Geldscheine sind nur schlechte Spurenträger

10.5.2017, 18:09 Uhr
Geldscheine sind nur schlechte Spurenträger

Dem Brüderpaar werden mehrere schwere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, insbesondere die Einfuhr und der Handel von Crystal vorgeworfen (wir berichteten). Da die beiden dazu schweigen, müssen die einzelnen Vorfälle durch Zeugen und Sachverständige abgeklärt werden.

Der Fachmann für Fingerabdrücke untersuchte die Geldscheine, die die Polizei Waldsassen im Herbst 2015 bei einer Routinekontrolle in Grenznähe bei der Rückfahrt aus Tschechien im Auto der Brüder fand. Je 10 000 Euro hatten beide in ihren Geldbörsen, knapp 50 000 Euro waren hinter dem Handschuhfach versteckt. Die Geldscheine waren zum Teil gebündelt und mit Banderolen versehen oder lagen in Briefumschlägen und Plastiktüten.

Die Polizei glaubte zuerst, es handle sich bei den Beiden um Kuriere, die Drogengeld in Deutschland "waschen" sollten. Durch eine Art Lebensbeichte, die der Ältere, Anton S., in der Untersuchungshaft niedergeschrieben hat, ist bekannt, dass sie zum Drogenkauf in den Raum Cheb/ Eger gefahren waren, das Geschäft aber nicht zustande gekommen war.

Das Geld wurde vom Zoll beschlagnahmt. In der Zwischenzeit machte ein jüngerer Mann geltend, die Summe gehöre ihm, es handle sich um den größten Teil eines Erbes. Er versucht nun seinen Anteil wiederzubekommen. Sein Anwalt verfolgt deshalb auch das Strafverfahren gegen das Brüderpaar.

Welchen Weg nahm das Geld?

Auf den insgesamt über 1200 Geldscheinen fanden die Fachleute von der Kripo 88 auswertbare Spuren von Menschen, welche die Scheine in der Hand gehabt haben. Man wollte über die Fingerspuren herausfinden, welchen Weg die Scheine der vermeintlichen Geldwäsche genommen hatten.

Die Fachleute beim BKA verglichen die Spuren, die die Papillen auf den Fingerkuppen beim Anfassen von Gegenständen hinterlassen, mit den Fingerabdrücken in der Datensammlung ihres Hauses. 13 Abdrücke konnten so identifiziert werden, berichtete der Fachmann. Allerdings fanden sich keine, die mit den Abdrücken des Angeklagten Anton S. oder dem Erben übereinstimmten.

Trockene Finger

"Das bedeutet nicht, dass diese Personen die Banknoten nicht berührt haben", erläuterte der Spezialist: "Geldscheine sind schlechte Spurenträger." Richtig trockene Finger hinterlassen keine Spuren; sie vergehen auch mit der Zeit, weil sich zum Beispiel Hautfett nach einer Weile zersetzt. Auch ist technisch keine Altersbestimmung von Fingerspuren möglich und feuchte Lagerung des Trägermaterials lässt sie schneller verschwinden. Genau das könnte im Falle des Erben passiert sein, denn er hatte seine Geldscheine etliche Zeit vorher Anton S. übergeben und der soll sie vergraben haben.

Einen Treffer gab es bei einer Drogenkonsumentin, die von den Brüdern Crystal erworben hat. Dem jüngeren Bruder Benno, der sich bisher nicht strafbar gemacht hatte, konnten im Nachgang 18 Fingerspuren zugeordnet werden. Das könnte seine Einlassung bestätigen, ein Großteil des beschlagnahmten Geldes stamme aus seinen Ersparnissen und einer Firmenabfindung.

Da Fingerspuren ein schwieriges Gebiet sind, müssen nach deutschem Standard zwölf Merkmale (bestimmte Formen der Hautrillen) vorliegen, um einen Abdruck einer Person zuweisen zu können. Zudem, so erläuterte der Fachmann, werden mutmaßliche Spuren mit mehreren Methoden ausfindig gemacht: Mit Lupe und schräg einfallendem Licht, mit der Chemikalie Zyanacrylat und mit der Zinkmethode, durch die Abdrücke fluoreszierend werden. Letztere wird besonders bei Geldscheinen angewandt, weil diese schlechte Spurenträger sind.

Das Verfahren wird am 29. Mai fortgesetzt. Die Große Strafkammer will einen Sachverständigen zur Frage der Sicherungsverwahrung von Anton S. hören, es soll plädiert werden und auch das Urteil fallen.

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