Forchheim: Sind Züge eine Alternative zur Ostspange?
8.10.2018, 07:00 UhrWelchen Vorschlag machen die Gegner der Ostspange?
Die Bürgerinitiative Wiesenttal ohne Ostspange (Biwo) will lieber die Anbindung der Pendler an den Öffentlichen Nahverkehr verbessern. Bei ihrer Hauptversammlung 2017 präsentierten sie Pläne für ein „besseres Verkehrskonzept“. Dieses sieht vor, die bisherige Bahnstrecke nach Ebermannstadt bis nach Gasseldorf fortzuführen und die Bahnhöfe entlang der Strecke inklusive Park+Ride-Plätzen auszubauen. Bisher fährt die Agilis- Bahn auf der eingleisigen Strecke im Ein-Stunden-Takt. Der Betrieb solle im 30-Minuten oder 20- und 40-Minuten-Takt erfolgen und die Pendler aus dem Wiesenttal so stärker an das S-Bahn-Netz in Forchheim anschließen, heißt es.
Den Bau der Ostspange plant das Staatliche Bauamt Bamberg. Berücksichtigt das Amt den Vorschlag der Biwo?
Ja, sagt Uwe Zeuschel, Bereichsleiter für den Straßenbau. Folgen für den Bau der Ostspange wird das aber nicht haben. „Die Grundlage einer jeden Planung ist eine ordentliche Verkehrserhebung und da gehört die Schiene dazu“, sagt Zeuschel. Das Bauamt wolle den „eventuellen Effekt“ einer ausgebauten Zugstrecke prüfen. „Doch wir planen nicht für das Schienennetz.“ Das Bauamt wolle damit auch auf das Argument der Gegner des Straßenbauprojektes eingehen, heißt es. Mehr aber auch nicht.
Wer verkehrt auf der Bahn-Nebenstrecke zwischen Forchheim und Ebermannstadt?
Seit Juni 2011 fährt die private Firma Agilis zwischen den Orten im Wiesenttal. Agilis hat die Deutsche Bahn AG abgelöst. Die DB besitzt noch die Schienen und Bahnhöfe. Der Vertrag mit Agilis läuft bis zum Jahr 2023.
Wie viele Fahrgäste nutzen den Zug?
In Bayern für die Planung des Schienennetzes zuständig, ist die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) mit Sitz in München. Auf Nachfrage der Redaktion teilt sie mit: „Im Zeitraum von 2012 bis 2016 ist die Nachfrage kontinuierlich bei rund 750 Fahrgästen an einem durchschnittlichen Werktag geblieben.“ 2017 hat die Strecke rund 200 Passagiere am Tag verloren. Die BEG führt das auf den Schienenersatzverkehr zurück, der mehrere Monate wegen Bauarbeiten rund um den Bahnhof Forchheim eingerichtet war. Das Unternehmen Agilis ist auf Nachfrage mit den Fahrgastzahlen zufrieden. „Unser Fahrplanangebot wird gut angenommen“, sagt Pressesprecherin Katharina Ziegler.
Zu welchen Zeiten verkehrt der Zug auf der Strecke?
Bisher verkehrt der Zug von Ebermannstadt nach Forchheim im stündlichen Takt ab 9.02 Uhr bis 22.02 Uhr. In die entgegengesetzte Richtung fährt der Zug täglich stündlich von 8.39 Uhr bis 22.39 Uhr. Am Wochenende und werktags ist der Zug zu zusätzlichen Zeiten unterwegs, beispielsweise ab Ebermannstadt bereits ab 5.20 Uhr, ab Forchheim ab 5.54 Uhr. Einige Verbindungen aus Ebermannstadt haben ihre Endhaltestelle nicht in Forchheim, sondern fahren weiter bis nach Bamberg.
Soll sich am Takt etwas ändern?
Die Agilis könnte sich das vorstellen, entscheiden muss das aber die BEG. In Abstimmung zwischen beiden Unternehmen entsteht der Fahrplan. „Aktuell prüft die BEG die Möglichkeiten, die Bedienungszeiten der Strecke auszuweiten“, heißt es. Unter anderem hat die BEG die zweistündige Lücke im Abendverkehr im Blick. Rund um 21 Uhr verkehrt der Zug in keine der beiden Richtungen bisher. Das könne sich ändern. Erste Ergebnisse dieser Prüfung sollen im ersten Halbjahr 2019 vorliegen.
Ist es möglich, den Zug öfter als einmal in der Stunde zwischen den Orten verkehren zu lassen?
Ein Ausbau ist für Agilis denkbar, „aber mit einem Gleis nicht möglich“, sagt Agilis-Pressesprecherin Katharina Ziegler. Damit sich die Züge nicht in die Quere kommen, wäre zumindest ein Ausweichgleis notwendig. Die BEG sieht hingegen keinen Bedarf. Als ein gängiges Maß, um die Nachfrage einer Zugstrecke zu bewerten, zählt die Zahl von 1000 Reisenden an einem Tag. Davon abhängig sind auch Zuschüsse des Bundes für den Ausbau einer Zugstrecke. „Eine Taktverdichtung über den Stundentakt hinaus prüft die BEG ab einem Fahrgastpotenzial von 3000 bis 5000.“ Damit scheidet die Nebenstrecke mit durchschnittlich 750 Fahrgästen am Tag aus.
Ist eine Verlängerung der Strecke ab Ebermannstadt denkbar?
Das bestehende Gleis führt 16 Kilometer weiter bis nach Behringersmühle. Der Personenverkehr auf diesem Abschnitt ist 1976 eingestellt worden. Die Museumsbahn Dampfbahn Fränkische Schweiz ist seit 1978 im Besitz der Strecke und verkehrt auf dieser für touristische Zwecke. Jährlich fahren rund 35.000 Urlaubsgäste mit der Dampfbahn. Teile dieser Strecke könnten wieder für den Öffentlichen Personennahverkehr geöffnet werden, sagt die BEG, nennt hierfür aber fünf Kriterien.
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um den Zugverkehr in die Fränkische Schweiz wieder aufzunehmen?
Der Landkreis als Aufgabenträger des ÖPNV müsste das beschließen. Darüber hinaus müsste eine Prognose vorliegen, die eine Nachfrage von mehr als 1000 Reisenden pro Werktag erwarten lässt. Weiter muss die Infrastruktur ohne Zuschuss des Freistaats in einen Zustand versetzt werden, der einen attraktiven Zugverkehr ermöglicht. Zudem müsse sich ein Bahnunternehmen dazu bereiterklären, die Strecke mit Stationen dauerhaft zu betreiben und das zu einem Preis, der den der Deutschen Bahn nicht übersteigt. Und schließlich, so die BEG, müsste sich der Landkreis vertraglich verpflichten, mit dem Freistaat ein auf den Zugverkehr abgestimmtes Buskonzept entlang der Strecke umzusetzen.
Wie realistisch ist eine Verlängerung der Strecke?
Die BEG dämpft die Erwartungen: „Die finanziellen Spielräume für zusätzliche Leistungen im Schienenpersonennahverkehr sind sehr begrenzt.“ Außerdem zeige die Erfahrung, „dass Reaktivierungen keineswegs überall auf Zustimmung stoßen“. Auch aus dem Landratsamt heißt es, dass „aktuell kein Bedarf besteht“, so Kathrin Peschke, stellvertretende Fachbereichsleiterin für den ÖPNV. Das Wiesenttal werde mit Buslinien bedient.
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