Forchheimer Afrika-Kulturtage begeisterten die Besucher
7.7.2019, 17:23 UhrFarbenfrohe Kleider, kulinarische Spezialitäten und das eine oder andere Hilfsprojekt überraschen die Besucher. Aber auch einige unübersehbare Lücken, die durch sehr kurzfristige Absagen entstanden sind. Die NN haben sich am Freitag und Samstag umgesehen und mit Händlern und Musikern gesprochen und in der Sprache der Wolof festgestellt "Azugu azugu zum zum beya": Wir sind begeistert.
Rachid Lahnech hat einen günstigen Platz erwischt. Vor der allzu sengenden Sonne schützt den Händler aus Berlin der Schatten des Amtsgerichts. Wobei der Marokkaner durchaus Hitze gewöhnt ist. An seinem Stand kann man nicht nur Berber-Keramik aus Asafi bestaunen, die durch ihre blau-weißen Farben und die Geometrie orientalischen Mustern die Schau stiehlt. Man kann mit dem Mann aus der Hafenstadt Kenitra, der seit sieben Jahren nach Forchheim kommt, auch ins Philosophieren geraten. Nur ab und an "stören" Kunden das Gespräch.
Teppiche und Fossilien
Dann dreht sich wieder alles um Berber-Teppiche aus wärmender Schafwolle, wie sie rund um den Gipfel des Djebel Toubkal hergestellt werden. In der Wüste ist es nachts in Bodennähe eiskalt. Aber auch andere Boden-Schätze ziehen die Besucher magisch an: Fossilien wie Ammoniten und Trilobiten aus dem Bergbaugebiet Midelt, das vor Millionen Jahren ein tropisches Meer überspült hatte.
Bei "Papa Afrika" steht hinter der Fritteuse ein Mann. Christian Djapou Lewe bereitet in dem kleinen Zelt gerade Yam Malaxé, also Yamswurzel mit Rindfleisch zu. Dabei hatte sich der gelernte Koch aus Kamerun erst vor wenigen Tagen entschieden, überhaupt mitzumachen. Er lebt nämlich gerade einmal seit April bei seiner Verlobten Nadine Weiß in Burk. "Ich bin so happy in Forchheim. Nächste Woche wollen wir heiraten."
Töpfe und Pfannen waren schon in Kindestagen Christian Djapou Lewes Leidenschaft. Seine Mutter betrieb ein Restaurant. Nur hat ihn der Wunsch nach Wohlstand dazu gebracht, zunächst ein Maschinenbau-Studium in Karlsruhe zu beginnen. Dann aber habe er sich gedacht "Scheiß auf das Geld" und das getan, wofür er brenne.
Während er für seine Gäste mitunter auch Ndole zubereitet, das aus Bitterspinat bestehende Nationalgericht aus Kamerun, kocht er für sich zumeist Spaghetti Bolognese oder eine Lasagne. Dann rauscht eines dieser rasenden Buschtaxis vorbei. Freilich kein echtes, mit dem man überall hinkommt, wenn man nur etwas Geduld hat.
Das musikalische Sammeltaxi vereint eine Sängerin aus Kamerun, einen Konga-Spieler aus den USA, einen Bassisten aus Rumänien und einen Gitarristen aus der Oberpfalz. Die Band "Taxi Brousse" hat einen Haltepunkt in der Sattlertorstraße angefahren und Musiker von überall her eingesammelt.
Gesang über den Alltag des Beti-Stammes
Marie-Noelle Atangana singt in der Bantu-Sprache Ewondo vom Alltag des Beti-Stammes, während ihr Sohn Adrien Epee an der Djembe rhythmischen Rückhalt gibt. Es sind freudige Festgesänge und melancholische Anti-Kriegs-Balladen gleichermaßen, die zum Nachdenken und Tanzen einladen.
Die jüngsten Tänzer auf der Bühne sind erst neun Jahre alt. Abas Tesule und Madou Diarrá sind Teil des "African Royal Ballet", obwohl es in Mali längst keine Könige mehr gibt. Aber Basy Kouyaté und seinen Onkel Djiby Kouyaté, die in Bamako derzeit 22 Kindern an ihrer Tanzschule eine Chance geben. "Wir haben sie von der Straße geholt und finanzieren ihnen durch die Auftritte Schule und Ausbildung." Deswegen sind sie auch in den Ferien erstmals in Forchheim, damit auch Djiby Traoré und Karunga Keita, beide schon 17 Jahre alt, nichts verpassen.
Mit dem traditionellen Hochzeitstanz (Djilidon), zwei Tänzen zur Regenzeit (Palos und Madan), sowie einem Wettkampftanz zwischen den Jungs (Timini) begeistert Basys Barfuß-Ballett das Publikum. Schon bei den ersten Takten fühlen sich einige Hüften herausgefordert. Eine ganz andere Challenge hat Nicholas Ssenjala aus Uganda auf sich genommen. Mit zwei Köfferchen reist der "Fundraising Director" eines Hilfsprojektes durch Europa. Im Gepäck hat er Baumwoll-Taschen, Schmuck und Souvenirs, die von alleinstehenden Frauen im Technischen Berufsausbildungszentrum Ostafrika in Kampala hergestellt werden.
Weniger kommerziell
"Der Erlös kommt etwa 30 Kindern und 100 Jugendlichen sowie 50 Frauen zugute, die eine Schul- oder Berufsausbildung als Schreiner, Metallbauer, Krankenschwester oder Arzt bekommen."
Nachdem Michael Tonfeld seine Riesenschnecke Wabibio in eine kühle Ecke gebracht hat, erklärt der Geschichtenerzähler aus Krefeld, was die Afrika-Kulturtage in Forchheim so einzigartig macht. Seit Jahrzehnten ist er zwischen Bremerhaven und Winterthur unterwegs. "Hier ist es vom Platz her eingeschränkt. Das macht es weniger kommerziell als anderswo. Außerdem muss Sascha Barth genau auswählen, wen er nimmt."
Er habe Festivals erlebt, auf denen die Veranstalter sich an den Händlern bereichert hätten. Das sei hier nicht so. Es gebe keine Ramsch-Ware aus China, die mit traditionellem Handwerk nichts zu tun habe. "Deshalb ist das eine oder andere vielleicht teurer, aber die Qualität stimmt." In Forchheim gebe es außerdem nicht nur Anbieter aus dem Senegal und Kenia, sondern eine größere Vielfalt.
2 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen