmitarbeiter) der jährlich stattfindenden Exkursion durch den Forchheimer Stadtwald, die sich heuer auf den 180-Hektar-Distrikt auf der Reuther Seite, insbesondere den Kellerwald, konzentrierte. Tatsächlich sind die Auswirkungen des illegalen Mountainbikens im Stadtwald offensichtlich.

Am „Erlberg“, einem Areal, das östlich ans Annafestgelände grenzt, ziehen sich die wilden und gefährlichen Rad-Bahnen über Steine, Gruben, Wurzelwerk und sogar selbstgebastelte Schanzen den steilen Hang hinab.

Folgen für Pflanzen und Tiere

„Früher“, so Distler, „war es mal eine einzige Bahn“. Das habe sich rasch geändert: „Die Hauptbahn fängt oben in Serlbach an, geht quer durch den Wald, dann verzweigt sie sich zu inzwischen schon fünf Bahnen und am Ende geht das Ganze bis zu den Kellern“, erklärte Distler.

Die Folgen: Der Waldboden und Pflanzenarten werden zerstört, es kommt zur Beeinträchtigungen und Beunruhigung der Wildtiere in ihrem Lebensraum, was wiederum in Zeiten des Klimawandels (und zusätzlich zu den bestehenden Erholungsangeboten wie Walking-Strecken) weitere und, so Distler, „nicht mehr zumutbare“ Auswirkungen auf die Natur, den Wildbestand und im Umkehrschluss auch auf die Jagd habe.

Eine andere Frage: Wer zahlt und haftet, wenn ein Radler stürzt und sich verletzt, wer kommt für Sachschäden auf? „Würde eine legale Trail-Strecke angelegt werden, würde ein Verkehr eröffnet werden – und die Verkehrssicherungspflicht liegt bei der Stadt Forchheim“, sagte Distler. Um die zu gewährleisten, wäre eine Anlage nur mittels aufwändiger (und teurer) Seilklettertechnik durchführbar, so der Stadtförster weiter.

Er beschrieb auch auf die Gesetzeslage im Freistaat: Demnach sei Radfahren innerhalb eines Waldbestandes sowie auf nicht befestigten Wegen nicht zulässig. Zudem ist der Stadtwald als „Erholungswald Stufe II“ eingestuft, Boden-, Klima- und Umweltschutz spielten hier eine ebenso große Rolle wie der Naherholungsfaktor.

Mit Blick auf die wachsende Zahl an Mountainbikern und die gleichfalls wachsende Zahl an illegal angelegten Strecken Stadtwald ist sich Distler sicher: „Eine offizielle Bahn wird den Bikern schon bald nicht mehr reichen.“ Beispiel aus anderen Kommunen hätten bereits gezeigt, das legal angelegte Strecken mit der Zeit „unattraktiv werden“ und dann „werden eben kurzerhand fernab neue wilde Trails angelegt“. Die Meinung des Stadtförster ist klar: „Wenn wir den Mountainbiker einen Trailpark zusichern, wird unser ganzer schöner Kellerwald kaputtgefahren.“

Forchheims Jugendbeauftragter Sebastian Hösch, dessen JB-Fraktion die Trailpark-Idee unterstützt und im Stadtrat unlängst auf mehr Tempo zur Vorstellung eines Konzeptes drängte, wollte das so nicht stehen lassen. „Wenn wir nichts machen, wird sich die Situation eher verschärfen“, meinte Hösch. Er argumentierte dabei im Sinne der Trailpark-Initiative, die auf eine ausgewiesene, legal angelegte Strecke pocht, gerade um das illegale und schädigende Treiben in geordnete Bahnen zu kanalisieren. Andernorts, so Hösch, gingen solche Konzepte ja auch auf.

Er wünschte sich, dass sich alle Beteiligten – Mountainbiker, Trailpark-Unterstützer, (Naturschutz-)Verbände, Vertreter der Verwaltung, des Stadtrats und der Försterei – an einen Tisch setzen, um eine gemeinsame Lösung finden. Damit stieß er zumindest bei Stadtförster Distler auf wenig Gegenliebe: „Wer glaubt, dass Biker sich mit nur einer Bahn zufrieden geben, ist ganz weit weg von der Realität.“

Im Rathaus hat man das Thema schon länger auf dem Schirm, auch wenn der OB zuletzt darauf verwiesen hatte, dass im Zuge der Pandemie viele Wunschlisten-Themen (darunter der Trailpark) schlichtweg das Nachsehen haben mussten. Die nun erfolgte Waldbegehung ist als weiterer Baustein in der Debatte über das Pro & Contra einer Mountainbike-Strecke in Forchheim zu verstehen.

Und Kirschstein möchte dabei auch den Blick weg vom Landschaftsschutzgebiet Stadtwald, hin zum Staatswald und den Waldgebieten im Umkreis der Stadt lenken. Kirschstein jedenfalls zeigt sich weiter gesprächs- und kompromissbereit – fordert diese Bereitschaft aber auch von Seiten der IG und der Mountainbiker-Verbände.

Das sagen die Trailpark-Unterstützer

Sebastian Hösch ärgert es im Nachgang der Exkursion, wenn bei der Trailpark-Diskussion „alle Mountainbiker komplett über einen Kamm geschert werden“. Oft heiße es, die Biker würden „ja nur nachts und illegal“ durch den Wald preschen. „Das ist natürlich großen Schmarr’n“, sagt Hösch. Freilich gebe es einige Unverbesserliche, wie überall. Aber wie überall repräsentierten sie nicht die große Mehrheit der Mountainbiker.

Völlig einverstanden sei er mit Stadtförster Distler, dass die jetzigen „wilden“ Strecken im Landschaftsschutzgebiet „gar nicht gehen“. Doch gebe es durchaus Areale im Stadtwald, die Möglichkeiten für einen Trail böten. Oder besser: mehrere Trails. „Mit einer einzigen Strecke ist es auch nicht getan, freilich“, sagt Hösch. Es brauche da schon „eine gewisse Abwechslung im Angebot“. Ziel wären für ihn beispielsweise drei oder voneinander getrennte Trails – mit je unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden – in einem Waldabschnitt. Und das zum Beispiel in einem Abschnitt nahe an den Kellern, wo es ohnehin immer schon viel Publikumsverkehr gegeben habe und dementsprechend wenig Wild gestört werden würde, so Hösch. Auch wenn es „schon verhärtete Fronten“ gebe, appelliert er an alle Beteiligten: „Setzen wir uns zusammen und finden eine gemeinsame Lösung!“

Laut OB Kirschstein hat es schon mehrere derartiger Gesprächsrunden gegeben, doch zum erhofften großen Runden Tisch ist es nach Angaben eines Sprechers der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB), die das Anliegen der Forchheimer Trailpark-IG unterstützt, noch nicht gekommen. Auch der Verbandssprecher betont, dass sich Trails und Naturschutz „keineswegs widersprechen müssen“. Im Gegenteil: Man sehe das Problem der illegalen Strecken und gerade deswegen „wollen wir die Leute zusammenbringen und für den richtigen Umgang mit dem Wald, den Tieren und den Menschen sensibilisieren – und da wäre ein Trailpark eine gute Sache“.

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