Hass im Netz und Sexismus: Das erlebt Lisa Badum aus Forchheim

Philipp Peter Rothenbacher

Nordbayerische Nachrichten Forchheim-Ebermannstadt

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21.11.2019, 05:56 Uhr
Hass im Netz und Sexismus: Das erlebt Lisa Badum aus Forchheim

© Foto: Bündnis 90/Die Grünen

Ich und die Meinen sind in jeder Hinsicht besser als Du und die Deinen. Schon Nicolas Chauvin, der Legende nach einfacher Soldat in der Armee Napoleons, war sich dessen sicher. Sein Mantra: Frankreich ist das großartigste Land der Welt und die französische Armee unschlagbar, weil allen anderen Armeen haushoch überlegen. Sein Irrtum: das belgische Dörfchen Waterloo.

Nichtsdestotrotz wurde Chauvin zum Namensgeber für die Einstellung, besser gesagt den Glauben an die Überlegenheit der eigenen Gruppe – den Chauvinismus.

Dieser Irrglaube spielt auch in Zeiten von Facebook und Co. eine Rolle – wo Amtsträger und Personen des öffentlichen Lebens zunehmend zur Zielscheibe von Spott, Diffamierungen, gar Bedrohungen werden. Denn der digitale Hass, er wird auch genährt von tiefsitzenden chauvinistischen Ansichten: die Überlegenheit des eigenen Weltbildes, der eigenen Nationalität, der eigenen "Rasse" oder des eigenen Geschlechts.

Schon "zu abgestumpft"?

Wenn sie im Bundestag eine Rede hält, bekommt Lisa Badum hinterher regelmäßig Mails. "Meistens von Männern, den Formulierungen nach ,mittleren Alters‘, schätze ich."

Den Inhalt dieser "Rückmeldungen" möchte die Forchheimer Grünen-Kreisrätin, die 2017 ins deutsche Parlament gewählt wurde, nicht per se als beleidigend bezeichnen: Dass sie, Badum, doch aus dem Bundestag geschmissen gehöre, warum sie diese oder jene "geschmacklose" Bluse trage und ähnliche unsachliche Kritik. "Ich weiß nicht, ob ich sowas ernst oder zumindest ernster als bisher nehmen soll", sagt sie – "vielleicht bin ich auch einfach schon zu abgestumpft".

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Die heute 36-Jährige sitzt seit 2008 im Forchheimer Kreistag, mit dem Internet ist sie aufgewachsen und hat von Beginn ihrer politischen Laufbahn an gelernt, dass sie "ständig ungefragte Rückmeldungen" bekommt. Im Bundestag scheut sie sich nicht, auch mal anzuecken.

Der sichere Shitstorm

Und als klimapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion scheint das Anecken inzwischen schier unausweichlich zu sein: "Ich muss zum Beispiel nur irgendetwas Positives über Greta Thunberg sagen und der Shitstorm ist mir gewiss", sagt Badum.

Das Phänomen, dass eine 16-jährige Klima-Aktivistin, die für mehr Umweltschutz eintritt, zur ultimativen Hassfigur für eine augenscheinlich wachsende Menge an Menschen wird, die ihre Tiraden vornehmlich im Netz loslassen, kann sich Badum auch nicht erklären. "Irgendwas scheint dieses Mädchen in solchen Leuten auszulösen, zu triggern."

Gegen derlei Wut-Reflexe sind Sachlichkeit oder Inhaltlichkeit machtlos. Und: "Viele können es in ihrem patriarchalischen Weltbild, bewusst oder unbewusst, offenbar nicht ertragen, dass Frauen sich zu Wort melden, gar Widerworte geben", sagt Badum. "Frauen in der Politik sind leider für zu viele immer noch ein Störfaktor."

Nächste Folge: Forchheims OB Uwe Kirschstein und seine Erfahrungen mit Hass im Netz und im politischen Alltag.

Sind Sie als Person des öffentlichen Lebens ebenfalls zur Zielscheibe von Hass im Netz oder im Alltag geworden? Hat Ihr Verein oder Ihre Gruppe mit regelmäßigen Anfeindungen zu kämpfen? Melden Sie sich bei uns, erzählen von Ihren Erfahrungen: redaktion-forchheim@pressenetz.de oder Telefon (0 91 91) 72 20 20.

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