Gräfenberg droht finanzielle Schieflage

16.8.2020, 08:00 Uhr
Das Gräfenberger Hallenbad wird abgerissen und neu gebaut. Das reißt ein Loch in die Haushaltskasse.

© Roland Huber Das Gräfenberger Hallenbad wird abgerissen und neu gebaut. Das reißt ein Loch in die Haushaltskasse.

"Es ist zwar schön, wenn die Leute schwimmen gehen können, wir müssen es uns aber auch leisten können", sagte Steinlein bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen. Als Kostentreiber der kommenden drei Jahre weist der Finanzplan sowohl den Neubau des Hallenbades als auch die Sanierung des Freibades aus. Das Hallenbad kostet die Stadt im laufenden Jahr 2,1 Millionen Euro, "hierzu kommen in den kommenden drei Jahren nochmals 5,5 Millionen, das ist eine Steigerung von zwei Millionen Euro, die nach derzeitigem Stand bei der Stadt verbleiben", erklärte Steinlein.

Für die Sanierung des Freibades fallen in den kommenden drei Jahren 2,35 Millionen Euro an. An liquiden Mitteln steht für das laufende Jahr nur ein sehr geringer Betrag zur Verfügung, denn von den 311 000 Euro, die vom Verwaltungshaushalt dem Vermögenshaushalt zugeführt werden, müssen alleine 269 000 Euro für Kredit-Tilgungen aufgebracht werden.

Hart trifft die Stadt auch die prognostizierte Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen. Diese ist zwar geringfügig höher als im Finanzplan von 2019 vorgesehen, aber coronabedingt bereits um 400 000 Euro geringer als zu Jahresbeginn erhofft. Im Verwaltungshaushalt machen sich die Kosten für den Kindergarten, die um 301 000 mit 1,1 Millionen Euro um über 300 000 Euro höher als im Finanzplan veranschlagt, bemerkbar. An Zuschüssen flossen hier 593 000 Euro. Den Kreditbedarf bezifferte Steinlein für das laufende Jahr mit 569 000 Euro.

Nach seinen Ausführungen blickte der Kämmerer zunächst in betroffene Gesichter. Als erster äußerte sich Matthias Striebich (Grüne) zu den vorgelegten Zahlen: "Ich verstehe, dass man den Worstcase so darstellen muss. Mein Eindruck nach den Vorgesprächen war aber ein anderer, ich sehe es nicht so katastrophal. Wir haben jahrelang um das Hallenbad und das Freibad gekämpft, es wäre ein Schildbürgerstreich, es nicht zu machen. Wir müssen schauen, wie wir an zusätzliche Finanzquellen kommen. Wir sollten auch die Sanierung der Altstadt nicht aus den Augen verlieren, es wäre ebenfalls ein Schildbürgerstreich, auf diese jetzt zu verzichten."

Werner Wolf (FW) pflichtete ihm bei, was die Projekte anbelangt: "Wir stehen hinter den Projekten, aber eine Verschuldung, wie sie hier dargestellt ist, geht nicht." In Bezug auf die Altstadtsanierung argumentierte Wolf, dass "ich schon überrascht über den Umfang war, der hier vorgelegt wurde. Da besteht Einsparpotenzial".

Gräfenberg droht eine ähnlich exorbitante Schuldenentwicklung wie in den Jahren nach 2004. Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt nach den vorliegenden Zahlen auf über 1100 Euro im Jahre 2023 an. Der 2. Bürgermeister Hans Derbfuß (CSU) sieht die Entwicklung dramatisch: "Ich sehe die Finanzplanung als nicht endgültig. Den Kreditbedarf für die kommenden drei Jahre kann Gräfenberg nicht alleine schaffen. Wir müssen über die eine oder andere Maßnahme im Finanzplan noch reden."

Bürgermeister Ralf Kunzmann zog das abschließende Fazit: "Wir dürfen nicht über unsere Verhältnisse leben, das machen wir privat ja auch nicht. Wir wollen den Großteil der Projekte durchbringen, müssen aber Abstriche machen." Der Haushalt 2020 mit dem Finanzplan bis 2023 wurde einstimmig zur Kenntnis genommen, die endgültige Annahme erfolgt nach Überarbeitung in der kommenden Sitzung.

Anerkennung aller Parteien ernteten Steinlein und der nicht anwesende Geschäftsleiter Stefan Kohlmann für ihre Arbeit als Vorstände des Kommunalunternehmens, das wie ein eigenständiges Unternehmen geführt wird und im letzten Jahr 400 000 Euro erwirtschaften konnte.

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