Forchheim schreibt Rechtsgeschichte - und muss bezahlen

Philipp Peter Rothenbacher

Nordbayerische Nachrichten Forchheim-Ebermannstadt

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1.1.2019, 10:00 Uhr
350.000 Euro für den Vergleich und rund 800.000 Euro für das Gerichtsverfahren: So viel müsste der Landkreis bezahlen, damit der Rechtsstreit mit der Stadt Forchheim beigelegt werden kann.

© dpa 350.000 Euro für den Vergleich und rund 800.000 Euro für das Gerichtsverfahren: So viel müsste der Landkreis bezahlen, damit der Rechtsstreit mit der Stadt Forchheim beigelegt werden kann.

Weder der Landkreis, noch die Stadt Forchheim sind mit dem glücklich, was der Münchener VGH in zweiter Instanz da unlängst angeboten hat. Das wurde deutlich in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses, in dessen Reihen ja nicht nur politische Vertreter des Landkreises sitzen, sondern – vor allem in Gestalt von Bürgermeister Franz Streit (CSU) – auch gewichtige Repräsentanten der Stadt Forchheim.

Reinhold Göller, Rechtsexperte und Geschäftsbereichsleiter am Landratsamt, hatte die Kreisräte offiziell über den Vergleichsvorschlag des Gerichtes informiert — und ihnen die dazugehörige, ausführliche Begründung vom Juristischen ins Deutsche übersetzt.

Göller stellte klar, dass der Kreis nun zwei Möglichkeiten habe und blieb dabei stets im Konjunktiv: Sollte der Vergleichsvorschlag von beiden Seiten angenommen werden, wäre das der Berufungsverhandlung zugrundeliegende Urteil des Bayreuther Verwaltungsgerichts vom Oktober 2017 gegenstandslos – „als ob es niemals existiert hätte“. Mit anderen Worten: Der Landkreis zahlt Forchheim 350.000 Euro (diesen Betrag hatte die Stadt zu Beginn der damaligen Verhandlung in Bayreuth als Streitsumme genannt) und trägt allein die Kosten des Verfahrens. Der Rechtsstreit wäre damit beendet.

Oder aber, so Göller weiter, der Landkreis gehe nicht auf den Vergleichsvorschlag ein und lässt es auf ein Urteil des VGH ankommen. „Wie aus der Begründung des Gerichts hervorgeht, würde das aber höchstwahrscheinlich wieder zugunsten der Stadt ausgehen.“ Denn der VGH hat das Urteil des Bayreuther Gerichts insofern bestätigt, dass auch er die Kreisumlage des Jahres 2014 (Forchheim wurde mit 14,2 Millionen Euro zur Kasse gebeten) sowie die Haushaltssatzung des Landkreises für „fehlerhaft“ hält. Allerdings weniger aus inhaltlichen, als vielmehr aus formalistischen Gründen. Sprich: Formulare beziehungsweise Tabellen wurden nicht korrekt ausgefüllt.

1,15 Millionen Euro — bis jetzt

Nach der erwartbaren Niederlage, erklärte Göller weiter, würde der Kreistag dann in Revision gehen und die von den Gerichten beanstandeten Fehler durch den Neuerlass einer Haushaltssatzung beheben. Und letztlich, so der Jurist, käme dabei wahrscheinlich wieder der bekannte Umlagesatz von 14,2 Millionen Euro heraus. Das juristische Spiel ginge also wieder von vorne los, inklusive weiter steigender Verfahrenskosten.
Die bezifferte Göller im Übrigen auf bislang etwa 800.000 Euro. Zusammen mit dem Vergleich macht das folglich rund 1,15 Millionen Euro, die das Verfahren (sollte es zum Vergleich kommen) gekostet hat. Zu zahlen vom Landkreis.

Allerdings ist die Stadt Forchheim der weitaus größte Umlage-Zahler des Kreises, Geld aus der Rathauskasse finanziert den Kreishaushalt zu 15 Prozent und rund ein Drittel der gesamten Kreisumlage. Am Ende zahlt die Stadt also die Verfahrenskosten auch mit. Und der Steuerzahler die Vergleichssumme von 350.000 Euro.

Forchheim hat mit seiner Klage jedenfalls einen Präzedenzfall in der Kommunal- beziehungsweise Landespolitik geschaffen und, das betonte Göller, „Rechtsgeschichte geschrieben“. Das jedoch zu einem denkbar hohen Preis. Zwar gab es nach der „Information“ seitens des Juristen für den Kreisausschuss nichts zu entscheiden (den Beschluss über das weitere Vorgehen muss der Kreistag im kommenden Jahr fällen).

"Die wollen nicht Recht sprechen"

Doch die Statements im Gremium waren ziemlich einhellig: „Wir haben jetzt zweimal vor Gericht gewonnen“, meinte etwa Franz Streit im Namen der Stadt. „Aber zufrieden sind wir nicht.“ Eine Antwort auf die Frage, die im Zuge des Verfahrens geklärt werden sollte — die Stadt beklagte, dass der Kreis eine unverhältnismäßig hohe Umlage verlangen würde und so unangemessen hohe Rücklagen (Gewinne) angesetzt habe — gebe es auch in zweiter Instanz nicht.

Wolfgang Fees (SPD) zeigte sich „traurig, dass alles so weit kommen musste“ und kritisierte den VGH: „Die wollen nicht Recht sprechen, weil das Ganze auch für sie zu kompliziert ist.“ Sebastian Körber (FDP) nannte die richterliche Begründung „befremdlich“ und ärgerte sich, „dass am Ende der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird“.

Die Tendenz war zuletzt über alle Fraktionen hinweg spürbar: lieber ein Vergleich statt eine Fortsetzung des Verfahrens mit immer höheren Kosten. Zustande kommt der Vergleich, wenn sich Stadt und Landkreis bis spätestens 18. Februar geeinigt haben.

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